Erläuterungsbericht zum Wettbewerbsbeitrag
Leitidee
Mit dem vorgeschlagenen Entwurf entsteht ein kraftvoller Solitär: Ein gemeinsames Haus, das zugleich aus vielen Häusern besteht. Die Form erweckt bildhafte Erinnerungen an traditionelle Gebäudetypologien und schafft auf diese Weise einen Ort der Identität innerhalb des weitläufigen, vom Großsiedlungsbau mit Plattenbauten geprägten Umfeld.
Städtebau
Der Schulneubau besetzt als lineare, rhythmisch gegliederte Großform den nördlichen Teil des Grundstücks und klärt so die städtebauliche Situation. Durch diese Setzung entsteht eine stadträumlich akzentuierte Eingangssituation mit Vorplatz. Das kompakte, viergeschossige Gebäude ermöglicht zu den übrigen Seiten eine maximale Fläche zur Gestaltung der Außenanlagen. Der vorhandene Charakter der grünen Mitte des Quartiers kann so auch weiterhin bewahrt werden. Sämtliche Funktionsbereiche des Schulkomplexes inklusive der Turnhalle werden unter einer gemeinsamen Dachfigur zu einem Baukörper vereinigt. Hierdurch erfährt die vorhandene heterogene Situation mit den erhaltenen Turnhallen der ehemaligen Bebauung eine Beruhigung.
Architektur
Über dem Sockel des Erdgeschosses mit den Gemeinschaftseinrichtungen erheben sich die Schulhäuser mit den sechs Compartments sowie die Dreifachturnhalle. Das Grundmodul des Klassenraumes ist das maßstabsbildende Element und durchdringt bis hin zur Dachfigur die gesamte Gliederung des Entwurfes. Es entsteht ein giebelständiger Baukörper mit einer einprägsamen Silhouette. Durch unterschiedliche tiefe Gebäudeeinschnitte wird die Großform in Abschnitte gegliedert, die die innere Organisation des Gebäudes erfahrbar machen. Die eingefügten, an eine Pergola erinnernden Strukturen aus Balkonen und Treppen bilden ein zusätzliches Gestaltungselement. So ergibt sich das Bild einer Vielfalt in der Einheit.
Der Haupteingang wird durch einen Fassadenrücksprung betont. Die Eingangshalle mit Mensa und Mehrzweckraum ist als großzügige Fläche von Norden nach Süden durchgesteckt und öffnet den Blick auf den Freiraum. Die Fassaden erhalten ein einheitliches Fensterformat und eine Verkleidung mit
vertikalen, auf Lücke gesetzten Holzlatten. Durch die ruhige Gliederung wird die abwechslungsreiche Grundform des Baukörpers unterstrichen.
Das Leitbild bei der inneren Organisation des Gebäudes ist es, flexible Raumstrukturen von hoher Aufenthaltsqualität zu ermöglichen. Dies wird durch die geringe Gebäudetiefe wesentlich unterstützt. In allen Bereichen ist ein hoher Tageslichtbezug gegeben. Das Erdgeschoss wird durch die Patios zusätzlich gegliedert. Hier befinden sich alle Sonderfunktionen wie Mensa, Veranstaltungsbereich, Veraltung und Fachbereiche.
Besonderes Augenmerk wurde auf die Grundrissgestaltung des Compartments gelegt. Gebäudeeinschnitte ermöglichen direkten Tageslichtbezug für das zentrale Forum jeweils von Osten und Westen. Vorgelagerte Balkone mit Glasschiebetüren bieten bei schönem Wetter die Möglichkeit der Öffnung zum Freiraum. Auch der Teamraum ist über die gesamte Länge nach außen orientiert.
Indem die sechs Compartments über eine Treppenhalle erschlossen werden, ergibt sich eine klare innere Erschließung. Die Gemeinschaftsfläche des Erdgeschosses binden auf direktem Wege an die Klassenräume an. Die zentrale Erschließung über die Eingangshalle stärkt die Schule als Begegnungsort aller und stellt ein Gegengewicht zum durch das Compartmentkonzept dezentral organisiertem Schulalltag dar.
Die Turnhalle bildet mit dem Schulgebäude eine architektonische Einheit. Indem sie jedoch in den Obergeschossen vom übrigen Baukörper abgerückt ist, wird ihre Rolle in der Gesamtkomposition ablesbar.
Sie kann unabhängig vom übrigen Gebäudeteil genutzt werden und besitzt daher einen separaten Zugang von der Nordseite.
Freiraum
Das Planungsgebiet wird schon heute von einem dichten grünen Saum (Bäume, Sträucher, Bodendecker) gerahmt. Dieser soll künftig weiterentwickelt und qualifiziert werden, denn er stärkt das einheitliche Gesamtbild, ist ökologisch wertvoll und hat eine schützende Funktion – sowohl von innen nach außen als auch umgekehrt (Sicht, Lärm, Staub, etc.).
Der solitäre Neubau schafft im Zusammenspiel mit den übrigen Baukörpern auf dem Grundstück eine spannende Abfolge an Teilbereichen.
Im Norden wird am Hauptzugang in Verbindung mit dem vorhandenen Baumhain ein einladender Vorplatz hergestellt. Der Übergang mit der Umgebung ist fließend und schafft somit eine Verbindung des Neubaus mit dem Quartier. In der Nähe des Zugangs sind die geforderten – zum Teil überdachten - Fahrradstellplätze angeordnet. Die befestigten und grünen Pausenbereiche sind im Südwesten angeordnet wohingegen die Sportanlagen im Süden und im Südosten (Nähe zur Sporthalle) liegen. Der Schulgarten befindet sich im Südosten des Grundstücks. Er verfügt über einen separaten Zugang für Nachbar:innen und Besucher:innen.
Aufgrund der bestehenden Topographie des Grundstücks bildet der Neubau nach Osten hin einen Sockel aus. Die angrenzenden Sportflächen liegen ca. 1m tiefer. Der Höhensprung wird genutzt um zu den Sportanlagen hin Sitzstufen auszubilden. Eine Rampe dient der barrierefreien Erschließung des tieferen Niveaus und dem Transport von Sportgeräten.
Die zentralen Pausenflächen sind in einen befestigten und einen unbefestigten Bereich geteilt. Der befestigte Teil dient dem Aufenthalt und der Bewegung. Neben den freien Bewegungsflächen sind unter den Bäumen und in den Randbereichen Sitzaufkantungen und Podeste (Bühne) angeordnet. Die angrenzenden Rasenflächen sind zur steinernen Pausenfläche leicht abgesenkt. Es entsteht eine klare Abgrenzung der Bereiche und ein weiteres Sitzangebot.
Südlich des Gebäudes sind Außenflächen für die Fachbereiche, Bibliothek und Mensa vorgesehen. Die grüne Pausenfläche ist weniger intensiv gestaltet: Rasen, Bäume, Sträucher und wenige vereinzelte Ausstattungselemente. Eine Bewässerungsanlage für die intensiv genutzten Rasenflächen und die Pflanzflächen wird vorgesehen.
Neben den geforderten Sportanlagen (Laufbahn mit Sprunganlage, Multifeld, Gymnastikwiese) wird eine Sandfläche mit einer Beachvolleyballanlage und Hängematten angeboten. Eine Calisthenicsanlage und Tischtennisplatten komplettieren das sportliche Angebot.
Die bestehende Böschung wird im südlichen Teil des Grundstücks unter Berücksichtigung der Bestandsbäume neu modelliert und ein „Grünes Klassenzimmer“ integriert.
An der Wuhlestraße wird eine weitere Zufahrt auf das Grundstück hergestellt. Sie dient der Anlieferung, der Erschließung der PKW Stellplätze und der Andienung des Müllplatzes, der sich an der Grundstücksgrenze befindet.
Haupteingang, Fahrradstellplätze, Anlieferung und befestigte Pausenfläche erhalten eine ausreichende Beleuchtung (Poller und Mastleuchten)
Regenwasser wird, wo möglich, in die angrenzenden Grünflächen und Baumscheiben (Baumrigolen) geleitet. Darüber hinaus wird im Bereich der Gymnastikwiese eine Zisterne und eine Rigole zur Bewässerung und Versickerung geplant.
Materialkonzept
Leitgedanke der Gestaltung ist das Konzept einer vertrauten Form in neuem Gewand. Die traditionelle Gebäudeform gewinnt durch die fein gegliederte Holzfassade einen modernen Ausdruck. Das Gebäude wirkt einladend und steht in seiner Materialität in deutlichem Kontrast zu den Bestandsbauten aus Betonfertigteilen. Die Holzlamellen sind auf Lücke gesetzt und erhalten eine Aufhellung mit einer Lasur so dass sich ein dauerhaft homogenes Erscheinungsbild ergibt.
Die von der umgebenden Wohnbebauung einsehbaren Dachflächen werden als fünfte Fassade mit einer Metallstehfalzeindeckung versehen. Der farbige textile Sonnenschutz setzt einen weiteren Akzent nach außen hin.
Im Inneren zeigt sich die Holzkonstruktion, indem z.B. die Deckenbalken sichtbar gelassen werden. Im Erdgeschoss bleibt die Konstruktion aus Sichtbeton ebenfalls weitestgehend unverkleidet und trägt so durch die Speichermasse zu einem ausgeglichenen Raumklima bei.
Im Erdgeschoss wird ein steinerner Belag vorgesehen, der optisch an den Freiraumbelag angeglichen wird. Die Obergeschosse erhalten eine farbigen Linoleumbelag.
Tragwerk
Die Stahlbetonkonstruktion im Erdgeschoss dient als Abfanggeschoss zwischen den großen Räumen im EG und den Unterrichtsbereichen in den Obergeschossen und bildet gleichzeitig den sicheren Untergrund für die Dachterrassen. Die Obergeschosse sind so konstruiert, dass alle um das Forum gruppierten Unterrichtseinheiten modular vorgefertigt werden. Die hybride Rippendeckenkonstruktion besteht aus vorgefertigten 10cm Stahlbetonplatten und BSH-Holzrippen. Die Stahlbetonelemente erfüllen in einfacher und kostengünstiger Weise die Schall- und Brandschutzanforderungen. Die Holzbauteile werden auf Abbrand bemessen. Das Holz kann damit sichtbar und erlebbar bleiben. Die Rippenzwischenräume werden für die haustechnische Installation und die erforderlichen Akustikmaßnahmen genutzt. Die zentral angeordneten Foren werden stützenfrei mit einen Holzbetonverbunddecke in gleicher Bauart, jedoch größeren Rippenquerschnitt überspannt.
Im Bereich der Sporthalle wird die Stahlbetonkonstruktion zweigeschossig ausgeführt. Damit wird vor allem im tieffrequenten Bereich der Schall- und Erschütterungsschutz der Fachräume darunter sicher erreicht. Die Sporthalle wird als klassische Binderkonstruktion ausgebildet, wobei die Binderabstände durch die Hoch- und Tiefpunkte der Dachgeometrie bestimmt werden.
Planungs- und Bauprozess
Der geometrisch klar gegliederte Gebäudeentwurf eignet sich in besonderer Weise zur Rationalisierung des Planungs- und Bauprozesses. Es wird eine Mischbauweise in Form einer Stahlbetonkonstruktion für das Erdgeschoss und darauf aufgesetzten vorgefertigten Holzbaumodulen vorgeschlagen. Dies ermöglicht eine schnelle Errichtungsphase und nutzt zugleich die Vorteile beider Bauweisen. Im Erdgeschoss mit den Sonderfunktionen können große Spannweiten unter Einhaltung von Brand- und Schallschutz auf einfache Weise hergestellt werden. Die Obergeschosse können als bereits im Werk vorgefertigte Module bestehend aus Fassaden-, Decken- und Wandelementen auf die Baustelle geliefert werden. Dies ermöglicht eine wirtschaftliche und schnelle Errichtung. Der hohe Vorfertigungsgrad ermöglicht zugleich eine hohe Qualität in der Bauausführung. Der digitale Planungsprozess und die Möglichkeiten der BIM- Methode können in allen Projektphasen optimal ausgeschöpft werden.
Brandschutzkonzept
Das Gebäude wird aufgrund seiner Längenausdehnung durch Brandwände in 3 Brandabschnitte gegliedert. Die Compartments besitzen über die Außentreppen einen direkten Fluchtweg ins Freie sowie über den zentralen Treppenraum einen zweiten Rettungsweg. Durch die Ausbildung des Erdgeschosses in
Stahlbeton ergibt sich eine feuerbeständige Trennung der Sonderbereiche vom übrigen Gebäude. In den übrigen Bereichen erfolgt eine Kapselung der Holzbauteile entsprechend der brandschutztechnischen Anforderungen. Die Deckenbalken werden auf Abbrand bemessen und können daher sichtbar bleiben.
Haustechnik und Lüftungskonzept
Das auf den Dachflächen anfallende Niederschlagswasser wird in einer Zisterne gesammelt. Überschüssiges Niederschlagswasser und das auf den befestigten Flächen im Außenbereich anfallende Niederschlagswasser werden über Rigolen versickert. Das in der Zisterne gesammelte Niederschlagswasser wird für die Bewässerung der Grünanlagen, zur Versorgung der WC-Spülungen und für die adiabate Kühlung der Abluft der zentralen Lüftungsanlage genutzt.
Die Warmwasserbereitung erfolgt im Schulgebäude dezentral über elektrisch betriebene Durchlauferhitzer. Für die Umkleiden- und Duschbereiche der Sporthalle und die Küche der Mensa erfolgt die Warmwasserbereitung zentral über eine Frischwasserstation.
Die Wärmeversorgung erfolgt regenerativ über reversible Luft-Wärmepumpe, die auch der Grundlastdeckung dient. Ein zusätzlicher Fernwärme-Anschluss deckt die Spitzenlast und versorgt die Warmwasserbereitung. Die Wärmepumpe arbeitet besonders effizient im unteren Temperaturniveau und ist besonders für die Beton-Aktivierung und die Fußbodenheizung geeignet.
Die Beheizung der Unterrichtsräume erfolgt über ein in der Holz-Beton-Verbunddecke integriertes Leitungssystem zur Beton-Aktivierung. Flure und Nebenräume erhalten statische Heizflächen in Form von robusten Röhrenradiatoren. Die Sporthalle wird durch eine Niedertemperatur-Sportbodenheizung beheizt.
Es ist keine aktive Kälteerzeugung in Form von Kältemaschinen geplant. In den Sommermonaten erfolgt jedoch eine Kälteerzeugung durch die Luft-Wärmepumpe, die eine Grundlastdeckung in den Unterrichtsräumen ermöglicht. Die Räume werden hauptsächlich passiv über Nachtauskühlung durch die Deckenlüftungsgeräte gekühlt. Zusätzlich wird in den Sommermonaten mit der Beton-Aktivierung die von der Wärmepumpe erzeugte Kälte genutzt.
Die Belüftung der Unterrichtsräume erfolgt über Fassaden-Lüftungsgeräte, die unter der Raumdecke angeordnet werden. Die Geräte versorgen die Räume mit Zu- und Abluft, wobei über ein Warmwasser-Heizregister die Zuluft auf die erforderlichen Temperaturen erwärmt wird. Ein effizienter Betrieb der Geräte ist durch eine integrierte Wärmerückgewinnung gewährleistet. Durch die Lehrenden kann die Leistung individuell angepasst werden, zum Beispiel in den Pausen als Stoßlüftung. In den Sommermonaten erfolgt die Stoßlüftung nachts automatisch.
Für die Belüftung von definierten Räumen wie den naturwissenschaftlichen Unterrichtsräumen ist ein zentrales Lüftungsgerät mit einem Kreislaufverbundsystem zur Wärmerückgewinnung vorgesehen. Die Abluft wird im Sommer adiabat gekühlt (siehe Grauwasser). Über die Wärmerückgewinnung wird die Zuluft sowohl im Sommer als auch im Winter entsprechend vorkonditioniert.
Das zentrale Lüftungsgerät versorgt auch die Flure mit Zuluft. Diese strömt in die WC-Bereiche sowie die Umkleiden und Duschen über, wo sie als Abluft abgesaugt und dem Gerät wieder zugeführt wird. Gefahrstoff- und Chemikalienschränke erhalten eine separate Abluftanlage, die permanent in Betrieb ist.
Die Sporthalle wird natürlich be- und entlüftet. Motorisch betriebene Fensterflügel öffnen sich automatisch zur Pausen-Stoßlüftung, um einen schnellen Luftaustausch und eine CO2-Abfuhr zu erreichen. Ebenso ist eine freie Nachtauskühlung im Sommer über die motorischen Fensterflügel mit entsprechendem Einbruchschutz gegeben.
Die elektrotechnische Ausstattung des Gebäudes entspricht den aktuellen Standards des Landes Berlin für die technische Ausrüstung. Dies betrifft die Elektroinstallation im Allgemeinen, jedoch vor allem auch die erforderliche IT-Verkabelung. Die Versorgung der elektrisch betriebenen Anlagen und der Beleuchtung erfolgt durch ein Stromversorgungsunternehmen.
Auf den Dachflächen und an den Fassaden sind Photovoltaikanlagen (PV) vorgesehen. In die Stromversorgung durch die PV werden vor allem die Wärmepumpe und die Turnhalle eingebunden, um eine größtmögliche Eigennutzung des erzeugten Stromes zu gewährleisten. Zur Verbesserung der Eigenstromnutzung wird ein Stromspeicher installiert.
Das Konzept mit Lichthöfen und bodentiefen Fenstern bietet mit einem hohen Tageslichtanteil visuellen Komfort und eine hohe Tageslichtautonomie und trägt damit zur Senkung des Strombedarfs bei. Energetisch sinnvoll ergänzt wird das Anlagenkonzept durch den Einsatz von energieeffizienten LED-Leuchtmitteln. Eine präsenz- und raumtiefenabhängige Beleuchtungssteuerung führt das notwendige Maß an künstlicher Beleuchtung nach.