TRU Architekten Part mbB

Architektur:
TRU Architekten Part mbB

Landschaftsarchitektur:
hannes hamann landschaftsarchitekten

Tragwerksplanung:
Pichler Ingenieure GmbH

Technische Gebäudeausrüstung:
Ingenieurgesellschaft BBP Bauconsulting mbH

Erläuterungsbericht zum Wettbewerbsbeitrag

Städtebau – Die Schule kommt zurück

Leuchtend Rot präsentiert sich die neue Integrierte Sekundarschule Garzauer Straße als Herzstück und pulsierendes, zukunftsweisendes Berliner Bildungsprojekt zwischen den Plattenbauten des in den 1980er Jahren erbauten Cecilienviertels.

Die Schule belebt das Zentrum der Siedlung ganz neu: Sie stiftet Identität, wird kulturelle Anlaufstelle und städtebaulicher Bezugspunkt zwischen den hohen Zeilen der umliegenden Wohnungsbauten für die Bewohner:innen des Viertels. Sie gibt den bestehenden Baukörpern von Turnhallen und Wasserdruckstation Halt im räumlichen Umfeld und setzt ein kraftvolles, architektonisches Zeichen. Sie ist selbstbewusster Akzent und fügt sich dennoch gut in die städtebauliche Struktur ein.

Der Schulbau wird durch drei zueinander versetzte Quader gebildet, die sich durch Verschränkung ihrer Ecken vereinen und zusammen mit der Sporthalle als viertes Element zu einer kompakten Gesamtfigur werden. Über Zugänge von allen Grundstücksseiten erfolgt die räumliche Verbindung mit der Umgebung – der Gebäudekomplex gibt sich betont offen für die Bewohner:innen des Viertels. Der Haupteingang der Schule wird sowohl von der Wuhlestraße als auch von der Cecilienstraße kommend erreicht. Die Bibliothek mit ihrem Potential für eine externe Nutzung hat einen eigenen Zugang von Westen, die Sporthalle und die dazugehörenden Außensportanlagen für eine außerschulische Nutzung erschließt sich von Osten, der Schulgarten mit Angebot für die Mitnutzung durch die Nachbarschaft als grünes Band von Süden.

Architektonisches Konzept

Die Struktur der viergeschossigen Baukörper ist sehr kompakt gehalten, so dass die Freiräume großzügig mit Sitzgelegenheiten, Grünflächen, altem Baumbestand und durch einzelne Neupflanzungen gestaltet werden können. Schüler:innen, Lehrer:innen und Besucher:innen erreichen die Schule über einen freien Vorplatz, der in der Verlängerung des vorhandenen „Baumplatzes“ liegt. Im Erdgeschoss befindet sich das weitläufige Schulfoyer, welches zur zentralen Erschließung in der Mitte des Hauses führt. Hier sind auch Mehrzweckraum und Mensa verortet, die jeweils über eigene Außenräume verfügen. Ihre Flächen sind zusammenschaltbar – sie bilden bei Bedarf einen beträchtlich großen, zusammenhängenden Raum, der vom Vorplatz bis zum Außenbereich der Mensa reicht. Die öffentlichen Kernfunktionen mit den Musikräumen, der Bibliothek und den Räumen für Wirtschaft-Arbeit-Technik sind ebenfalls vom Schulfoyer aus einseh- und erreichbar.

Darüber liegend sind die Compartments angeordnet, jeweils zwei pro Geschoss, mit zentralem Forum und umliegenden Unterrichts- und Teilungsräumen. Jedes Forum ist an eine großzügige Loggia mit natürlicher Belichtung und Belüftung angeschlossen und erweitert damit die nutzbaren Flächen durch einen geschützten Freiraum. In den ersten beiden Baukörpern bilden sich auf diese Weise sechs eigene kleine Schulen.

Im dritten Baukörper befinden sich Verwaltung, Lernwerkstatt und Kunsträume, weiterhin die Labore für Naturwissenschaften und die Lehrküche. Die Sporthalle ist im Erdgeschoss unmittelbar an die Schule angebunden und kann wahlweise von hier oder von außen betreten werden. Umkleideräume liegen kompakt zweigeschossig als Serviceriegel auf der südlichen Längsseite, gegenüber der Geräteräume und Technikräume für die Sporthalle.

Konstruktion, Materialien, Rationalisierung

Der Entwurf sieht für die Schule eine elementierte Stahlbetonskelettbauweise für Stützen und Decken mit Kernen zur Aussteifung vor. Diese einfache und bewährte Konstruktion bildet eine robuste Primärstruktur, die sich kostengünstig realisieren und eine lange Nutzungsdauer erwarten lässt. Durch einen hohen Vorfertigungsgrad kann die Schule in zügiger Bauweise vor Ort errichtet werden. Die Sekundärstruktur für nicht tragende Wände und Einbauten kann in herkömmlicher Leichtbauweise errichtet werden und ermöglicht eine flexiblere Anpassung an sich ändernde Nutzerbedürfnisse.

Erdgeschoss formen die Fassaden durch einen Wechsel von transparenten und geschlossenen Bereichen mit faserarmierten Sichtbetonfertigteilen einen Sockel aus. Die Fassaden in den Obergeschossen sind als vorgefertigte Holzrahmenkonstruktionen mit vertikaler farbbeschichteter Holzverkleidung entworfen. Die Konstruktion und Materialwahl in Holz trägt zur Verringerung der Folgen des Klimawandels bei und soll auch mit seinen haptisch-atmosphärischen Eigenschaften einen wichtigen Beitrag für dieses Schulgebäude leisten. Im Inneren bestimmen helle freundliche Oberflächen mit robusten Eigenschaften das Erscheinungsbild der Schule: Böden aus Sichtestrich in den öffentlichen Bereichen, Kautschuk in den Unterrichtsräumen, Kerne in Sichtbeton und robuste Wandbekleidungen sowie einzelne Holzeinbauten und freistehendes Mobiliar zur flexiblen Raumgestaltung. Gezielte Verglasungen in Bereichen der Kunst-, Musik- und einzelner Fachräume verleihen der Schule den Status einer offenen Lernlandschaft, fördern die Kommunikation und ermöglichen ein breites Spektrum an Unterrichtsformen.

Sporthalle erhält im oberen Bereich der Querseiten eine halbtransparente Fassade mit Lamellen für eine gleichmäßige natürliche Belichtung. Das Dachtragwerk wird aus Brettschichtholzträgern gebildet. Die Dächer des Schulbaus werden mit Photovoltaik, extensiver Begrünung und Retentionselementen versehen.

Freiraumgestaltung

An der nordwestlichen Grundstücksgrenze wird der großzügige Eingangsbereich durch die Adaption und Duplikation des bestehenden Baumrasters im Norden verstärkt. Der geschaffene Raum adressiert sich sowohl nach Norden als auch nach Westen zur Wuhlestraße. Diese beiden Baumpakete brechen gekonnt den geschlossenen grünen Rahmen des Schulgeländes auf. Dieser Rahmen fasst die Schulhofflächen zu einem Gesamtensemble zusammen und löst sich langsam von außen nach innen auf. Innerhalb dieser hybriden Struktur aus befestigten und unbefestigten Flächen werden Aufenthaltsbereiche, das „Grüne Klassenzimmer“ und Spielgeräte platziert. Die Sportflächen werden im Norden und Osten des Grundstückes angeordnet – Aufenthalts-, Erholungs- und Spielflächen stehen im geforderten Umfang zur Verfügung. Die Geländeversprünge werden im Außenraum durch akzentuierte Höfe fortgeführt, was ein spannendes Zusammenspiel aus Innen- und Außenraum entstehen lässt.

Schulgarten wird südlich als grünes Band platziert – mit der Option für eine Nutzung durch die Anwohner. Ein dezentrales, vierstufiges Regenwasserkonzept sorgt dafür, dass anfallendes Wasser vor Ort versickert bzw. zurückgehalten wird. Um auch Starkregenereignissen gut zu begegnen, wird ein Teil des Schulhofes schräg abgesenkt, wodurch sich südlich zwei Niveaus ergeben. Einerseits schafft dieses eine spannende Raumgliederung, andererseits kann der tieferliegende Teil schadlos überflutet werden (Überflutungsnachweis). Durch dieses ganzheitliche Entwurfskonzept entsteht ein Schulgelände, welches die flexible Struktur der Innenräume in dem Außenraum übersetzt und individuelle sowie gemeinschaftliche Aufenthalts- und Spielbereiche schafft.

Brandschutz und Rettungskonzept

Die zentrale Feuerwehraufstell- und Bewegungsfläche wird auf dem Vorplatz vorgesehen. Alle anderen Zugänge zu Treppenhäusern liegen unter 50 Metern Entfernung vom öffentlichen Straßenraum. Brandschutztechnisch erfolgt eine Unterteilung der vier Baukörper durch Brandwände. Die clusterartige Organisation der Compartments bildet Nutzungseinheiten von ca. 400 qm mit ersten baulichen Rettungswegen über Treppen aus, die direkt ins Freie führen und zweiten Rettungswegen, die über benachbarte Nutzungseinheiten geführt werden. Diese Konzeption wird im dritten Baukörper ebenfalls angewendet, aber auch in einzelnen Geschossen flexibel durch ein System mit notwendigen Fluren und Ausbildung von F30-Wänden variiert. Die zulässige Länge der Rettungswege von 35 m wird in allen Bereichen eingehalten. Die verwendeten Baustoffe des Primärtragwerks sind nach Feuerwiderstandsklassen feuerbeständig und entsprechen so den Vorgaben der Gebäudeklasse 5. Die Fassadenbekleidung in den Obergeschossen aus vertikalen Holzwerkstoffleisten wird mit einer farblichen borfreien Flammschutzbeschichtung versehen, so dass die Anforderungen „schwer entflammbar“ gem. Berliner Bauordnung erreicht werden. Zwischen den Geschossen werden zusätzlich horizontale Brandschürzen aus Stahlblechen mit Auskragungen ≥ 10 mm hergestellt.

Haustechnik- und Lüftungskonzept

Das Schulgebäude mit Turnhalle wird an die vorhandenen öffentlichen Netze mit den erforderlichen Medien für Schmutz- und Regenwasser, Trinkwasser, Fernwärme, Starkstrom und Telekommunikation angeschlossen. Die Hausanschlussräume werden im Erdgeschoss geplant, notwendige Technikzentralen sind in den Obergeschossen vorgesehen. Zapfstellen werden nur mit Trinkwasser kalt versorgt, notwendige Warmwasserbereitung (Küche, Teeküchen) wird dezentral organisiert. Für die Duschen der Sporthalle ist eine Frischwasserstation (Fernwärme) geplant. Alle Räume erhalten eine raumweise regelbare Fußbodenheizung, die die Grundlast sichert.Spitzen- und Bedarfslasten werden durch eine geregelte Zuluftanlage abgedeckt. Allein durch einmalige Fensterlüftung in einer Unterrichtseinheit kann die Einhaltung der zulässigen mittleren CO2-Konzentration der Raumluft nicht sichergestellt werden. Deshalb werden alle Räume bedarfsgerecht be- und entlüftet. Entsprechend der jeweiligen Raumbelegung kann so die zulässige CO2-Konzentration (Schalleintragung/Wärmeverluste) eingehalten werden. Eine Fensterlüftung ist aber weiterhin möglich, der Volumenstrom der Lüftungsanlage wird dann automatisch reduziert. Durch Kanalsysteme wird die Luft der Lüftungszentrale zugeführt. Hier wird die in der Abluft enthaltene Wärme an die Zuluft übertragen. Fort- und Außenluft werden über Dach geführt. In der warmen Jahreszeit kann durch eine intensive Nachtlüftung die Gebäudespeichermasse abgekühlt werden. Alternativ können dezentrale Lüftungsgeräte eingesetzt werden, die unter der Decke bzw. an der Wand montiert werden. Die Außen- und Fortluftöffnungen werden dann direkt an der Fassade vorgesehen. Es wird eine Blitzschutz- und Erdungsanlage vorgesehen. Über eine PV-Anlage wird eigener Strom zum Verbrauch und zur Einspeisung in das Netz erzeugt. Stromkreisverteiler werden auf den Geschossen in Technikräumen installiert. Alle Steckdosen- und Beleuchtungsstromkreise werden mit Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen ausgestattet. Die Leitungsverlegung ist in Unterdecken und im Fußboden geplant. Für die Raumbeleuchtung werden energiesparende LED vorgesehen, die bei Bedarf mit einer Tageslichtsteuerung ausgestattet werden könne. Für die Mensa/Aula und die Sporthalle sind Beschallungsanlagen vorgesehen. Des Weiteren sind eine Einbruchmeldeanlage und Sprachalarmanlage sowie ein Netz (passive Komponenten) für die Datenübertragung geplant. Durch die Gebäudeautomation werden durch vorgegebene Raumbelegungspläne Heizung, Lüftung und Beleuchtung geregelt.

Energie und Nachhaltigkeit

Das Gebäude wird in Anlehnung an das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) mit Zielvorgabe Silber errichtet. Der Gebäudeentwurf bildet mittels seiner Kompaktheit und durch das ausgewogene Verhältnis zwischen Glasflächen und geschlossenen Fassadeteilen sowie Fensterflächen mit Brüstung die Grundlage dafür. Alle Nutzungsbereiche haben eine hohe Tageslichtverfügbarkeit. Die außen liegenden Räume werden natürlich belichtet und können im Bedarfsfall durch den außenliegenden Sonnenschutz verschattet werden.

Visueller Komfort

Die Fassaden- und Grundrissgestaltung sorgt für eine sehr gute Tageslichtqualität in allen Aufenthaltsbereichen. Eine intelligente, präsenz- und helligkeitsgesteuerte Kunstlichtregelung und der Einsatz von effizienten Kunstlichtsystemen ermöglicht einen geringen Strombedarf für die Beleuchtung der Schule und reduziert zudem unerwünschte innere Lasten.

Thermischer Komfort

Mit dem hohen Dämmstandard der Fassaden, der sehr guten Verglasungsqualität und der Flächenheizung über den Fußboden wird im Winter eine hohe Behaglichkeit erreicht. Der effiziente Sonnenschutz an den transparenten Fassaden stellt die benötigte Verschattung im Sommer sicher, so dass insgesamt ein hoher thermischer Komfort erreicht wird.

Barrierefreiheit

Entwurf verfügt über alle notwendigen Voraussetzungen zur Umsetzung eines barrierefreien Gebäudes. Die Eingänge werden über befestigte Wege stufen- und schwellenlos erreicht. Geschosse werden über einen Aufzug verbunden. Bewegungsflächen, Türen, Ausstattung und Bedienelemente werden auf die Anforderungen und Bedürfnisse für Menschen mit Einschränkungen ausgelegt.