4. Rang – IfuH – Institut für urbanen Holzbau

4. Rang – IfuH – Institut für urbanen Holzbau
1. Preis – PPAG architects ZT GmbH

Stadtplanungs- / Architekturbüro: 
IfuH – Institut für urbanen Holzbau (Berlin)
Christoph Rödig, Daniel Rozynski

Marin Balabanov, Robert Marte, Max Maurer, Nicoletta Calegari, Felix Deiters

Freiraumkonzept:
chora blau, Landschaftsarchitektur (Hannover)

Björn Bodem

Modellbau:
Helmbold Modellbau (Berlin)

Auszug aus dem Erläuterungsbericht

Städtebauliches Konzept

Das Bearbeitungsgebiet nimmt den Großteil eines annähernd trapezförmigen Blocks zwischen Rhin- und Wollenberger Straße bzw. Wartenberger und Marzahner Straße ein und befindet sich in einer städtebaulich sehr heterogenen Umgebung, sowohl in Maßstab als auch in Nutzung. Nördlich und südlich grenzt es an kleinteilige Ein- und Mehrfamilienhäuser, östlich und süd-westlich befindet sich großmaßstäbliche Gewerbebebauung. Westlich, gegenüber der Rhin- und Wartenberger Straße, stehen Plattenbauten von zwölf Geschossen sowie ein 21-geschossiges Punkthochhaus. 

In diesem heterogenen Umfeld bildet das neue Quartier eine ordnende Struktur aus harmonisch proportionierten Baukörpern und Freiflächen. Es entsteht ein urbanes und durchmischtes Stück Stadt mit vielfältigen Nutzungen, das sowohl für langjährige Bewohner:innen des Stadtteils als auch für Hinzugezogene gleichermaßen attraktiv ist. Ein länglicher Baukörper parallel zur Rhinstraße schirmt das rückwärtige Quartier von Verkehrslärm ab und fasst einen Quartiersplatz als Zentrum. Unweit der Tram-haltestelle liegt der Quartiersplatz auf einer neuen Achse für Fuß- und Fahrrad-verkehr parallel zur vielbefahrenen Rhinstraße. Um dieses Zentrum gliedern sich im Erdgeschoss Gewerbenutzungen, Cafés und ein Supermarkt.

Das Gebiet wird in sechs Baufelder aufgeteilt, die in einer Struktur einseitig geöffneter Blockrandbebauungen mit sieben- bis acht Geschossen organisiert sind und attraktive ruhige Wohnhöfe schaffen. Grüne Passagen in Ost-West-Richtung durchqueren das Quartier, welche in ihren Proportionen bewährte räumliche Konfigurationen bilden. So entsteht eine Vielfalt klar gefasster Freiräume, die sehr gute wohnungsnahe Aufenthaltsqualitäten anbieten. 18- bis 19-geschossige Hochpunkte an den Hoföffnungen gehen einen Dialog mit der Umgebungsbebauung ein.

Entlang der Gehrenseestraße beherbergt ein Baukörper die Grundschule. Ihr Eingang auf der Westseite liegt geschützt von Lärm und Verkehr am Durchgang zum Quartiersplatz. Eine ausgestellte Turnhalle bietet auf dem Dach Schulgarten und Spielfläche, weitere Schulsportflächen befinden sich am Ostrand zur Wollenberger Straße. Am südlichsten Wohnhof ist eine Kita mit geschütztem Spielbereich untergebracht.

Bei einer zukünftigen Gebietsentwicklung des Quartiers auf die südwestliche Baufläche, kann der Quartiersplatz als Zentrum mit einer lärmschützenden Randbebauung zur Rhinstraße vorgeführt werden.

Jurybewertung zur 1. Jurysitzung am 5. Juli 2018

Entwurfsidee

Klarer städtebaulicher Entwurf, der öffentliche und private Freiräume gut gliedert. 6 Baufelder bilden einen blockähnlichen Bebauungstypus mit 5 Hochpunkten an den Hoföffnungen.

Die Durchlässigkeit für die Öffentlichkeit ist trotz hoher städtebaulicher Dichte gegeben. Parallel zur vielbefahrenen Rhinstraße ist eine attraktive verkehrsberuhigte Nord-Süd-Verbindung geplant. Zudem dienen vier 20 Meter breite Passagen der Gebietserschließung in Ost-West- Richtung und proportionieren die Quartiersräume in Anlehnung an bewährte Prinzipien. Die Trennung zu den privaten Hofbereichen erfolgt über die Höhenstaffelung.

In der Komposition der Hochpunkte wurde darauf geachtet, dass diese sich untereinander in ihren Blickrichtungen nicht behindern und der dazwischen liegende öffentliche Raum mit Licht, Luft und Sonne versorgt wird. Allein die Lage des nach Nord-Süd ausgerichteten Hochhauses in Baufeld 2 ist aufgrund der Hofverschattung zu prüfen. 

Zentrales Element der Planung ist der im nordwestlichen Grundstücksbereich angesiedelte Quartiersplatz als potentieller Anziehungspunkt für die Menschen. Seine beachtlich große, vom Autoverkehr ausgenommene Freifläche ist in Berlin selten zu finden und wäre eine städtebauliche Bereicherung. Eine Kombination mit freiraumbezogenen Angeboten würde die Aufenthaltsqualität für die Anwohner:innen steigern.

Nutzungsmischung

Die Gebäudeabschnitte der HOWOGE und der Belle Époque sind sinnvoll über das Quartier verteilt, um zu einer Durchmischung der Bevölkerungsstruktur beizutragen. 

Die Verbindung von Wohnen und Gewerbe in den lärmbelasteten Baufeldern 5 und 6 leuchtet ein. Die vorgeschlagene Ansiedlung von Cafés und einem Supermarkt unweit der Tramhaltestelle mit direkter Anbindung zum Quartiersplatz wertet den Freiraum überzeugend auf und bietet Potential für weitere Angebote nachhaltiger gemeinschaftlicher Aktivitäten.

Lärmschutz

Lärmschutzmaßnahmen sind getroffen: 

Die beiden langgezogenen Baukörper entlang der Rhin- und der Gehrenseestraße (Baufeld 5 und 6) schirmen das Quartier überzeugend nach Westen und Norden ab. Die weitestgehend geschlossenen Bauformen und ihre U-förmigen Wohnhöfe gewährleisten vom Schall weitgehend geschützte Freibereiche als Lebens- und Rückzugsort. Ihre Erschließung erfolgt zum überwiegenden Teil von der Straße, so dass sich die Wohnungen zum Innenhof orientieren (Emissionsschutz).

Die geplanten Durchwegungen sind autofrei, jedoch mit ihren 20 Meter breiten Ausdehnungen lärmdurchlässig. Unterfluranlagen im Osten sorgen für unsichtbares Parken und die Müllbeseitigung.

Gebäudetypologie / Architektur

Die Anordnung und unterschiedliche Geschlossenheit der U-förmigen Baukörper ermöglicht eine weitgehende Ausrichtung und Belichtung der Grundrisse nach Ost-West und schafft Distanzen und Blickbeziehungen. Der Einsatz von Loggien bei den Ost-West gerichteten Baukörpern und Balkonen erscheint sinnvoll. 

Die Bautypen mit Loggien oder Balkonen sind in serieller Fertigung geplant bei wenig Differenzierung im Erscheinungsbild. Visuelle Abwechslung bringt jedoch die Mischbauweise, die zum einen eine konventionelle, 2- bis 3-geschossige Sockelzone und massiv tragende Innenwände kennzeichnet, zum anderen Holzbaufassaden in den oberen Geschossen. Die geforderte Vorfertigung maßgeschneiderter Lösungen sowie Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit sind gegeben. Die Hybridkonstruktion verleiht dem Quartier einen positiven ästhetischen Gesamteindruck und dem kostengünstigen Wohnungsbau insgesamt neue Impulse. Die ökologischen Vorteile rechtfertigen die mitunter zu erwartenden weniger routinierten Abläufe bei der Ausführung. Die Erschließungen der Wohnungen erfolgen bis auf die Baueinheit entlang der befahrenen Wartenberger Straße sinnvoll von außen.

Darüber hinaus sorgt die Höhenstaffelung in der Vegetation für ein abwechslungsreiches Raumempfinden.

Schule, Kita

Die Schule, mit zwei von drei geplanten Schulhöfen und einer Turnhalle auf dem Dach, ist im nördlichen Baufeld vorgesehen. Ihr Eingang im westlichen Baufeldbereich am Beginn des Quartiersplatzes ermöglicht leichten Schutz vor Lärm und Verkehr bei zugleich guter Erreichbarkeit. Die Verbindung zum dritten Schul- und Sporthof jenseits der südlich anschließenden Ost-West-Passage könnte durch eine Brücke gelöst werden. Aufgrund der generellen Aufsichtsproblematik wird empfohlen, sich auf die Planung von zwei Schulhöfen zu beschränken.

Die Kita ist im südlichen U-förmigen Baublock untergebracht. Ihr Zugang erfolgt sinnvoll über die ruhigere Marzahner Straße. Die geplante Lage ihres Außenbereichs im Hofinneren führt zur ungünstigen Verschattung.

Realisierbarkeit

Grundsätzlich ist die Realisierbarkeit mit sechs klar voneinander abgegrenzten Baufeldern gegeben.

Die Bestands-Regenkanalführung ist nicht berücksichtigt.

Aufgrund der Hofverschattung ist die Lage des Hochhauses (Baufeld 2) und der Kita (Baufeld 1) zu prüfen. 

Die Planung von mehr als zwei Schulhöfen wird kritisch gesehen.