Sehw Architektur GmbH

Visualisierung Außen © Sehw

Architektur:
Sehw Architektur GmbH

Freianlagenplanung:
Fugmann Janotta und Partner mbH

Tragwerksplanung:
WTM Engineers Berlin GmbH

TGA-Planung:
pin - planende ingenieure gmbh

Brandschutz:
hhpberlin Ingenieure für Brandschutz GmbH 

Nachhaltigkeit und Energie:
ee concept GmbH 

Erläuterungsbericht zum Wettbewerbsbeitrag

Idee & Städtebau 

Die Entwurfsidee verfolgt das Konzept der Schaffung eines einladenden und identitätsstiftenden Lernortes im neu entstehenden Kontext der Wasserstadt Berlin-Oberhavel, der als viergeschossiges Gebäude den städtebaulichen Auftakt bildet und zukünftig einen wichtigen und stark frequentierten Ankerpunkt des neuen Stadtteils darstellt. Der Entwurf verbindet als dreifach gegliederter Solitär die Architektur mit funktionalen Raumkonzepten und fügt wie selbstverständlich an der Schnittstelle zwischen kleinteiliger Bestands- und neuer Wohnbebauung ein. Mit seinen ineinander verschränkten Baukörpern, die in der Höhe abgestuft sind, entsteht der Eindruck eines kleinteiligen und kompakten Gebäudes, dessen südwestlicher Abschluss die Achse der Baugrenze der angrenzenden Nachbarbebauung aufnimmt.
Das Gymnasium verfügt über einen großzügigen Vorplatz zur Rhenaniastraße, der durch den alten Baumbestand eine einladende Atmosphäre erhält und das Gebäude in die Umgebung einbettet. Im mittleren Gebäudebereich entsteht durch die verschränkte Anordnung der Volumina ein Einschnitt, der eindeutig den Eingangsbereich betont und für eine intuitive Adressbildung sorgt. Der Baukörper mit der Sporthalle ist von der Wohnbebauung abgewandt Richtung Osten platziert und verfügt über einen unabhängigen Nachtzugang, der von der Rhenaniastraße aus zugänglich ist. Der Pausenhof ist so gestaltet, dass er von allen Seiten aus erschlossen werden kann und sich nahtlos an den Park im Westen anschließt. Die geschützten Stieleichen sowie weiterer Baumbestand auf dem Schulhof bleiben erhalten und tragen zur naturnahen Gestaltung des Grundstücks bei. Durch die Platzierung der Baukörper in Fortführung der Bebauung im Norden des Wettbewerbsgrundstücks bleibt der Naturraum im Süden weitgehend unberührt und es entsteht eine klare Trennung von Architektur und Umgebung, wobei begrünte Terrassen und Dächer den Übergang fließend gestalten.

Architektur & Innere Organisation

Für eine optimale und effiziente Nutzung der Räumlichkeiten wird das Gebäude nach seinen Funktionen geschossweise organisiert: Im Erdgeschoss befinden sich alle Gemeinschafts-, Fach- und Verwaltungsräume, die als klar und übersichtlich angeordnete Cluster über kurze Wege untereinander erschlossen werden. Anschließend an den Haupteingang befindet sich das großzügige Foyer, das zusammen mit der Schulstraße als zentraler Anlauf- und Verteilungspunkt dient. Von hier aus gelangt man auf der Ostseite direkt zum Mehrzweckraum und zur Mensa sowie dem Cluster, der die Fachräume und Sammlungen für Musik, Kunst und Informatik beherbergt. Weiterhin erfolgt über diese Erschließungsachse die direkte Anbindung an den Sporthallenbereich, ohne das Gebäude verlassen zu müssen. Entlang der  zentralen Schulstraße sind der naturwissenschaftliche Cluster, die Bibliothek und der Cluster mit der Verwaltung angeordnet. Das Haupttreppenhaus ist an zentraler Position an die Schulstraße angebunden und ermöglicht einen schnellen und bequemen Zugang zu den Lernclustern in den Obergeschossen, die aufgrund der Anordnung über den stark frequentier-ten Flächen im Erdgeschoss eine ruhige Lernatmosphäre gewährleisten.
Vom zentralen Treppenhaus aus werden je Geschoss zwei räumlich identische Lerncluster erschlossen, deren Grundriss sich um ein zentrales Forum organisiert. Zwei an die Foren anschließenden Terrassen sorgen für eine optimale Belichtung und die Möglichkeit, diese als grünes Klassenzimmer mitzubenutzen. Die Differenzierungsräume liegen jeweils neben den allgemeinen Unterrichtsräumen und können über flexible Wandsysteme dem Forum zugeschaltet werden. Zusammen entsteht so eine vielfältige und anpassbare Lernlandschaft, die durch die Teamstation im Zentrum der Cluster beaufsichtigt werden kann. Die Dreifach - Sporthalle erstreckt sich über das erste und zweite Obergeschoss des östlichen Gebäudeteils und kann von Vereinen unabhängig vom Rest der Schule genutzt werden. 

Tragwerk, Konstruktion und Ausbau

Der Entwurf ist als Holz-Beton Hybridbau geplant. Dabei werden die spezifischen Vorteile der beiden Materialen genutzt, um ein effizientes und wirtschaftliches Gebäude herzustellen. Das Gebäude wird aufgrund der vorgesehenen Spannweiten als Skelettkonstruktion mit Stützen und Riegeln aus Stahlbeton ausgebildet. Das regelmäßige Grundraster ermöglicht dabei die Standardisierung von Bauteilen und damit der Vorfertigung, was sowohl bei den Betonteilen als auch den Holzrippendecken zu Kosten- und Zeitersparnis in der Planungs- und Bauphase führt. Weit spannende Deckenfelder werden durch 40cm hohe Brettsperrholz-Rippendecken gebildet. Aufgrund der großen statischen Nutzhöhe des zusammengesetzten Plattenbalkenquerschnitts können diese Spannweiten mit einem sehr geringem Materialeinsatz realisiert werden. Die Decken liegen oberkantenbündig auf Unterzügen, die, aufgrund der für die Tragkonstruktion zur Verfügung stehenden Höhe schlank hergestellt werden können. Die durchgehenden Stützen ermöglichen den Verzicht auf eine teure und materialaufwendige Abfangebene. Nur im Bereich des Mehrzweckraums/Mensa im EG werden weitere Stützen und Unterzüge vorgesehen. Alternativ können in diesem Bereich die sehr wirtschaftlichen und hoch tragfähigen Spannbetonhohldielen verwendet werden. Über die Geschosse stehen ausreichende Mengen an aussteifenden Kernen und Wandscheiben zur Verfügung.
Die leichte Konstruktion führt zu einer entsprechend geringen Belastung der Gründung, die dadurch schlanker hergestellt werden kann.  Sie erfolgt über Punktfundamente, auf der eine nichttragende Bodenplatte lagert. Diese Bauweise und der Verzicht auf ein Untergeschoss sparen weiteres Betonvolumen ein.
Beim Ausbau fällt die Wahl auf natürliche, langlebige und widerstandsfähige Materialien wie Linoleum als Bodenbelag, GK-Leichtbauwänden sowie akustisch wirksame Abhangdecken aus Holzwerkstoffen, die zwischen den Rippendecken eingefügt sind.

Gebäudehülle

Die Fassade erhält durch die auch von außen ablesbare Gliederung aus vertikalen und horizontalen Betonfertigteilen sowie der Ausfachung mit Keramikformteilen ihre Identität. Leichte Vor- und Rücksprünge in der regelmäßig strukturierten Hülle schaffen ein Licht- und Schattenspiel, dass durch die Gliederung der Baukörper in ihrer Räumlichkeit noch unterstützt wird. Farblich kommen vor allem helle Farben zum Einsatz, wobei das Grün der Keramikausfachung der Schule auf subtile Weise ihren unverwechselbaren Charakter gibt. Die Fensterflächen sind regelmäßig aufgeteilt und verfügen über einen außen liegenden, textilen Sonnenschutz mit Ausstellfunktion, der die dahinterliegenden Räume verschattet aber dennoch Ausblicke in nach draußen ermöglicht. 

Technische Gebäudeausrüstung

Da die Schule in einem Grundwasserschutzgebiet erbaut wird, sind voraussichtlich die bevorzugten Geothermie- bzw. Grundwasserwärmepumpen nicht genehmigungsfähig. Daher wird zur Wärmeerzeugung eine Kombination aus einer Schmutzwasserwärmepumpe mit einer Luft-Wasser Wärmepumpenkaskade berücksichtigt. Die Abgabe der Heizungswärme erfolgt weitestgehend über eine Fußbodenheizung, nur im Mehrzweckraum, der Mensa, der Sporthalle sowie weiteren Räumen mit größerem Volumen wird mit Hochtemperatursystemen gearbeitet. Das Lüftungskonzept basiert auf dem gezielten Stoßlüften in den Pausen, durch das ein Luftaustausch zu Beginn des Unterrichts gegeben ist. Darüber hinaus steht eine mechanische Lüftung zur Verfügung.
Zur Minimierung des Energiebedarfs der Ventilatoren kommen zentrale Geräte auf den Dächern der jeweiligen Gebäudekörper mit geringen Kanalnetz zum Einsatz. Zudem sind die Geräte mit einer effizienten Wärmerückgewinnung ausgestattet. Auf den Dachflächen wird zudem eine PV-Anlage eingeplant, die auf das Ziel der Abdeckung des Eigenstrombedarfes ausgelegt ist. Zur Reduzierung des Primärenergiebedarfs sowie der inneren Wärmelasten der Beleuchtung wird eine tageslichtabhängige Beleuchtungssteuerung mit Präsenzmeldern eingesetzt. Es werden grundsätzlich nur LED-Leuchtmittel eingesetzt. Durch die Geometrie des Baukörpers und der Gestaltung der Fassade mit einem Fensterflächenanteil von 41% ist zudem eine sehr gute Tageslichtversorgung gegeben, die für eine helle und einladende Atmosphäre sorgt. 

Freiraumkonzept

Der Außenbereich der Schule besteht aus einer Vielzahl an unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten, um den Bedürfnissen einer breiten Schülerschaft nachzukommen. Es gibt kommunikative Bereiche mit Sitzmöglichkeiten, Angebote zur Bewegungsförderung, genauso wie grüne Rückzugsmöglichkeiten und Orte, die zum Entspannen einladen. Der Vorplatz an der Rhenaniastraße bildet ein offenes und repräsentatives Entree mit einzelnen Bauminseln und Sitzelementen. Der rückwärtige Bereich der Schule ist geprägt durch großzügige Freizeit- und Erholungsflächen, die durch ihre naturnahe und landschaftliche Formensprache als Pendant zur Bebauung stehen. Im direkten Umfeld der Schule liegt das tiefergelegte grüne Klassenzimmer, das zusammen mit den beiden Alteichen einen zentralen Treffpunkt bildet. Die große Eventwiese bietet Platz für Feste und Aufführungen. Im östlichen Teil, in der Nähe der Mensa befindet sich der Schulgarten mit Hochbeeten und einem Gewächshaus. Die baumgeprägten Bereiche um das naturnahe Versickerungsbecken laden zur Naturerfahrung ein und bieten Rückzugsorte mit Verweisen auf Flora und Fauna.
Im östlichen Bereich des Loops liegt der aktive Freizeitbereich mit funktionaler Einbindung in den Grünzug des benachbarten Quartiers. Hier liegt ein Nebeneingang für das Schulgrundstück, genauso wie ein separater Zugang zum Kleinspielfeld. Im Sportbereich gibt es zudem ein Streetball Feld, Outdoorfitness, eine Gymnastikwiese sowie Tischtennisplatten. In Richtung der südlichen Quartiere gibt es einen weiteren Zugang für eine optimale Anbindung in die Umgebung. Im gesamten Areal sind bewegliche Liegen und Sitzmöbel zu finden, die zum Verweilen in der Sonne oder im Schatten einladen. Mit Rücksicht auf den schutzwürdigen Baumbestand, wird an den südlichen Rändern ein grüner, naturnaher Puffer ausgebildet.

Entwässerungskonzept

Wesentlicher Teil des ökologischen Konzeptes ist der Umgang mit dem Regenwasser. Im Sinne der Schwammstadt weist das Konzept eine Kaskade von Rückhaltesystemen bestehend aus Blau-Grünen-Dächern, Mulden und einer Zisterne auf. Ziele sind nicht nur die Rückhaltung und Versickerung, sondern auch die Verbesserung des Klimas im gesamten Areal durch die Verdunstung und Nutzung von Regenwasser für die Bewässerung der Gärten und Grünflächen. Überschüssiges Regenwasser wird in Richtung des naturnahen Versickerungsbeckens abgeleitet. Im Bereich des Vorplatzes wird zudem eine Mulde angelegt. Die Beläge auf dem Schulhof werden so gewählt, dass anfallendes Regenwasser auch flächig versickern kann. Das tiefergelegte Grüne Klassenzimmer erlaubt eine schadlose, temporäre Überflutung bei Starkregenereignissen.

Nachhaltigkeit & BNB Vorgaben

Die Raumstruktur ist flexibel, der Gebäudekörper grundsätzlich umnutzbar. Die Konstruktionen sind im Sinne des zirkulären Bauens entworfen und sind sortenrein rückbaufähig. Die Widerverwendung von Bauteilen wird angestrebt. Die Holz-Beton-Hybridbauweise führt im Zusammenwirken mit der effizienten Energieversorgung durch Wärmepumpentechnolgie und auf den Dachflächen produziertem Solarstrom zu einer optimierten Ökobilanz im Lebenszyklus. Die gewählten Fassadenmaterialien sind dauerhaft und wartungsarm. Die Betonkonstruktion wird massereduziert optimiert und wird mit CEM III Zement in Kombination mit Recycling-Anteilen realisiert, was zur Minimierung der Treibhausgas-Emissionen im notwendigen Betonanteil führt.

Ein Großteil der Erschließungsflächen wird mit natürlichem Tageslicht versorgt. Die sturzfreie, regelmäßige Anordnung der Fenster führt zur Optimierung des Tageslichtquotienten in den Nutzbereichen. Die kompakten Baukörper weisen einen moderaten Fensterflächenanteil auf. Ein effizienter außenliegender Sonnenschutz minimiert solare Lasten.

Inklusion & Barrierefreiheit

Der Gebäudeentwurf wirft mit seiner klaren Organisation und übersichtliche Erschließung ein besonderes Augenmerk auf die Inklusion. Alle Geschosse werden über das zentrale Treppenhaus und dem direkt dazu benachbarten, auch zur Selbstrettung dienenden Fahrstuhls, barrierefrei und gleichwertig erschlossen. Die Gemeinschaftsflächen als auch die Unterrichtsbereiche sowie die grünen Klassenzimmer sind alle schwellenlos erreichbar. Für außerunterrichtliche Aktivitäten ist im separatem Eingangsbereich der Sporthalle ein weiterer Fahrstuhl für die barrierefreie Erschließung vorhanden. 

Brandschutz

Bei dem Schulgebäude handelt es sich um ein Gebäude der Gebäudeklasse 5. Das Gebäude ist von der Rhenaniastraße mit den Fahrzeugen der Feuerwehr anfahrbar, die Rettungswege innerhalb des Gebäudes sind baulich sichergestellt und dienen gleichzeitig als Angriffsweg für die Feuerwehr. Dabei werden vier außen liegende Treppenräume und ein innen liegender Treppenraum angeordnet, die in Abhängigkeit von der zu erwartenden Personenanzahl ausreichend dimensioniert sind. Alle Treppenräume besitzen einen direkten Ausgang ins Freie. In den Obergeschossen haben die Treppenräume Öffnungen zu den geplanten Clustern oder notwendigen Fluren mit angrenzendem Geschoss. Die Sicherheitskaskade gemäß Muster-Schulbau-Richtlinie unter Berücksichtigung der Ausbildung von Clustern nach „EHB bis 12/2016“3 ist damit eingehalten. Der Neubau wird in Stahlbeton geplant, sodass die Anforderung der feuerbeständigen Ausführung der tragenden und aussteifenden Bauteile nach Ziffer 2.1 /MSchulbauR/ erfüllt wird. Aufgrund dieser Gebäudeausdehnung ist das Gebäude brandschutztechnisch zu unterteilen. Entsprechend der Vorabstimmung wird das Gebäude mit mindestens feuerbeständigen Wänden in Cluster von bis zu 800 m² unterteilt. Mit dieser Maßnahme in Verbindung mit der vorgesehenen sicherheitstechnischen Gebäudeausstattung wird eine Brandausbreitung ausreichend verhindert. Aufgrund der Nutzung, der Größe und ggf. Bauweise (hier: Decken in Holzbauweise) des zukünftigen Neubaus ist eine flächendeckende automatische Brandmelde- sowie Alarmierungsanlage vorzusehen