Erläuterungsbericht zum Wettbewerbsbeitrag
STÄDETBAU
Gegliedert in einzelne Lernhäuser, verbunden zu einer gemeinsamen Gesamtschule bildet der Baukörper auf der östlichen Spitze des Baufelds einen differenzierten, mit der Umgebung und dem Ufer verzahnten Auftakt zur Insel Gartenfeld. Die Sporthallen sind als eigener Baukörper an der westlichen Grundstücksgrenze angeordnet und spannen zusammen mit der Schule einen willkommen heißenden Vorplatz auf, der in die Schulfreiflächen nach Süden bis zum Ufer des Kanals weiterführt.
Schule und Sporthalle bilden ein aufeinander bezogenes Ensemble, welches immer klar umrissene Räume ausbildet und sich nach außen zum Stadtraum hin als zusammenhängende Gesamtfiguration zeigt.
Der in die einzelnen Cluster gegliederte Baukörper ermöglicht eine enge Verzahnung zum Grünraum entlang des Ufers und schafft durch seine Rücksprünge klar definierte Eingänge und Außenzonen. Der Haupteingang der Schule zum Vorplatz und der Zugang zum Verbundstandort zur öffentlichen Grünzone sind jeweils über einen solchen Bereich definiert, ebenso wie die Anlieferung und der Außenwerkplatz der Fachräume Werken.
Die Gliederung in einzelne Lernhäuser, verbunden zu einem gemeinsamen Ganzen folgt der Idee der Gesamtschule, in der die verschiedenen Altersgruppen innerhalb der Schule klar auffindbare, eigene Bereiche haben, die Schule als Ganzes jedoch mit einem gemeinsamen Eingang und einer gemeinsamen Haupterschließung die Idee der altersübergreifenden Gesamtschule ausdrückt. Alle Unterrichtsräume orientieren sich zu attraktiven Außenräumen.
FREIRAUM
Der Neubau des Gymnasiums auf der Insel Gartenfeld ergänzt die zahlreichen Wohnungsneubauprojekte in der Wasserstadt Berlin-Oberhavel und fügt sich harmonisch zwischen Wasser, Baumbestand und Neubauten ein. Die Freiflächen legen dabei einen großen Fokus auf sportliche Aktivität.
Im nordwestlichen Bereich befinden sich überdachte Fahrradständer, wo Schüler und Schülerinnen, Lehrkräfte und Besuchende ihre Fahrräder abstellen können. Am Eingang der Schule erwartet die Besuchenden ein multikodierter Vorplatz, der als Auftaktelement dient und Raum zum Ankommen, Verweilen und Spielen bietet. Zur Straße hin sind weitere Fahrradständer, die mit einem Gründach überdacht sind.
Die ankommenden Schüler und Schülerinnen sammeln sich morgens auf dem Vorplatz vor der Schule, vor dem auch der Bus hält. Dieser Platz soll ein öffentlicher Raum sein, der speziell den Jugendlichen einen sonst seltenen Freiraum für ihre Freizeit bietet.
Der Vorplatz geht nahtlos über in den Schulhof, der mit Baumhainen ergänzt ist. Die Bänke sind strategisch angeordnet, um Orientierung im Raum zu bieten und gleichzeitig einen Ort für Kommunikation zu schaffen. Im unteren Bereich des Schulhofs befindet sich ein grünes Klassenzimmer, sowie Ausstattungselemente, die zusätzlich zur Kommunikation auch das Spielerlebnis fördern. Das Grüne Klassenzimmer dient darüber hinaus der Umweltbildung und dem Umweltbewusstsein der Schüler und Schülerinnen.
In der Mitte des großen Schulhofs befindet sich als zentrales Element, der Chill-Bereich, der den Schülern und Schülerinnen in den Pausen ermöglicht, auf andere Gedanken zu kommen. Der Chill-Bereich ist mit dem Vorplatz, sowie dem Kommunikations- und Spielbereich verbunden. Ein Baumhain spendet dort im Sommer Schatten und liefert damit wichtige mikroklimatische Effekte.
Im Westen des Geländes befindet sich die Sportzone, die vom Schulhof abgetrennt ist. Das qualifizierte Kleinspielfeld ist mit Flutlicht beleuchtet, was eine Nutzung auch zu späteren Stunden ermöglicht. Unterhalb des Kleinfeldes liegt eine Gymnastik- und Sportwiese, sowie ein Kugelstoßbereich. Die Anordnung des Sportbereichs ermöglicht die Erhaltung vieler Bestandsbäume, die aufgrund ihres hohen Alters einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität und Verdunstung leisten. Der Sportbereich erstreckt sich im Süden des Areals weiter, wo sich ein Weitsprungkasten und eine Laufbahn befinden.
Oberhalb der Laufbahn ist der Schulgarten verortet, in dem gegärtnert werden kann. Dies stellt eine Ergänzung zum grünen Klassenzimmer als Erholungsfläche, Naturerlebnis- und Rückzugsraum dar.
Nordöstlich befindet sich der Außenbereich der Mensa, der die Anordnung des Schulgartens ergänzt und abrundet. Hier sind auch Fahrradständer zu finden. Die Anlieferung befindet sich auf der anderen Seite des Mensa-Gebäudes, wo ebenfalls, wie auf dem großen Vorplatz die Fahrradständer mit einem begrünten Dach geschützt sind.
Auf dem Schulgelände wurde die Versiegelung auf die notwendigen und häufigsten Laufwege beschränkt, während die restlichen Flächen mit durchlässigen Materialien regenwassersensibel gestaltet wurden. Insgesamt soll der Versiegelungsgrad möglichst geringgehalten werden, und ein großer Fokus liegt auf grüner Infrastruktur. Damit leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zur stadtklimatischen Verbesserung. Ein weiterer Aspekt ist der nachhaltige Umgang mit Regenwasser, das den Grünflächen nach dem Schwammstadtprinzip zugeleitet wird.
Der Entwurf für den Neubau des Gymnasiums auf der Insel Gartenfeld stellt eine durchdachte und nachhaltige Gestaltung des Schulgeländes dar. Die architektonische Planung integriert harmonisch verschiedene Elemente wie überdachte Fahrradständer, einen multikodierten Vorplatz, Baumhaine, Sportzonen, ein grünes Klassenzimmer und einen Chill-Bereich.
Insgesamt liefert der Entwurf nicht nur eine Idee für eine funktionale Schulumgebung, sondern auch einen Beitrag zu einem lebendigen, grünen Stadtteil mit positiven Auswirkungen auf die Umwelt und das Wohlbefinden der Schulgemeinschaft.
NUTZUNG
Die Nutzungen der Schule sind den Funktionsbeziehungen folgend auf 4 Obergeschossen untergebracht.
Im Erdgeschoss befinden sich neben dem Haupteingang, der zur großen Haupterschließung führt, der Verwaltungsbereich, Fachklassen, die Mensa und der Mehrzweckbereich, sowie der Verbundstandort, der direkt vom öffentlichen Raum einen eigenen, separaten Eingang besitzt. Der Verbundstandort ist so angeordnet, dass dieser als eigener, abtrennbarer Bereich funktioniert, aber ebenso in der Nähe des Mehrzwecksaals und den Fachräumen für Musik liegt, sodass diese Räume in Synergienutzung mitbenutzt werden können. Ebenso können die weiteren im Erdgeschoss liegenden Fachklassen für Kunst und Werken über den Verbundstandort mitbenutzt werden, der Schließkreis ist so gelegt, dass dabei nie die im Obergeschoss liegenden Compartments der Schule tangiert werden. Der Verbundstandort erstreckt sich mit eigener Erschließung vom Foyer in das 1. Obergeschoss.
Die Anlieferung bedient sowohl die Küche der Mensa als auch das Café des Verbundstandorts, bei Bedarf sind hier weitere Synergien zwischen Mensa und Verbundstandort möglich.
Die Obergeschosse sind alle nach dem gleichen Prinzip aufgebaut, wobei die einzelnen Gebäudeteile je nach Geschoss unterschiedlich belegt sind.
Die Compartments der Primarschule befinden sich im 1. und 2. Obergeschoss, die Compartments der Sekundarstufe erstrecken sich vom 1. bis in das 3. Obergeschoss, sodass sowohl ein enger Kontakt der Sekundarstufe 1 zu den jüngeren Schülern der Primarstufe, als auch ein eigener Bereich für die älteren Schüler der Oberstufe im obersten Geschoss entstehen kann.
Bibliothek, Fachklassen für Naturwissenschaften und IT sind ebenfalls in den Obergeschossen angeordnet.
Die Sporthalle ist als gestapelte Dreifeldhalle geplant, im Erdgeschoss befinden sich beim Zugang außerdem die Räume Für Fitness und Jugend.
ARCHITEKTUR UND MATERIALISISERUNG
Die Architektur nimmt Bezug auf die industrielle Geschichte des Ortes, sowohl in ihrer Materialisierung mit Backsteinsockel aus recyclierten Steinen, als auch in ihrer volumetrischen Ausformulierung mit Sheds sollen Bezüge zur Charakteristik des Ortes aufgebaut werden, und dabei dennoch einen eigenständigen, zukunftsgewandten Lernort entstehen lassen. Das Erscheinungsbild der Fassaden transportiert die innere Logik nach außen, die Gliederung der Fassaden zeigt die innere Holzstruktur und ist mit einer Metallverkleidung gegen Wetter geschützt, die als horizontale Bänder die städtebauliche Volumetrie unterstreichen.
STRUKTUR UND FLEXIBILITÄT
Im Sinne einer hohen Flexibilität muss die Struktur entwicklungsfähig sein. Die Raumstruktur ist daher nutzungsunabhängig als offenes Gerüst in einer robusten Konstruktion mit maximal möglicher Flexibilität ausgelegt. Tragstruktur, Ausbau, Technik und Möblierung funktionieren als nach Lebensdauer getrennte Systeme, und können variabel auf Veränderungen reagieren. Technik wird, wenn möglich offen geführt und kann unabhängig erneuert werden.
Das Tragwerk bildet mit der längsten Lebensdauer einen robusten Rahmen ähnlich einer permanenten Infrastruktur, wirkt jedoch nicht generisch sondern bekommt durch die städtebauliche Grunddisposition und die sichtbar gestaltete Konstruktion einen hohen Identität stiftenden Charakter, das Tragwerk soll raumbildend erlebbar sein.
Die Tragstruktur ist als robuste flexible Raumstruktur als Holz-Hybrid mit regelmäßigem Tragraster von 8,4 x 8,4m Spannweite aufgebaut, nach einem durchgehenden Ausbauraster von 1,4m bzw. 2,8m. Zwischen den Holzstützen spannen Primärträger als BSH, mit alternierend ausgerichteten Sekundärbalken und Betonfertigteilen als Deckenelemente. Auf diese Weise können alle Träger gleich belastet und die statische Höhe der Primärträger optimiert werden.
Diese Struktur zieht sich durch das gesamte Schulgebäude, eine Abwandlung davon bildet der Baukörper der Sporthalle, hier wird das Tragraster auf 7,4m x 8,4m reduziert, um optimal auf die Abmessungen der Sporthalle zu reagieren.
Nur die erdberührten Bauteile und die Träger der Sporthalle und des Mehrzwecksaals sind als Betonkonstruktion mit möglichst hohem Recyclinganteil geplant.
WIRTSCHAFTLICHKEIT
Robuste und langlebige Materialien, sowie die modular aufgebaute Gebäudestruktur in Holzbauweise ermöglichen einen hohen Grad an Vorfertigung mit hohem Wiederholungsfaktor, und damit einen schnellen, effektiven und somit wirtschaftlichen Bauprozess.
Auf unterirdische Bauteile wird verzichtet. Die Flexible Grundstruktur, konsequente Systemtrennung nach Lebensdauer und robuste Materialien versrechen sparsame Betriebskosten und eine lange Lebensdauer der Gesamtstruktur.
TECHNIK UND ENERGIE
Haustechnik soll auf das nötigste reduziert werden. Das Technikkonzept setzt auf passive und natürliche Maßnahmen: Durch die Perforation von Einschnitten und Innenhöfen können die meisten Bereiche natürlich belüftet und belichtet werden und über Querlüftung und Nachtluftspülung mit Frischluft versorgt werden.
Dabei wird die thermische Speichermasse der Massivholzstruktur und der zur Raumluft offenen Betondecken aktiviert. Zusätzlich sorgt eine CO2 gesteuerte mechanische Belüftung für den nötigen Luftwechsel und bildet somit ein hybrides Lüftungskonzept. Nötige Technik ist zentral angeordnet und wird verteilt über Erschließungsschächte und in den Geschossen horizontal verteilt. So kann unabhängig vom Ausbau und Tragstruktur verändert oder erneuert werden.
Außenliegender Sonnenschutz und in Zusammenspiel mit thermischer Speichermasse der Konstruktion und Nachtluftspülung verhindern ein Überhitzen der Räume im Sommer. Das Dach soll mit PV Elementen belegt sein, um die große Dachfläche auch energetisch zu aktivieren. Die PV Anlage auf den Dächern deckt mehr als den Eigenstrombedarf.
BRANDSCHUTZ
Klar abtrennbare Cluster als Brandschutzcompartments, sowie jeweils zwei vorhandene Fluchtwege in entgegengesetzten Richtungen mit 1. Fluchtweg über ein direkt dem Compartment zugeordneten Treppenhaus stellen ein unkompliziertes und effektives Brandschutzkonzept dar, ohne die Nutzung oder Flexibilität einzuschränken. Die Holzkonstruktion ist den Brandschutzanforderungen entsprechend dimensioniert. Die Metallverkleidung der Fassadenbänder dient als horizontaler Brandriegel zwischen den Geschossen.
NACHHALTIGKEIT
Ein nachhaltiges Gebäude zeichnet sich einerseits durch den ressourcenschonenden Bau und Betrieb und niedrigen Energieverbrauch, anderseits durch langfristige Nutzungsflexibilität und durchdachte, nach Lebensdauer getrennte Systeme sowie die Komponente soziale Nachhaltigkeit aus:
Der Einsatz von robusten, natürlichen Materialien und nachwachsenden Rohstoffen sorgt für behagliche Atmosphäre und niedrige Unterhaltskosten, unterstützt durch passive Low Tech Maßnahmen des Haustechnik- und Energiekonzepts. Zusätzlich bietet sich eine energetische Symbiose mit vorhandenen Energieträgern der Umgebung, PV auf dem Dach sowie Regenwassernutzung an. Das Ausbauraster ermöglicht flexible Raumaufteilungen und bildet eine hohe Nutzungsflexibilität. Auf diese Weise kann die Grundstruktur des Gebäudes auch in Zukunft flexibel und zusammen mit sich ändernden Nutzungskonzepten mitwachsen. Der weitestgehende Erhalt von bestehenden Bäumen und das vielfältige Angebot im Außenraum auch für das Quartier und darüber hinaus tragen auch langfristig zur Akzeptanz bei.
BARRIEREFREIHEIT
Alle Geschosse sind barrierefrei erschlossen und nutzbar. Dies betrifft nicht nur die stufenfreie Zirkulation über Lifte, sondern auch die Anordnung von barrierefreien Nasszellen und dem besonderen Augenmerk auf eine gleichwertige Nutzererfahrung auch für eingeschränkte Menschen im Außenraum.