2. Preis – asp Architekten GmbH (Stuttgart) mit HOLZWARTH Landschaftsarchitektur (Berlin)

Erläuterungstext der Planungsgemeinschaft

Leitidee

Das städtebauliche Konzept verbindet Alt und Neu zu einem harmonischen Gesamtkontext. Die klare Gliederung der Baukörper nimmt Bezüge zu Umfeld auf und formuliert dabei einen neuen attraktiven Ankunftstort für das Quartier am Fennpfuhler Tor. Übergeordnet bildet ein markanter Hochpunkt einen weit sichtbaren Orientierungspunkt ins Quartier aus, eine Aufweitung des Straßenraums bildet ein Foyer ins Quartier.
Daran anschließend werden maßstäbliche Hofgemeinschaften geschaffen, welche das nachbarschaftliche Zusammenleben fördern und zeitgemäße Wohnformen ermöglichen. Dabei sind fließende, verknüpfende Freiräume von Bestand und Neubau essenziell.

Qualitativ hochwertige Wohn- und Freiraumsituationen werden in allen Entwicklungsphasen ermöglicht. Öffentliche Erdgeschosszonen beleben das Mikroquartier, sie gliedern sich je nach Lage in quartiersbezogenen und übergeordneten öffentlichen Nutzungen.

Mit dem Prinzip der Schwammstadt soll sich das Gebiet zu einem widerstandsfähigen System entwickeln, um mit zunehmenden Folgen des Klimawandels umgehen zu können. Das Quartier soll zudem autoarm und nachhaltig gestaltet werden.

Städtebauliche Einbindung

Die Gebäudekonfigurationen aus drei L-Riegel bilden ruhige Hofsituationen nach Innen aus und orientieren sich an bestehenden Raumkanten. Während die in Nord-Süd ausgerichteten Gebäudeteile die Funktion des Lärmschutzes aufnehmen und höhere Geschossigkeiten aufweisen, sind jene in Ost-West Richtung so gestaffelt, dass eine gute Belichtung der Höfe gewährleistet ist.
Die gezielten Setzungen der Hochpunkte verknüpfen sich übergeordnet mit der Bestandsstruktur des Umfeldes und ermöglichen attraktive Ausrichtungen der obergeschossigen Wohnungen bei kleinstmöglicher Verschattung.

Den neuen Auftakt für das Quartier und den Stadtteil Fennpfuhl bildet ein Eingangsensemble an der Storkower Straße gegenüber der Thaerstraßenbrücke. Die Gebäude arrondiert sich um einen städtischen Vorplatz, der sich über beide Straßenseiten hinweg erstreckt und durch seine Setzung einen räumlichen Filter ins Quartier entstehen lässt. Nutzungen und Angebote, die das Quartier stärken, befinden sich in den Sockelgeschossen der zentralen öffentlichen Räume und entlang der Storkower Straße.

In Anlehnung an die Bestandsstruktur werden großzügige innenliegende Hofbereiche ausgebildet. Die Höfe entwickeln sich entsprechend der vorgesehenen Zeitperspektiven der Projektentwicklung weiter, sind aber in allen Bauabschnitten wichtiger Bestandteil der Konzeption.

Als Vermittler zwischen der „Grünen Promenade“ im Bereich der Max-Brunnow-Straße und den privaten Innenhöfen ordnen sich quartierbezogene Nutzungen sowohl im Innen- wie im Außenraum an. Die grüne Fuge zum nördlich angrenzenden Bestand des Fennpfuhls, wird durch vielfältige, nachbarschaftliche Nutzungen zum ‚sozialen‘ Grün und verflechtet sich organisch mit der bestehenden Struktur. Ein Pavillon mit Gemeinschaftsküche lädt zum ‚Chillen & Grillen‘ ein, verschieden Kreativräume sind nachbarschaftlich nutzbar. Hier findet sich auch die Kindertagesstätte wieder. Spielbereiche für Jung und Alt, fördern in den halböffentlichen Räumen informelle Zusammenkünfte.

Nutzungskonzept

Der Entwurf sieht eine Nutzungsmischung von 90% Wohnnutzung und 10% Gewerbe vor. Die Wohnungen sind mehrheitlich vom gemeinschaftlich genutzten Hof erschlossen, 4 bis 5-Spänner ermöglichen eine wirtschaftliche Aufteilung der Wohnungsgemenge und bieten gleichzeitig eine gute Durchmischung zeitgemäßer Wohnungstypen.

Ein Varianten-Reichtum von Loft-Ateliers über Familienwohnen und betreuten Wohnungen bis hin zu seniorenfreundlichen und rollstuhlgerechten Wohnungen kann dargestellt werden. Lofts mit Laubengangerschließung ermöglichen gemeinschaftliche Wohnformen, Dachterrassen schaffen besondere Treffpunkt für die Nachbarschaft.

Attraktive Erdgeschosszonen bespielen die öffentlichen Räume und stellen eine heterogene Nutzungsmischung her. So sind zur Storkower Straße und am Quartierseingang öffentlich Nutzungen wie Supermarkt, Drogerie, Café, Gesundheitseinrichtungen und Mensa sowie Büroflächen angesiedelt, diese stärken die Qualität der Versorgung im Gesamtquartier.

Bauabschnitte

Den Auftakt der Phasenentwicklung bildet das Baufeld 1 von Otto Wulff, hier entstehen vielfältige Wohnformen unter anderem für altersgerechtes Wohnen. Ein Hochpunkt markiert die nördliche Flanke, stellt Bezug zum Gustavo Hochhaus her. Die Erdgeschosszonen werden öffentlich bespielt, der sich zur Bestandsstruktur öffnende Freiraum wird mit gemeinschaftlichen Nutzungen versehen.

Die Entwicklung des Baufeld 2, der HOWOGE schließt sich an. Das Gebäudeensemble aus zwei Bauteilen bildet einen Innenhof aus. Der zur Storkower Straße ausgerichtete Bauteil schafft eine städtebauliche Kante mit Gewerbesockel und zurückgesetzten Wohngeschossen, in dem die Nutzungen des Wohnheims für Geflüchtete untergebracht werden. Die KiTa ordnet sich hier mit großem Außenbereich an.

Den dritten Bauabschnitt bilden die Baufelder 3 und 4. Gemeinsam lassen sie den neuen Quartierseingang entstehen. Der Rückbau des Wohnheims für Geflüchtete folgend wird auf Baufeld 3 das Verwaltungsgebäude der BIM errichtet. Der Baukörper lässt einen geschlossener Hof entsteht. Gleichzeitig wird auf dem gegenüber der umgelegten Straße liegenden Baufeld 4 der ikonische Wohnturm der HOWOGE errichtet, der den Quartierseingang selbstbewusst markiert. Das Quartiersparkhaus setzt bescheiden im hinteren Bereich des Wohnturms an. Der finale Ausbauzustand wird im vierten Bauabschnitt durch die Umnutzung der Obergeschosse des Quartiersparkhaus in Wohnnutzungen erreicht. Durch den Rückbau der Rampenanlage entsteht die Erweiterung der grünen Fuge im Süden bis hin zur Storkower Straße.

Verkehrskonzept

Das Wettbewerbsgebiet wird über zwei Zufahrten von der Storkower Straße erschlossen. Die neue zentrale Quartierszufahrt knüpft über die verlängerte Thaerstraße an. Die im östlichen Entwurfsgebiet gelegene Stichstraße der Storkower Straße schließt an die Max-Brunnow Straße an. Der westliche Teil der Straße kann damit freigehalten, der Baumbestand erhalten und eine Grüne Promenade als „Spielallee“ ausgebildet werden.

Das bestehende sekundäre fußläufige Erschließungs- bzw. Wegesystem wird weitergeführt und in das neue Ensemble integriert. Nur zur Anlieferung sowie Rettungsfahrzeuge, etc. werden die Hofflächen teilweise befahrbar ausgebildet und die Durchfahrt durch beide Hofbereiche ermöglicht. Die benötigten Flächen für den ruhenden Verkehr werden durch zwei Tiefgaragen und das Quartiersparkhaus abgedeckt. Die erforderlichen barrierefreien PKW-Stellplätze werden an der Max-Brunnow-Straße und am Quartiersplatz angeboten. Das Quartiersparkhaus befindet sich auf Baufeld 4. In der Erdgeschosszone ist eine Mobilitätstation mit Sharingangeboten für das Quartier vorgesehen. Die Zufahrt für die Parknutzung in den Obergeschossen erfolgt von der der Arthur-Weisbrodt-Straße aus. Über eine vorgehängte Rampenanlage werden 250 Stellplätze in den Obergeschossen erreicht. Weitere 100 Stellplätze können in einer Tiefgarage nachgewiesen werden. Die Grundstruktur der Obergeschosse ermöglicht eine spätere Umnutzung in Wohnen, die Tiefgarage kann weiterhin als Stellplatz genutzt werden.

Freiraumkonzept

Der die Gebäude umspielende Freiraum zoniert sich in Quartiersplatz, intensive Grünhöfe mit Übergang in die benachbarten Gartenhöfe im Norden, die grüne Spielallee und straßenbegleitende Grünschollen mit Verdunstungs- und Versickerungsmulden.

Der Quartiersplatz liegt an der neuen Zufahrt zwischen Thaerstraße und Arthur-Weisbrodt-Straße zum nördlich gelegenen Quartier und wird durch eine an den Platzbelag optisch integriert. Der Platz erscheint somit stark und eigenständig im Zentrum zwischen dem westlich gelegenen Hochhaus und der östlich angrenzenden Bebauung. Der Platz wird durch Grüninseln und ein Wasserspiel strukturiert. Die Inseln sind mit Sitzkanten gefasst und erhalten dadurch eine repräsentative, hohe Aufenthaltsqualität. Intensive Grünhöfe stellen sich als dichte grüne Oasen mit eigener Atmosphäre und Verweilqualität dar. Die verschiedenen Funktionen werden flächeneffizient aufgenommen, so dass große zusammenhängende und gemeinschaftlich nutzbare Grün-, Spiel- und Aufenthaltsbereiche entstehen. Die fließenden Formen gehen nach Norden über in die Gartenbereiche zwischen den Zeilenbauten. Die in den Gebäuden nach Nordwesten verorteten Nachbarschaftsnutzungen erhalten eine Fortsetzung im Freiraum des östlichen Hofes. Hier entsteht ein Nachbarschaftstreff der mit den bestehenden Nachbarschaften verknüpft.
Der als grüne Spielallee konzipierte Teilabschnitt der Max-Brunnow-Straße, nimmt die Bestandsbäume auf und umspült deren Fußpunkte mäandrierend mit Grünflächen, Flächen für Calisthenics, Boule, Petanque und anderen Spielbereichen. Damit wird die Verbindung vom bloßen Verbindungsweg zu einem der am intensivsten genutzten Bereiche des Quartiers.

Umweltkonzept

Die Gebäudestruktur ermöglicht eine nachhaltige, modulare Konstruktion in Holzbauweise. Diese kann im übertragenen Sinne auch als eine Fortentwicklung der seriellen Bauweise der Großwohnsiedlung gesehen werden. Um die Lärmbelastung der Wohnung an der Storkower Straße abzufangen, wird eine Zweischichtigkeit der Fassade und die Ausbildung von Loggien zur Straße hin vorgeschlagen, die als Erweiterung des Wohnraums dienen.
Gesundes Wohnen setzt die Ausführung von gesunden Materialien voraus, weshalb vorgeschlagen wird mit möglichst rohen, nicht verklebten, nachhaltigen Baustoffen zu bauen, die recyclefähig sind und zu einem späteren Zeitpunkt in den Kreislauf rückgeführt werden können.

Mit dem Prinzip der Schwammstadt soll sich das Gebiet zu einem widerstandsfähigen System entwickeln, um mit zunehmenden Folgen des Klimawandels wie Trockenheit, Starkregenereignissen sowie Hitzewellen umgehen zu können. Es bedarf dabei der Speicherung und Wiederverwendung natürlicher Wasserressourcen sowie großflächiger Vegetationen und versickerungsfähiger Beläge.

Wassermanagement:
Ein dezentrales System soll eine möglichst lange Speicherung des Wassers im Quartier ermöglichen und das Einleiten von Regenwasser direkt ins Kanalsystem vermeiden. Über offene Retentionsflächen, unterirdische Rigolensysteme und Zisternen kann das Wasser gespeichert oder im Sinne der Kreislaufwirtschaft direkt verwendet werden.

Blau-grüne Infrastruktur:
Ein hoher Anteil an blau-grüner Infrastrukturen sorgt für ein angenehmes Mikroklima im Quartier. Neben Dach- und bodengebundenen Fassadenbegrünungen, dienen dabei insbesondere die grünen Innenhöfe sowie Bäume in Höfen, Plätzen und im Straßenraum zur Verbesserung der Luftqualität und Abkühlung im Quartier.

Energie:
Um dem langfristigen Ziel eines klimaneutralen Quartiers nachzukommen, sind unter anderem die Dachflächen mit Photovoltaikanlagen versehen und die Fassade des Hochpunktes der HOWOGE mit Fassadeelementen aus Photovoltaik angedacht.
Das Quartiersparkhaus ist als Mobilityhub mit Parkflächen für nachhaltige Sharingangebote, Lademöglichkeiten und Umnutzung zum Wohnbau programmiert.