Stadtplanung/Architektur Freiraum:
ASTOC ARCHITECTS AND PLANNERS GmbH, Köln
mit arbos landscape GmbH, Hamburg
ASTOC ARCHITECTS AND PLANNERS GmbH, Köln mit arbos landscape GmbH, Hamburg
Erläuterungsbericht zum Wettbewerbsbeitrag
Stadtmembran – Erläuterungsbericht
Begreift man die Großwohnsiedlung Fennpfuhl als stadträumliche Einheit, so bildet der Fennpfuhlpark ihr grünes Herz. Entlang der Vulkanstraße verläuft der östliche Rand dieses Stadtgefüges – ein Raum, der nicht nur als potentielles Bauland zu verstehen ist, sondern als aktiver Verknüpfungsraum und schützendes Gewand, als Nachbarschaftsraum und östliches Stadtentrèe zugleich. In seiner Funktion ist dieser Rand so komplex und vielschichtig wie die Membran eines Zellkerns – durchlässig und verbindend, zugleich schützend und strukturierend. Die Stadtmembran.
Durchlässig & Quartiersbildend
Die Stadtmembran fördert neue Ost-West-Verbindungen und stärkt die Vernetzung innerhalb des Quartiers. Im Norden durchquert ein übergeordneter Grünzug die Vulkanstraße; als Knotenpunkt dient der neue „Gärtnerplatz“ mit Gemeinschaftsgärten und Streuobstwiese. Zentral verbindet eine Achse das Dong Xuan Center mit dem Röderplatz – hier schlägt das geschäftige Herz des Quartiers, geprägt durch einen Quartiersplatz mit Nahversorgung und Gastronomie. An der Herzberger Straße formuliert ein markanter Hochpunkt ein neues Stadtentrèe. Im Süden führt eine weitere Grünverbindung über einen neuen Nachbarschaftsplatz zur Möllendorffpassage. Vier unterschiedliche Situationen, auf die der Entwurf jeweils spezifische, vermittelnde Antworten findet. Die Quartiersplätze übernehmen hierbei eine zentrale Rolle: als Gelenke verknüpfen sie die verschiedenen Grünzüge und Wegeverbindungen, schaffen Orientierung sowie Begegnung und prägen die Identität der neuen Stadtlandschaft.
Verbindend & Nachbarschaftlich
Ein nachbarschaftlicher Binnenraum bindet die vier zentralen Orte untereinander. Dieses „Nachbarschaftsband“ bildet einen grünen, multifunktionalen und autoarmen Bezugsraum. Er bietet Erholung im Grünen, Spielflächen für alle Generationen und fördert die Ansiedlung von Flora und Fauna. Als verbindendes Element zwischen Nord und Süd sorgt er für eine durchgehende Grünvernetzung und trägt zur Verbesserung des Mikroklimas bei. Die parallel verlaufende Vulkanstraße übernimmt die übergeordnete Radweganbindung und Erschließung der Quartiersgaragen. Sie bildet die Adresse für die straßenbegleitende Bebauung und aktiv genutzten Erdgeschosszonen.
Schützend & Milieubildend
Die Bebauung entlang der Vulkanstraße wirkt als Lärmschutzkante mit entsprechend angepassten Grundrisstypologien und schafft ruhige Innenräume. Diese Innenhöfe dienen als geschützte Rückzugsorte, bieten ökologische Nischen und Spielräume für Kinder und Jugendliche. Unterschiedlich gestaltet, fördern sie sowohl individuelle Erholung als auch gemeinschaftliche Nutzung und tragen so zur hohen Lebensqualität bei.
Strukturierend & Akzentuierend
Jeder Quartiersplatz erhält einen akzentuierenden Hochpunkt in Typenbauweise. Mit aktiven Erdgeschosszonen beleben sie die Plätze und markieren wichtige Quartierszugänge. Ihre erhöhte Bauhöhe rhythmisiert die dahinterliegenden Zeilen und vermittelt zwischen verschiedenen baulichen Maßstäben.
Modular & Effizient
Die Regelbausteine – Ecke, Zeile und Punkt – sind ebenfalls in Typenbauweise konzipiert. In Kombination mit optimierten Erschließungstypen bilden sie die Grundlage für eine wirtschaftliche und ressourcenschonende Realisierung des Quartiers. Durch die Wiederholung klar definierter Gebäudemodule können Planungs- und Bauprozesse standardisiert und Bauzeiten verkürzt werden. Das Prinzip des „Einfachen Bauens“ ist nicht nur ein konstruktiver Ansatz, sondern prägt bereits im städtebaulichen Maßstab den Entwurf: klare Strukturen, reduzierte Baukörperkomplexität und ein hoher Grad an Vorfertigung führen zu einer robusten, langlebigen und zugleich anpassungsfähigen Architektur. Durch die bewusste Konzentration auf wesentliche Elemente werden Materialeinsatz und technische Komplexität reduziert – ein Beitrag zu ökologischer Nachhaltigkeit und langfristiger Wirtschaftlichkeit.
Die städtebauliche Modularität ermöglicht weiterhin eine ausgewogene Vielfalt an Wohnformen und Bautypologien. Ein Anteil von 50 % gefördertem Wohnraum wird durchmischt in das Gesamtkonzept integriert, sodass unterschiedliche Einkommens- und Altersgruppen Tür an Tür leben. Durch die gleichmäßige Verteilung und architektonische Gleichwertigkeit entsteht ein Quartier, das soziale Stabilität fördert und Segregation vorbeugt.
Die Mobility Hubs bieten als Sonderbaustein die multimodalen Knotenpunkte des Quartiers. Ihre Dächer werden als besondere Freiräume gestaltet: Das nördliche Dach bietet Sportangebote, das zentrale Hub am neuen „Elli-Voigt-Platz“ ist als öffentlich zugänglicher Dachgarten konzipiert – ein neuer, einzigartiger Ort für Lichtenberg.
Drei unabhängige Bauabschnitte mit jeweils eigener Parkierung und Energiezentrale gewährleisten eine flexible etappenweise Entwicklung.
Klimaresilient & Nachhaltig
Der bestehende Baumbestand wird weitgehend erhalten und in das Nachbarschaftsband sowie Innenhöfe integriert. Die Bäume spenden Schatten, verbessern Luftqualität und Wasserhaushalt und leisten einen wichtigen Beitrag zur ökologischen Stabilität des Quartiers.
Ein zentraler Bestandteil der Stadtmembran ist die gezielte Entsiegelung bisher stark befestigter Flächen. Durch die Reduzierung von Asphalt- und Betonbelägen entstehen durchlässige Oberflächen, die Regenwasser vor Ort versickern lassen und damit den natürlichen Wasserkreislauf stärken. Entsiegelte Bereiche werden in Grünzüge, Aufenthaltsflächen und gemeinschaftlich nutzbare Freiräume umgewandelt.
Die Energieversorgung des Quartiers basiert auf einem integrativen, regenerativen Konzept. Photovoltaikanlagen auf ausgewählten Dachflächen erzeugen einen wesentlichen Teil des Strombedarfs vor Ort. Ergänzt wird dies durch geothermische Anlagen, die über Erdsonden ganzjährig klimafreundliche Wärme und Kühlung bereitstellen. Jedem Bauabschnitt ist eine eigene Energiezentrale zugeordnet, sodass eine modulare, bedarfsgerechte Versorgung entsteht, die schrittweise realisiert und später erweitert werden kann.