Teleinternetcafe Architektur und Urbanismus GmbH, Berlin mit TREIBHAUS Landschaftsarchitektur, Hamburg 

Erläuterungsbericht zum Wettbewerbsbeitrag

Ein offener Quartiersrand wird zur Adresse: Gegliederte Baukörper, aktive Erdgeschosse und ein durchgehendes Freiraumband formen ein qualitätvolles Wohnumfeld – mit Gesicht zur Stadt und zur Nachbarschaft.

Neuer Rand Fennpfuhl
Die neue Bebauung formuliert einen klaren, identitätsstiftenden Abschluss des Stadtteils Fennpfuhl nach Osten. Der neue Quartiersrand zur Vulkanstraße ist keine Rückseite zum Gewerbegebiet, sondern ein einladendes Gesicht. Die Bebauung entlang der Straße wird bewusst geöffnet, mit aktiven Fassaden und vielseitig genutzten Eingangsbereichen. Rücksprünge, Kopfbauten und differenzierte Gebäudetiefen strukturieren den Straßenraum in feinere Abschnitte und verankern den neuen Stadtbaustein im Stadtraum.

Quartierseingänge und Treffpunkte
Zwischen den drei Baufeldern öffnen sich zur Vulkanstraße mehrere „Kieznischen“ – nachbarschaftlich geprägte Freiräume, die als Quartierseingänge, Treffpunkte und Verbindungen in das bestehende Fennpfuhlviertel fungieren. Jede Nische ist strategisch platziert und in ihrer Funktion differenziert: 

  • Die zentrale Kieznische zwischen dem Block und dem südlich angrenzenden Baufeld bildet das soziale Herz
    des Stadtbausteins, mit einem öffentlichen Spielplatz und dem Hochpunkt als städtebaulichem Marker.
  • Eine nördliche grüne Nische verbindet das Quartier mit dem Grünzug beim Zwischenpumpwerk Lichtenberg.
  • Kleinere, nachbarschaftliche Nischen vernetzen das Quartier weiter mit dem Stadtteil.
  • Die Hertzbergstraße übernimmt zusätzlich die Funktion einer lebendigen „Mobilitätsnische“.

Diese Kieznischen machen aus dem Quartiersrand eine durchlässige, lebendige Struktur ohne Rückseiten.

Urbane Grünraumsequenz
Zwischen Neu- und Bestandsbauten entsteht eine urbane Freiraumsequenz, die als grünes Rückgrat des Quartiers funktioniert. Die Sequenz beginnt im Süden an der Vulkanstraße, springt in der Mitte in den Raum zwischen Bestand und Neubau und verläuft schließlich nördlich des Blocks wieder parallel zur Straße bis zur Landsberger Allee. Die Grünraumabfolge integriert vorhandene Baumstrukturen und bietet vielfältige Angebote: nachbarschaftliche Treffpunkte, Spiel- und Bewegungsflächen, grüne Verweilräume sowie sowie integrierte Flächen für Rettung und Entsorgung (z. B. Feuerwehr, Müll). Das Rückgrat verbindet alle Kieznischen miteinander und führt durch das gesamte Gebiet als ein durchgehendes landschaftliches Element.

Maßstäblichkeit und Hochpunkte
Die Gebäudestruktur ist maßstäblich gegliedert und reagiert sensibel auf den Bestand: Zeilen- und Blocktypen sind über Höhenstaffelung, Rücksprünge und Durchgänge differenziert. Der neue Hochpunkt mit 15 Geschossen markiert die zentrale Kieznische und bildet einen Orientierungspunkt im Quartier. Seine Position ist bewusst gewählt – an einer wichtigen Kreuzung des Fuß- und Radwegenetzes. Die übrigen Neubauten bleiben mit 7 bis 8 Geschossen maßvoll in der Höhe. Kopfbauten schließen die Zeilenbebauung ab und bilden lebendige Raumkanten statt tote Stirnseiten.

Gebäudetypen und Wohnformen
Die Bebauung basiert auf wenigen, sich wiederholenden und effizienten Typen, die sich zu einer differenzierten, aber kohärenten städtebaulichen Figur zusammenfügen. Die robuste städtebauliche Struktur ist flexibel teilbar, so dass eine kleinteiligere Umsetzung als dargestellt denkbar ist. Entlang der Vulkanstraße sind Laubengangtypen mit durchgesteckten Wohnungen geplant, so dass sich alle Wohnungen zu einer ruhigen Seite orientieren. Im Inneren des Quartiers sind Mittelgangtypen mit einseitig orientierten und durchgesteckten Wohnungen geplant. Im nördlichen Baufeld werden je zwei innenliegende Zeilen und zwei an der Vulkanstraße liegende Zeile über Eckgebäude zu einem Wohnblock zusammengefügt. An der Süd-Ost-Ecke ist ein Hochpunkt mit 15 Geschossen verortet. Die Wohnzeilen auf den zwei südlichen Baufeldern erhalten durch achtgeschossige Kopfbauten einen Abschluss. Die Wohnungen sind hier in drei Richtungen orientiert und sorgen so für lebendige Fassaden.
Untergeschosse sind auf das Notwendigste reduziert (Heizzentralen, Mieterkeller), um graue Energie zu minimieren. Alle Gebäude verfügen über gut belichtete, wirtschaftlich geschnittene Wohnungen, bieten Flexibilität für verschiedene Wohnformen und erzeugen ein wohnliches Maß zwischen großmaßstäblicher Struktur und menschlichem Maßstab. Entlang der Vulkanstraße aktivieren kleinteilige Gewerbe- und Dienstleistungseinheiten mit Quartiersbezug den Straßenraum. Gemeinschaftsbezogene Angebote wie Bildungs- und Nachbarschaftseinrichtungen sowie weitere soziale Infrastrukturen orientieren sich zu den Kieznischen und in den ruhigen Innenbereich; Fahrradräume sind direkt an den Erschließungskernen im Erdgeschoss verortet.

Freiraum
Der Freiraum setzt sich aus drei Bausteinen zusammen: der urbanen Grünraumsequenz, den Kieznischen sowie dem ruhigen Innenhof.
Das zentrale Element ist die vernetzende Freiraumsequenz, die wie ein grünes Band von Norden nach Süden durch das Quartier verläuft und vielfältige nachbarschaftliche Programme integriert. Das Grünband dient als übergeordnetes einheitliches Element für den unmittelbaren Aufenthalt der Anwohnenden. Gleichzeitig dient es als Puffer zwischen den Straßenräumen, der Bebauung und den Freiräumen. Neben Spiel-/Aktivitäts- und Aufenthaltsflächen sind dort zahlreiche Infrastrukturelemente integriert wie z.B. PKW-Stellplätze, UFC und Radabstell-
plätze. Kombiniert wird das Grünband mit den Treffpunkten der Nachbarschaft und dem übergeordneten Wegenetz für Rad und Fußverkehr.
Kieznischen ergänzen dieses Gerüst als Orte der Begegnung. Sie schaffen Eingangssituationen, bieten Spiel- und Aufenthaltsangebote und definieren Übergänge zum Bestand. Die neue Quartiersmitte bildet als zentrale Kieznische das Herzstück innerhalb des Freiraumbandes.
Der Innenhof im Block bietet private und gemeinschaftliche Rückzugsräume mit hoher Aufenthaltsqualität.
Durch die Kombination aus Hof, Kieznischen und öffentlicher Freiraumsequenz entsteht eine abgestufte Raumhierarchie mit klarer Orientierung und großzügiger Durchlässigkeit.

Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit ist ein integraler Bestandteil des Entwurfs und wird auf verschiedenen Ebenen umgesetzt. Der Städtebau ermöglicht eine effiziente Flächennutzung mit hoher Dichte und klarer Freiraumstruktur, die klimaresilient und ökologisch wirksam gestaltet ist. Entsiegelung, Baumerhalt und umfangreiche Neupflanzungen leisten einen aktiven Beitrag zur Klimaanpassung.
Alle Dächer der Neubauten werden als Gründächer ausgebildet und dienen dem Regenwasserrückhalt sowie der Verbesserung des Mikroklimas. Rund 60 % der Dachflächen werden mit Photovoltaik ausgestattet. Die Basiswärmeversorgung erfolgt vorrangig über die anliegende Fernwärme; ergänzend können Optionen wie oberflächennahe Geothermie oder Dachflächen-Luftwärmepumpen integriert werden. Die beiden Quartiersgaragen erhalten PV-Anlagen auf eigens vorgesehenen Pergolen. Ihre Dächer können zusätzlich für nachbarschaftliche Nutzungen wie Urban Gardening oder Sport aktiviert werden. Die kompakte Gebäudeform, ein günstiges A/V-Verhältnis und die Wiederholung weniger, effizienter Typologien schaffen gute Voraussetzungen für eine ressourcenschonende Realisierung – auch in Holz- oder Hybridbauweise. Damit wird ein Beitrag zu nachhaltigem, kosteneffizienten Wohnungsbau mit langfristiger Perspektive geleistet.
Der vorhandene Baumbestand wird als besondere Qualität des Quartiers gesehen. Da, wo es möglich war, wurde der Baumbestand berücksichtigt und sinnvoll in das Freiraumkonzept integriert und um zahlreiche Neupflanzungen ergänzt. Gleichzeitig wurde darauf geachtet, dass viele Aufenthaltsmöglichkeiten unter der Bestandspflanzung bzw. Neupflanzungen angeordnet sind, um Schattenbereiche zu generieren. Das Gebiet wird im Norden und Süden von Biotopen gefasst, die sich jeweils als Trittsteine für die übergeordneten Grünraumverbindungen eingliedern und sowohl der Retention, als auch als Habitate für verschiedene Fauna- und Flora-Arten dienen. Es wird eine hohe Entsiegelung (u.a. von ehemaligen Stellplatzflächen) angestrebt, um positive Effekte für Mikroklima und Retention zu erreichen. Auf eine Unterbauung von Freiflächen wird verzichtet.

Verkehr und Mobilität
Das Mobilitätskonzept zielt auf eine zukunftsfähige, flächensparende Organisation des ruhenden Verkehrs und fördert nachhaltige Mobilitätsformen. Die erforderlichen Stellplätze werden vollständig in zwei Quartiersgaragen untergebracht. Beide Garagen liegen südlich an der Herzbergstraße – in direkter Nähe zur dortigen Tramlinie – und bilden einen funktionalen Auftakt ins Quartier. Sie nehmen jeweils die Traufhöhe der angrenzenden Bebauung auf und sind so konzipiert, dass sie perspektivisch in Wohnnutzung transformiert werden können. Ein zusätzliches Paket ebenerdiger Stellplätze ist im nördlichen Bereich nahe der Landsberger Allee vorgesehen, um den angrenzenden Bestand zu versorgen. Barrierefreie Stellplätze sind dezentral im Freiraum in Gebäudenähe platziert. Für den Fahrradverkehr werden vielfältige, gut zugängliche Angebote gemacht: Fahrradstellplätze befinden sich in den Erdgeschossen der Neubauten und in den Quartiersgaragen. Ergänzend entstehen überdachte Pavillons an den Haupteingängen des Quartiers – u. a. im Norden an der Landsberger Allee und südlich an der Herzbergstraße –sowie kleinere Einheiten an weiteren Treffpunkten. Entlang der Vulkanstraße wird ein beidseitiger Radweg angelegt, der den neuen Quartiersrand durchgehend erschließt und an die Umgebung anbindet.