In der wachsenden Stadt Berlin wird derzeit viel Beton verbaut – aber Claudia Lösch und Anna Mendgen finden, dass es noch Luft nach oben gibt, diese Stadt mit Beton wirklich zu gestalten. An der Technischen Universität (TU) Berlin arbeiten unter der Leitung von Prof. Schlaich die Forscherinnen an dem neuartigen Baustoff Infraleichtbeton. Er ist Tragwerk und Wärmedämmung in einem; so porös, dass er unzählige Luftpolster einschließt und gleichzeitig stabil genug, mehrere Geschosse zu tragen. „Dadurch entfällt das Wärmedämmverbundsystem, das häufig aus Erdöl basierten Kunststoffen besteht“, sagt die Bauingenieurin Claudia Lösch. „Ein monolithischer Bau mit großen Fertigteilen erleichtert es außerdem, schnell und kostengünstig neuen Wohnraum zu schaffen.“ Das ist es, was Berlin gerade braucht.
Was wir brauchen, ist eine Vielfalt an Baustoffen, die sich so einsetzen lassen, wie es der Bedarf des Projekts gerade erfordert.
Claudia Lösch und Anna Mendgen | Forscherinnen an der Technischen Universität (TU) Berlin
Modulares Bauen mit Fertigteilen aus Infraleichtbeton
Noch nie hat jemand versucht, große Fertigteile aus Infraleichtbeton im sozialen Mietwohnungsbau einzusetzen. Daher haben sich die HOWOGE und der Fachbereich „Entwerfen und Konstruieren – Massivbau“ an der TU Berlin zum gemeinsamen Forschungsprojekt „Vorfabrikation von Fertigteilen aus Infraleichtbeton für den Geschosswohnungsbau“ zusammengetan, das durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt gefördert wird. Am neuen Quartier in Alt-Hohenschönhausen will die HOWOGE erstmals große Bauteile aus Infraleichtbeton verwenden.
Bis zum Baustart sind noch zahlreiche Fragen zu klären. So fehlt auch den Betonwerken bislang die Erfahrung mit Infraleichtbeton. Er verbleibt länger in der Schalung als herkömmlicher Beton, was die üblichen Prozesse dehnt und verteuert. Außerdem ziehen besonders große Bauteile eine komplizierte Logistik nach sich. Im Förderprojekt wirken daher auch weitere Beteiligte aus der Praxis mit; etwa die GBJ Geithner Betonmanufaktur Joachimsthal GmbH und die Transsolar Energietechnik GmbH. Gemeinsam wollen sie Lösungen finden, den Neubau an der Detlevstraße zu realisieren – und Menschen aller Einkommensschichten ein hochwertiges und nachhaltiges Zuhause zu ermöglichen.
Bild links: Wettbewerbsbeitrag der blauraum Architekten GmbH
Von der Forschungsidee zum fertigen Bauteil
Die Forschungsergebnisse wurden nun von blauraum Architekten und schlaich bergermann partner sbp in ein konkretes Bauteil übersetzt und von der Geithner Betonmanufaktur gegossen.
Das neue Material ist vielseitig einsetzbar
Eine Gebäudehülle aus Infraleichtbeton ist langlebig, wartungsarm und lässt sich später vollständig recyclen. Die Architektin Anna Mendgen schätzt darüber hinaus, wie vielfältig sich Fenster, Balkone, Loggien, Fugenbilder, Gebäudeecken oder Attikaabschlüsse gestalten lassen. Infraleichtbeton kann zudem mit anderen Materialien kombiniert werden; etwa mit Holz, wie es an der Detlevstraße geschehen soll. „Nachhaltiges Bauen heißt nicht, einen Baustoff zu finden, der alles kann“, sagt Anna Mendgen. „Was wir brauchen, ist eine Vielfalt an Baustoffen, die sich so einsetzen lassen, wie es der Bedarf des Projekts gerade erfordert.“
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