Glass Kramer Löbbert 

Erläuterungsbericht zum Wettbewerbsbeitrag

Vernetzter Schulcampus im grünen Wohngebiet

Inmitten des durch Geschosswohnungsbauten der 30er bis 60er Jahre geprägten locker und durchgrünt bebauten Wohngebiets in Mariendorf soll anstelle der Kleingartenkolonie Morgengrauen eine neue integrierte Sekundarschule errichtet werden. Gemeinsam mit dem angrenzenden Campus der Schätzelberg-Grundschule wird so ein großflächiger Bildungsstandort zwischen Wolfsburger Weg und Eisenacher Straße entstehen. Die Grundschule und das umgebende Stadtviertel profitieren dabei vom vielfältigen Angebot der neuen Schule.

Der vorliegende Vorschlag für den Schulneubau sieht ein ähnlich den umgebenden Solitären der 50er- und 60er- Jahre gegliedertes raumgreifendes Volumen vor: Drei Quader verschmelzen mit einem zentralen niedrigeren Bauteil zu einer Einheit und spannen Außenräume mit klar definierten Widmungen auf: Im Südwesten des Grundstücks empfängt ein großzügiger Eingangshof die Nutzer:innen der Schule. Der von Süden auf die Eisenacher Straße stoßende Grünzug mündet in diesem Hof und die neu entstehende, nach Norden verlaufende Fortsetzung des Grünzugs begleitet ihn, so dass er selbst eine attraktive Aufweitung des angrenzenden grünen Freiraums darstellt.
Nach Südosten erstreckt sich ein etwas schmalerer Hof mit der Mensaterrasse und dem Eingangsbereich der Sporthalle – auch für von der Eisenacher Straße kommende Sportvereine. Nach Norden öffnet sich ein Vorhof, der den Auftakt zum großen Außensport- und Schulhof bildet.

Ein besonderer Fokus des Entwurfs liegt auf der Vernetzung des neuen Schulgebäudes mit der benachbarten Grundschule und mit der Umgebung. Die Position der Sporthalle ist daher sowohl für Sportvereine von der Eisenacher Straße, als auch für die Grundschüler über die Schnittstelle der beiden Schulhöfe sehr unmittelbar angebunden. Auch das schulübergreifende Angebot der Musikräume und des WAT-Bereichs sowie der Mensa und des Mehrzweckbereichs ist einer guten Erreichbarkeit von außerhalb entsprechend verortet.

Klare und selbstverständliche innere Organisation

Die beiden gleich dimensionierten Bauvolumina im Nordwesten und Südosten nehmen in ihren Obergeschossen jeweils drei Compartments auf, im Erdgeschoss geben sie dem WAT-Bereich, weiteren Fachklassen und den zusammenschaltbaren Sälen der Mensa und des Mehrzweckbereichs Raum. Die Räume des WAT-Bereichs sind zum Schulhof orientiert und so direkt von außen betretbar, dass auch die Mitznutzung durch die Grundschule unkompliziert ermöglicht wird. Der etwas breitere zur Schätzelberg-Grundschule orientierte Baukörper im Nordosten enthält die zweigeschossige Sporthalle mit ihrem direkt an das zentrale Bauteil andockenden Nebenraumtrakt.

Im zentralen Volumen ist erdgeschossig das großzügige zwischen Eingangs- und Schulhof vermittelnde Foyer untergebracht, gerahmt von Verwaltungs- und Nebenräumen im Zusammenhang mit Mensa-/Mehrzweckbereich. Vom Foyer aus sind auf sehr direktem Wege alle Teilbereiche der Schule angebunden, insbesondere die mit ihm eine räumliche Einheit bildende breite Vorzone des Mensa-/Mehrzweckbereichs.
Im ersten Obergeschoss liegen hier gut von allen Seiten erreichbar die naturwissenschaftlichen Fachklassen und im darüber liegenden zweiten Obergeschoss wird die Haustechnikzentrale mit kurzen Leitungswegen zu allen Extremitäten des Gebäudekomplexes angeordnet.

Eine der beiden Haupttreppen bezieht im Erdgeschoss eine Sonderposition, indem sie sich hier aus dem Verlauf der oberen Geschosse herauslöst und ins Zentrum des Foyers verschiebt, wo sie als einladendes raumbildendes Element steht. Beide Treppen führen vom Eingangsfoyer in die Schnittstellen zwischen Naturwissenschaftsklassen und Compartments im ersten Obergeschoss und von dort weiter in die oberen Geschosse der Compartments. In den oberen Geschossen empfangen sie über die breiten Einschnitte der Loggien Tageslicht.

Vom Mündungspunkt der Treppe gelangt man in den oberen Geschossen zunächst zum Garderobenbereich des jeweiligen Compartments mit seinen zugordneten Sanitärräumen und anschließend mitten in das von allen Klassen- und Teilungsräumen gerahmte Forum.
Vom Teamraum aus besteht eine Einblickmöglichkeit in diesen freundlichen zentralen Raum, der an der gegenüberliegenden Seite über eine breite Öffnung zur vorgelagerten Loggia mit Tageslicht versorgt wird.
Das Forum ist an seinen Längsseiten von einer tiefen, raumhaltigen und von großflächig verglasten Öffnungen durchbrochenen Wand gefasst, die Sitz- und Ordnungsmöbel sowie die notwendige Haustechnik enthält und das Forum gleichermaßen von den Klassenräumen trennt und es mit ihnen verbindet.

Um das Forum offen und flexibel bespielen zu können, sind die Compartments in zwei Nutzungseinheiten geteilt. Eine Nutzungseinheit umfasst die Stammgruppenräume, die Teilungsräume und das Forum. Diese Nutzungseinheit ist 600 qm groß. Die zweite Nutzungseinheit umfasst den Teambereich und die ergänzenden Flächen des Compartments und ist kleiner als 400 qm.
Die Schutzziele der Bauordnung sind auch bei den ca. 600 qm großen Einheiten gewährleistet. Die Einheit hat zwei Ausgänge, von denen einer direkt ins Freie auf eine außenliegende Fluchttreppe führt und der andere über die angrenzende Nutzungseinheit zum notwendigen Treppenhaus im Schulgebäude. Die zwei Ausgänge bieten zwei Feuerwehrangriffspunkte. Die räumliche Unterteilung der Einheit begrenzt die Rauchausbreitung, während großzügige Sichtbeziehungen zwischen den Räumen und dem Forum eine Branderkennung erleichtern.
Das außenliegende Treppenhaus ist von jedem Raum in weniger als 35 m Lauflinie entfernt. Zusätzlich ist von jedem Raum ein Ausgang in unter 25 m Laufweite erreichbar. In weiteren Bereichen, wie z.B. den NaWi-Räumen werden Nutzungseinheiten kleiner 400 qm gebildet.

Nachhaltige Konstruktion und Gebäudehülle

Für den Neubau kommt eine Holz-Hybrid-Bauweise zum Einsatz, die Verwendung von Beton wird auf ein geringes Maß reduziert, die CO2-Bilanz dadurch optimiert. In den Unterrichtsbereichen tragen Holzstützen Holzbalken, die als Auflager für die Holz-Deckenelemente dienen. Durch eine Aufbeton-Schicht werden deren bauphysikalischen Eigenschaften, insbesondere Schwingungsverhalten und akustische Werte verbessert. Der Brandschutz wird für die tragenden Teile aus Holz durch einen Aufschlag für Abbrand und eine entsprechende Überdimensionierung gewährleistet.
In den Sonderbereichen mit größeren Deckenspannweiten, insbesondere im Mensa- und Mehrzweckraum, kommt eine analoge Bauweise, jedoch mit stärkerer Dimensionierung der horizontalen Tragglieder und einer damit verbundenen Reduzierung der Stützen zum Einsatz.
Auch für die Konstruktion der Sporthalle werden Holzstützen und der großen Spannweite entsprechende hohe Holzbinder vorgeschlagen. Die Deckenplatte zwischen oberer und unterer Halle wird hier jedoch vom Grundkonzept abweichend als reine Stahlbetonplatte konzipiert um dem besonderen Schwingungsverhalten in diesem Bereich Rechnung zu tragen.
Über dem Haupteingang ermöglicht ein Fachwerkträger im Brüstungsbereich einen stützenfreien Unterschnitt.

Das mit einem entsprechend dimensionierten Tragwerk konstruierte Dach wird als Retentions-Gründach ausgebildet, so dass durch Abstandshalter eine erhöhte Regenwasseraufnahme unterhalb des Begrünungsaufbau und eine gezielt verzögerte Abgabe des Wassers erfolgen kann. Die entstehende Verdunstungskühle wirkt der Erhitzung des Stadtraums entgegen und steigert die Leistungsfähigkeit der oberhalb der Begrünung angeordneten PV-Module. Letztere wiederum sorgen für eine Verschattung der Gründachfläche.

Die Fassade wird passend zur Konstruktion aus hochgedämmten Holzelementen ausgebildet, die äußere Schicht bildet robust und dauerhaft eine vertikale Verschalung aus unbehandeltem Holz. Ein regelmäßiges Raster von Anschlusspunkten für Innenwände gewährleistet hohe Flexibilität in der Planung und auch hinsichtlich eines möglichen späteren Umbaus.

Die Fassaden des zentralen Baukörpers und der Sockelbereiche heben sich durch ihre glatte Verschalung mit minimierten Fugen von den stärker profilierten, mit Lisenen vertikal gegliederten Holzfassaden der oberen Geschosse der äußeren Baukörper ab.

Technische Ausstattung

Das Konzept der technischen Gebäudeausrüstung beruht auf einer einfachen Anlagenstruktur, robuster Bedienbarkeit, geringem Primärenergieverbrauch und ausgezeichneten Wartungseigenschaften.

Besondere Bedeutung kommt der Be- und Entlüftung der Klassenräume zu:
Eine Fensterlüftung ist zu allen Zeiten möglich. Zur Unterstützung eines behaglichen, hygienisch einwandfreien und energetisch optimierten Raumklimas kommen RLT- Anlagen zum Einsatz, die als Teilklimaanlagen konzipiert sind. Diese sind zentral im 2. Obergeschoss angeordnet. Hierdurch wird wertvollste Gebäudefläche gespart und die Leitungswege werden druckverlustarm auf ein Minimum reduziert. Die Luft wird den Klassenräumen zur Verfügung gestellt, wenn dort der Bedarf besteht. Die entsprechende Steuerung übernimmt eine CO2-Sensorik. So bleibt z.B. bei einem geöffneten Fenster die Anlage aus. Befinden sich nur wenige Personen im Raum, wird auch nur ein Teil der verfügbaren Luft eingeblasen. Mit dieser bedarfsgerechten Luftmengenverteilung wird der Strombedarf gegenüber konventionellen Anlagen deutlich reduziert. Die Luft der Klassenräume enthält immer genug Sauerstoff, um die physiologische Behaglichkeit sicherzustellen. Straßenlärm, Luftschadstoffe und Pollen werden durch Schalldämpfer und Filter wirksam zurückgehalten.
Der Ausbreitung von Sporen, Bakterien und Viren wird entgegengewirkt, da die Lüftungsanlagen nur im Außenluftbetrieb und nie im Umluftbetrieb gefahren werden. Die Zuluft wird auf der Forumsseite unten in die Klassenräume eingebracht und auf der anderen Raumseite im Deckenbereich abgesaugt. Die Konzeption der raumlufttechnischen Anlagen beruht neben vielen praktischen Erfahrungen im Schulbau selbstverständlich auf dem aktuellen Stand der Technik, Energetik und Lufthygiene.

Die Beheizung des Gebäudes erfolgt zukunftsorientiert über eine Wärmepumpenanlage mit der Wärmequelle Geothermie. In den Sommermonaten wird zu hohen inneren Temperaturen, durch eine passive Kühlung, entgegengewirkt. Diese dient gleichzeitig als Regeneration der Geothermie. Hydraulisch ist das System als Reihenschaltung von Passiver Kühlung und Wärmepumpe konzipiert, so dass die inneren Lasten, wie bspw. Server, zum Heizen des Gebäudes genutzt werden.
Die Wärme- und Kälteübergabe an die Räume erfolgt über Heiz-Kühlflächen und über die Lüftungsanlagen.

Energetisch sinnvoll ergänzt wird das Anlagenkonzept durch den Einsatz von LED-Leuchtmitteln, die eine Ausleuchtung der Räume im Tageslichtspektrum ermöglichen. Direkter und indirekter Lichtanteil sorgen für eine gesunde Arbeitsatmosphäre. Zur Reduzierung des Strombedarfs passen sich die Leuchten über eine Tageslichtsensorik an die benötigte Lichtstärke an. Eine Präsenzschaltung sorgt zudem für eine Abschaltung der Beleuchtung, wenn sich keine Personen im Raum aufhält.

Im vorgeschlagenen Konzept kommt den sanitären Einrichtungen besondere Bedeutung zu. Eine robuste und auf das wesentliche reduzierte Ausstattung, die sich leicht reinigen und warten lässt, soll eine hohe Aufenthalts- und Nutzungsqualität gewährleisten. Wassersparende und zum Teil selbstauslösende Spülarmaturen stellen einen hohen hygienischen Standard sicher. Die Be- und Entlüftung für Duschen, Umkleiden und WC- Räume liegt im oberen normativ möglichen Bereich.

Multifunktionale Schulfreiflächen

Öffentliches Entrée.

Durch die städtebauliche Setzung des Neubaus öffnet sich ein großzügiger Platz zur Eisenacher Straße sowie zum zukünftig hier verlaufenden Grünzug. Der Ort wird durch grüne Inseln strukturiert, dient als Treffpunkt vor der Schule und lädt mit Sitzmöglichkeiten unter Bäumen zum Verweilen ein. Das Schulgrundstück wird von einem „grünen Rahmen“ gefasst, welcher die vorhandenen Vegetationsstrukturen der Nachbarschaft aufnimmt und den Campus durch einen grünen Saum prägt.

Spiel und Sport.

Im rückwärtigen Bereich des Neubaukomplexes befinden sich die Pausen- und Sportflächen. Die 100m Laufbahn kombiniert mit zwei Weitsprunganlagen ist im Norden verortet. Daran angrenzend ist ein Sport- und Spielband angeordnet. Dieses besteht im Westen aus einer topographisch abgesenkten und an den Rändern baumbestandene Gymnastikwiese. Mittig, als Pendant zur Dreifachsporthalle, ist das Kombisportfeld angeordnet. Das Band wird rhythmisch unterbrochen von zwei befestigten Pausenbereichen mit differenzierten Sportangeboten wie Tischtennis und Calesthenics.

Freizeit- und Erholungsflächen.

Zwischen den Sportflächen und dem Neubau befinden sich Freiräume, die entsprechend des Vorplatzes ebenfalls mit grünen, baumüberstandenen Inseln und Sitzelementen bespielt werden.
Im östlichen Bereich der Außenanlagen liegt der Fokus auf grünen Freizeit- und Erholungsflächen. Hier befindet sich der „Schulhain“, ein mit unterschiedlichen Baumarten bepflanzter, schattiger Rückzugsraum mit Hängematten. Angrenzend an das Grundstück der Schätzelberg-Grundschule liegt der Schulgarten sowie die „Schätzelberge“, die auch das grüne Klassenzimmer in die Topographie einbinden. Am westlichen Compartment wird ein Bühnenbereich mit Zuschauerraum für Vorführungen und Außenveranstaltungen offen gehalten. Eine baumbestandene Terrasse befindet sich der Mensa zugeordnet südlich der Sporthalle.

Verkehrsflächen und Erschließung.

Am östlichen Grundstücksrand verläuft eine Wegeverbindung als Zugang zur neuen Sporthalle für Vereinssportler:innen, sie dient auch als Küchenanlieferung. Zwei PKW-Stellplätze für Mobilitätseingeschränkte und der Müllplatz sind an der Eisenacher Straße untergebracht. Die geforderten 200 Fahrradstellplätze sind auf dem Entréeplatz verortet.

Materialien und Ausstattung.

Für die befestigten Flächen wird ein helles (sonnenlichtreflektierendes) Betonpflaster in warmen Farbtönen vorgesehen, im Bereich der Fahrradbügel und Mensaterrasse als Rasenpflaster. Alle Ausstattungselemente und Einbauten sind langlebig, robust und vandalismussicher ausgeführt. Die Beleuchtung erfolgt über LED-Mastleuchten. Der Schulhof erhält eine Hofuhr, der Vorhof Masten für die Beflaggung. Das gesamte Schulgrundstück ist mit Ausnahme vom Eingangsplatz durch einen transparenten Metallzaun eingefriedet.

Vegetation.

Die Gehölzauswahl umfasst im Wesentlichen mittelkronige, hitzeverträgliche Bäume. Einige Obstgehölze sind im Schulgarten angeordnet. Im Bereich des grünen Rahmens ergänzen pflegeleichte Bodendecker, Gräser sowie vogel- und insektenfreundliche Blütensträucher die Vegetation.

Nachhaltiges Regenwasserbewirtschaftungskonzept

Es ist aus ökologischen und ökonomischen Gründen sinnvoll, den zurückgehaltenen Niederschlag zu nutzen. Das Wasser ist kostenlos vorhanden, hat den richtigen Härtegrad zur Bewässerung, und durch die automatische Bewässerung wird die Verdunstungsleistung der Pflanzflächen signifikant erhöht.
Daher wird ein innovatives Regenwasserbewirtschaftungskonzept entwickelt, bei dem Regenrückhaltung und Kühlung systemisch zusammen wirken. Auf allen Dachflächen des Neubaus wird der Niederschlag in Retentionsboxen gesammelt. Aus diesem und dem anfallenden Regenwasservolumen der hell gepflasterten Belagsflächen – wo diese nicht mittels Oberflächengefälle direkt in Vegetationsflächen geleitet werden können – wird über einen Vorreinigungsschacht eine Zisterne gespeist, die für die Verteilung des Wassers zur Bewässerung der Vegetationsflächen sorgt. Die Zisterne erhält eine zuschaltbare Frischwassereinspeisung für den Fall, dass das gesammelte Regenwasser nicht ausreicht. Der Bereich der Gymnastikwiese wird topografisch abgesenkt und als Notüberlauf der Zisterne zur Aufnahme und schadlosen Rückhaltung des Überflutungsregens ausgebildet.