Numrich Albrecht Klumpp Gesellschaft von Architekten mbH

Erläuterungsbericht zum Wettbewerbsbeitrag

Städtebauliche Einbindung

Der Neubau des Erich-Kästner-Gymnasiums positioniert sich mit einem kompakten Gebäudevolumen als ordnender Baustein im heterogenen städtebaulichen Umfeld. In der Maßstäblichkeit und Höhenentwicklung orientieren sich die Neubauten an den ein- bis zweigeschossigen öffentlichen Gebäuden der Umgebung. Im Zusammenspiel mit der neuen Sporthalle und dem Jugendclub an der Peter-Huchel-Straße wird Richtung Nordwesten ein adressbildender Vorplatz als großzügige Zugangssituation für das Schulensemble geschaffen. Richtung Westen und Südwesten verbinden sich die Schule und die Sporthalle mit den Außenanlagen und den angrenzenden Grünanlagen.

Gebäudeorganisation

Deutliche Einschnitte in das Gebäudevolumen -Loggien- gliedern die Schule und verzahnen sie mit dem Außenraum. Die verschiedenen Funktionen sind gezielt den einzelnen Geschossen zugeordnet. Im Erdgeschoss befinden die gemeinschaftlich genutzten Räume und die Fachklassen. Die Mensa und der Mehrzweckbereich können zusammengeschaltet werden und bilden mit dem Flur und den Musikbereich einen vielfältig nutzbaren Raumverbund. Eine zentral gelegene Treppe sorgt für eine leichte Orientierung und kurze Wege. Die Räume des allgemeinen Unterrichtsbereichs werden ausschließlich im 1. und 2. Obergeschoss untergebracht und sind in Compartments organisiert. Die Stammgruppenräume mit zwischengeschalteten Teilungsräumen gruppieren sich um eine gemeinsame Mitte, die als Forum für differenzierte Lern- und Betreuungsangebote genutzt werden kann. Der Bereich für Lehrerarbeitsplätze hat einen guten Überblick über die gesamte Raumgruppe und die Flurbereiche. Mobile Trennwände und transparent gestaltete Teilungsräume sorgen für eine offene Raumatmosphäre und gute Belichtung. Zugeordnete Loggien betonen die Bezüge zum Außenraum.

Sporthalle

Die Sporthalle orientiert sich wie die Schule mit einem deutlich markierten und leicht auffindbaren Haupteingang zum Vorplatz. Die Dreifachsporthalle mit einer lichten Raumhöhe von 7m wird über ein Lichtband an der Hallenlängsseite Richtung Süden und einem Oberlichtband über der Galerie -Querlüftung- ausreichend belichtet. Eine Aufzugsanlage sichert die barrierefreie Erschließung der Sporthalle. Die Technikflächen werden im 2.Obergeschoss -Dach- untergebracht.

Konstruktion und Materialität

Der kompakte, klare und funktionsgerechte Schulbau sowie die Sporthalle sind als ressourcenschonende, dauerhafte und wirtschaftliche Stahlbetonstützenkonstruktion mit Flachdecken konzipiert (siehe auch Beschreibung Tragwerk). Die Gebäude werden in konventioneller Bauweise - Halbfertigteile - errichtet. Die Ausformung des Baukörpers ergibt einen optimalen Hüllflächenfaktor, der den zu erwartenden Energieaufwand minimiert. Die verwendeten Materialien wie Beton, Ziegel und Holz gewährleisten ein ressourcenschonendes Erstellen des Gebäudes und sind zugleich ein Garant für die nötige Robustheit, die ein Schulgebäude braucht, ohne jedoch auf eine ansprechende ästhetische Erscheinung zu verzichten. Das Material der Fassade - geschlossene Teile Betonsandwich-Elemente, durchgefärbt und gesäuert, Brüstungselemente mit vorbewitterten Lärchenholzpaneelen sowie den Lärchenholzstelen 8 x 20 cm vor den Fensterbereichen - sowie der optimale Anteil der Fensterflächen und die grundsätzliche Ausformung des Gebäudes gewährleisten nicht nur eine optimale Belichtung und Belüftung, sondern bieten auch einen geringen Unterhaltsaufwand und ermöglichen somit ein wirtschaftliches Betreiben. Der hochgedämmte Aufbau der Hüllfläche führt zu einer deutlichen Begrenzung von Transmissionswärmeverlusten und thermischen Schwachstellen. Konstruktive Maßnahmen und Detailausführungen sichern darüber hinaus die Winddichtigkeit der Gebäudehülle zur gezielten Minderung und kontrollierter Lüftungswärmeverluste. Die konstruktive Gestaltung der Fensterflächen wird den hohen Anforderungen an den sommerlichen und winterlichen Wärmeschutz gerecht. Durch die Konstruktion als dreifach verglaste Fenster entstehen mehrere wärmepuffende Zwischenräume. Alle Räume werden über Fensterlüftungen bedarfsgerecht natürlich belüftet (siehe auch Tageslichtkonzept und Lüftungskonzept). Zur Nachtauskühlung werden Kippflügel mit vorgesetzten Lärchenholzstelen im Bereich der Fensterbänder eingebaut. Die Kippflügel sowie Klappen in den Flurwänden öffnen sich bei tieferen Außentemperaturen automatisch und führen so durch die natürliche Kaminwirkung zur Abkühlung der zu entwärmenden Räume. Die massiven Decken- und Fußböden werden in weiten Teilen nicht durch Abhangdecken vom Innenraum entkoppelt. Durch Freihalten der thermisch wirksamen Speichermassen - Stahlbetonwände, -decken und Mauerwerk wird eine behagliche Gebäudetemperierung erreicht. Hierdurch entsteht eine wirksame neutrale Dämpfung von thermischen Spitzenlasten im Sommer und Winter. Durch den Einbau von Aufzügen im Schulgebäude sowie in der Sporthalle sind die Gebäude barrierefrei erschlossen.

Tragwerkskonzept

Das kompakte, klare und funktionale Schulgebäude ist als ressourcenschonende und dauerhafte, wirtschaftliche, fugenlose, hocheffiziente, nahezu doppelsymmetrische Stahlbetonkonstruktion konzipiert. Interne Nutzlasten von 5 kN/m² auf allen Geschossdecken bieten nachhaltige Traglastreserven zukünftiger Umnutzungen. Auf der gesamten Dachdecke mit 2 kN/m² Nutzlast sind extensive Dachbegrünungen zur temporären Regenwasserrückhaltung möglich. Die Wechselwirkungen zwischen Architektur, Haustechnik und Tragwerk und dessen Lösung verlangen eine integrale Planung. Die unterzugslosen Decken gewährleisten eine wirtschaftliche Installation der haustechnischen Anlagen. Das Tragsystem bildet daher unterzugslose und für den Eigengewichtszustand überhöhte i. M. 32cm hohe Flachdecken, welche entlang der Außenfassade und Innenhöfe durch die tragend ausgebildeten Brüstungen linienförmig gelagert sind. Über diese werden die Geschossdeckenlasten sowie die Lasten aus der Fassadenkonstruktion in die im Systemabstand angeordneten lastabtragenden Stützen eingeleitet und ein verformungsfreier Deckenrand für die Anbindung der Fassade geschaffen. Die statisch erforderliche Deckenstärke bietet die notwendige Speicherfähigkeit im Hinblick auf die konzipierte Nachtauskühlung. Im Inneren des Gebäudes liegen die geplanten Geschossdecken auf den in einem klaren Raster von 8,40 x 8,40m angeordneten und über alle Geschosse durchlaufenden Stahlbetonstützen mit Abmessungen von ca. 30/30cm, womit eine maximale Flexibilität im Grundriss sichergestellt wird. Zur Gewährleistung der Durchstanztragfähigkeit erfolgt die Einleitung der Deckenlasten in die Stützen mittels marktüblicher Einbauteile. Räumlich trennende Elemente sind überwiegend nichttragend konzipiert und können flexibel gestellt, nachträglich ergänzt, umgesetzt bzw. rückgebaut werden. Dies kann vorzugsweise als Trockenbaukonstruktion erfolgen.

Die Aussteifung des Schulgebäudes übernehmen symmetrisch angeordnete und bis zur Gründung durchgehende Stahlbetonwandscheiben. Weitere Aussteifungselemente wie Treppenhauswände und Aufzugs- sowie Installationsschächte können bei Bedarf zusätzlich hinzugezogen werden. Die Gründung des Gebäudes erfolgt gemäß den Empfehlungen des Bodengutachters mittels einer elastisch gebetteten Bodenplatte mit Aufdickungen unter den lastabtragenden Stützen.

Haustechnik / Energiekonzept

Zur Verringerung des Primärenergieverbrauchs sowie der Betriebs- und Unterhaltskosten werden regenerative Energien in das architektonische Konzept integriert. Angestrebt wird, entsprechend den Vorgaben, das Schulgebäude und die Sporthalle für die Heizung- und Warmwasseraufbereitung an das vorhandene Fernwärmenetzsystem anzuschließen. Die dezentral angeordneten Technikräume ermöglichen eine optimale kurzwegige Erschließung für die einzelnen Anlagegruppen. Die Beheizung der Gebäude erfolgt überwiegend durch statische Heizflächen vor massiven Brüstungen. Die Anordnung und Auslegung der Heizflächen ermöglicht so eine flexible Raumaufteilung. Die Nasszellen sind jeweils dezentral im Schulgebäude entsprechend den Klassen- und Gruppenräumen zugeordnet und über die Geschosse übereinander geplant. Die hierfür notwendige mechanische Be- und Entlüftung erfolgt über kleine, dezentral angeordnete Lüftungsgeräte mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung auf dem Dach. Die Dreifeld-Sporthalle erhält eine Fußbodenheizung. Mechanisch angesteuerte Kippflügel an den Fassaden bzw. den Höfen sorgen durch die natürliche Kaminwirkung für die Durchströmung der Räume und somit zur Nachtauskühlung (siehe hierzu auch Lüftungskonzept). Als Einbruchschutz vor den zur Nachtauskühlung geplanten Dreh-Kipp-Flügel sind Lärchenholzlamellen (8 x 20 cm) geplant. Das auf den extensiv begrünten Dachflächen der Gebäude anfallende Regenwasser wird einer Versickerung zugeführt. Der örtliche Wasserhaushalt wird dadurch nicht gestört und Regenwasserentgelte eingespart. Auf den Dachflächen der Schule und Sporthalle werden Photovoltaikanlagen installiert. Es werden geneigte Flachkollektoren eingesetzt, die eine kostengünstige Aufstellung sowie eine optimale Südausrichtung ermöglichen. Durch diese Anlage kann ein großer Teil des Stromenergiebedarfs substituiert werden. Der erzeugte Strom wird dabei nicht zwangsläufig direkt verbraucht, da dies aufgrund der momentanen energiepolitischen Gegebenheiten unwirtschaftlich wäre, sondern wird zunächst über einen Zähler in das Versorgungsnetz eingespeist. Grundsätzliche werden für die Beleuchtungsaufgaben weitgehend LED-Leuchten eingesetzt. Um eine weitere Reduzierung der elektrischen Leistungsaufnahmen zu erreichen, wird in den Hauptnutzräumen eine Tageslichtsteuerung vorgesehen. Licht in den Sanitär-, Flur-, Lager- und sonstigen Nebenräumen werden über Präsenzmelder geschaltet. Ziel des Haustechnik- bzw. Energiekonzeptes ist die größtmögliche Nutzung erneuerbarer Energien und die Energieeinsparung bei gleichzeitigem Einsatz von standardisierten und langen erprobten technischen Lösungen, die geringe Wartungsaufwendungen mit sich bringen.

Tageslichtkonzept

Grundlage unserer Planung im Bereich der Fassade sind Fensterbänder über die gesamte Achsbreite von 8,40 m und mit einer Höhe von 2,10 m. Breite und Höhe der Fensteranlagen mit den entsprechenden Dreh-/Kippflügel sind die Grundlage für das Tageslicht- bzw. Lüftungskonzept. Berücksichtigt wurde hier, dass die Tageslichtverfügbarkeit in einem Gebäude einen großen Einfluss auf dessen Energiebedarf und die Nutzerzufriedenheit hat. Im Zusammenspiel mit künstlicher Beleuchtung und Sonnen- bzw. Blendschutz bestimmt sie unmittelbar den Strombedarf für künstliche Beleuchtung sowie mittelbar auch die Menge der für die Raumkonditionierung erforderlichen Heiz- und Kühlenergie (solare Einstrahlung, Abwärme der künstlichen Beleuchtung). Darüber hinaus steigert eine hohe Tageslichtverfügbarkeit neben der Zufriedenheit auch die Leistungsfähigkeit der Nutzer:innen am Arbeitsplatz. Die Tageslichtverfügbarkeit wird neben der Verschattung durch umgebende Bebauung und Bepflanzung durch die Geometrie der Rohbauöffnungen (Größe, Position, Laibungstiefen, Auskragungen), den Sonnen bzw. Blendschutz (System, Steuerung, ggf. mit Tageslichtlenkung), sowie die Eigenschaften der Fenster (Rahmenanteil, Lichttransmission) und des Innenraumes (Geometrie, Reflexion der Oberflächen) bestimmt. Um das Tageslicht bestmöglich zu nutzen, haben wir folgendes geplant:

  • lichtneutrales Sonnenschutzglas
  • helle farbliche Gestaltung von Decken, Wänden und großflächigen Einrichtungen in den Arbeitsräumen
  • regelmäßige Reinigung der transparenten Flächen
  • Hohe und dicht wachsende Pflanzen zurückschneiden

 

Lüftungskonzept

Durch die geplanten Dreh- und Kippflügel in den Fensterbändern werden die Anforderungen an die Raumluftqualität umfassend erfüllt. Die CO2-Konzentration in der Raumluft wird in der Maßeinheit Volumenprozent (Vol%) bzw. in parts per million (ppm) ausgedrückt (1.000 ppm = 0,1 Vol%). Durch eine hohe Personenbelegung in Räumen sind die Menschen die wesentliche Quelle von Verunreinigungen der Innenraumluft. Über die Atmung und mit seinen Ausdünstungen gibt der Mensch Geruchsstoffe an den Raum ab und atmet gleichzeitig CO2 aus. Die Geruchsintensität steht in Korrelation mit der Kohlenstoffdioxidkonzentration im Raum, welche seit Mitte des 19. Jahrhunderts als Parameter zur Beurteilung der Luftqualität dient.
Bei einer Überschreitung einer CO2-Konzentration von 1.000 ppm soll gelüftet werden, bei einer Überschreitung ab 2.000 ppm muss gelüftet werden. Eine Unterschreitung von 1.500 ppm ist anzustreben. Im Merkblatt zur „Simulation der CO2-Konzentration in der Raumluft von Schulbauprojekten“ /2/ ist als CO2-Leitwert eine Konzentration von ≤ 1.000 ppm festgelegt. Durch den auf dem Wettbewerbsgebiet gemessenen Außenraum-Lärmpegel von ≤ 60 dB kann ein Lüftungskonzept mittels Fensterlüftung durch Dreh- und Kippflügel in unserem Fassadenkonzept realisiert werden. Sollte bei der weiteren Durcharbeitung, aufgrund von geänderten Rahmenbedingungen wie Verkehrsplanung / Gesetzesvorgaben, eine mechanische Be- und Entlüftung des Schulgebäudes erforderlich werden, lässt sich dies im geplanten Schulbaukörper mit den unterzugsfreien Plattendecken auf dem Stützenraster problemlos umsetzen.

Freiraumkonzept

Die Schulfreiflächen sind als Schüler-Park konzipiert und erfahren eine starke teilräumliche Ausdifferenzierung mit einer großen Bandbreite an altersgerechten Nutzungsangeboten. Der hohe Grünflächenanteil ermöglicht die Flächen- und Muldenversickerung des gesamten auf dem Grundstück anfallenden Regenwassers. Durch entsprechende Bepflanzung der Freiflächen ist ein hohes Maß an Verschattung gewährleistet. Die Bewegungs- und Spielflächen sind dezentral organisiert und umfassen verschiedene Angebote, wie z.B. Tischtennisplatten, Tisch-Kicker, Fitnessgeräte, eine Sprossen- und Boulderwand an der Turnhalle und ein Beachvolleyballfeld u.v.m. Die nachzuweisende Außensportanlage ist als „Spange“ zwischen der Turnhalle und dem vorgegebenen Standort für das Kleinspielfeld angelegt. Neben der Gymnastikwiese befinden sich der 15 m2 große Außengeräteraum und der Raum für Garten- und Schneeräumgeräte (30 m2). Raum für Veranstaltungen bietet der zentrale Pausenhof mit einem exponierten Sitz- und Liegedeck, welches auch als Bühne dient. Kleinere Rückzugs- und Ruheorte in den Randbereichen und die Außenbereiche der Mensa und der Bibliothek werden durch grüne Kulissen separiert. Der Schulgarten mit Beeten und Obstbäumen westlich des Gebäudes bietet Raum für Naturerfahrung und Kontemplation. Hier befindet sich auch ein „grünes Klassenzimmer“ mit einer Sitzstufenanlage. Der Hauptzugang zur Schule erfolgt über die nordöstliche Grundstücksecke an der Einmündung der Peter-Huchel-Straße in die Erich-Kästner-Straße. In diesem Bereich wird das Gehwegprofil aufgeweitet und eine Kiss & Ride-Zone eingerichtet. Über einen Gehweg entlang der nördlichen Grundstücksgrenze entsteht eine querungsfreie Wegeverbindung zum U-Bahnhof Kienberg. In den Zugangsbereichen sind insgesamt 277 Fahrradstellplätze verortet. Fünf barrierefreie PKW-Stellplätze sind über die Peter-Huchel-Straße erschlossen.