Baumschlager Eberle Architekten

Erläuterungsbericht zum Wettbewerbsbeitrag

Außenbereiche und Adressbildung zur Rhenaniastraße

Das Gymnasium Rhenaniastraße ist Teil eines neu entstehenden Stadtquartiers. Ziel des übergeordneten städtebaulichen Entwurfs ist die Schaffung eines von Wohnbebauung gerahmten Stadtparks. Das Schulgebäude belegt das Richtung Osten orientierte Baufeld der neuen Randbebauung. Ein differenzierter Baukörper soll den vielschichtigen Anforderungen des Grundstücks am Quartierseingang Rechnung tragen.
In Richtung Rhenaniastraße bilden die viergeschossigen Gebäudeteile des Gymnasiums die stadträumliche Fortsetzung der angrenzenden kompakten Wohnbebauung. Auch zum Blockinneren werden durch das Gebäudevolumen eindeutige Raumkanten gebildet. An der Nordostecke des Grundstücks formuliert der Neubau mit vier Geschossen den markanten Auftakt des neuen Stadtquartiers. 
Die gegliederte Gebäudefigur verzahnt sich mit der Umgebung. Die verschiedenen Außenräume werden durch die Gebäudewinkel räumlich gefasst und eindeutig definiert. Richtung Rhenaniastraße entsteht durch den Gebäudeversatz ein einladender Vorplatz als Entree mit klarer Adressbildung. Richtung Südwesten werden die Pausen- und Sportflächen angeordnet und die außenräumliche Verbindung zum zentralen Quartierspark geschaffen.

Die Sporthalle als zweigeschossiger Baukörper  vermittelt mit ihrer geringeren Gebäudehöhe zwischen dem Schulgebäude, dem Grünraum des Parks und den östlich gelegenen Kleingärten.
Die Staffelung und Verschränkung der einzelnen Gebäudeglieder sorgt für eine maßstäbliche Einordnung der Schule in die umgebende Bebauung. Durch die kompakte Bauweise können ein Großteil des Baumbestands und insbesondere die zwei besonders schützenswerten Stiel-Eichen im Zentrum des Grundstücks erhalten bleiben.

Gebäudeorganisation

Die Funktionen im Gebäude sind klar gegliedert. Im Erdgeschoss werden die Gemeinschaftsräume, die Fachräume und die Verwaltung angeordnet. Der zentral gelegene und transparent gestaltete Raumverbund von Mehrzweckbereich mit Mensa und Aula ist vielfältig schaltbar und verbindet den Vorplatz mit den südwestlich gelegenen begrünten Pausenbereichen. 
Die Haupterschließung mit einer großzügigen Treppe befindet sich in direkter Nachbarschaft zum Foyer und dem Eingangsbereich. Die gut auffindbare und gut belichtete Haupterschließung im Gebäudezentrum verbindet die Geschosse miteinander. Die Compartments des allgemeinen Unterrichts in den Obergeschossen befinden sich als eigenständige Raumeinheiten in direkter Nachbarschaft zur Vertikalerschließung. Die Sporthalle ist im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss mit dem Schulgebäude verbunden. Im 1. Obergeschoss sorgt eine Zuschauergalerie für zusätzliche Blickbeziehungen und räumliche Verknüpfungen zwischen Schule und Sporthalle.
Das Gebäude wird ohne Unterkellerung erstellt. Die Haustechnikflächen befinden sich im Erdgeschoss und teilweise auf dem Dach.

Das Compartment

Die verschiedenen Räume eines Compartments sind in einer Raumgruppe organisiert. Die einzelnen Beziehungen der Räume zueinander sind genau abgestimmt. Neben den eigentlichen Stammgruppen- und Teilungsräumen kommt dem Forum als erweiterte Flurfläche eine große Bedeutung zu. Es ist der Ort zwischen und neben dem klassischen Unterricht und kann verschiedene Funktionen übernehmen. Es ist Lernraum, Kommunikationsbereich Aufenthalts- und Pausenzone und Erschließungsfläche zugleich. Von hoher Bedeutung ist somit die Qualität dieses Bereiches. Durch die großzügigen bodentief geöffneten Loggien kann viel Tageslicht in die Mitte des Compartments gelangen, zugleich ist durch die wechselseitige Anordnung der Loggien ein guter Luftwechsel und Außenraumbezug gewährleistet.
Durch die zentrale Anordnung des Teamraums haben die Lehrer und Lehrerinnen einen guten Überblick über die gesamte Raumgruppe und die Flurbereiche. Mobile Trennwände und transparent gestaltete Trennwände sorgen für eine offene Raumatmosphäre und gute Interaktion zwischen den Lehrern und Schülern in allen teilen des Compartments.  Gleichzeitig besteht aber auch die Möglichkeit der Abtrennung einzelner Räume um eine konzentrierte Arbeit zu ermöglichen. Das Forum ist in zwei Zonen gegliedert. So  bietet sich die Möglichkeit weiterer differenzierter räumlicher Zuordnungen. Die Fläche eines Compartments wird auf 800 qm beschränkt. Die direkte Zuordnung des 1. Rettungsweges mit Zugang auf die außenliegende Fluchttreppe eröffnet die Möglichkeit, die Flurbereiche zu möblieren und vollwertig als Lern- und Aufenthaltsbereiche pädagogisch zu nutzen.

Sporthalle

Die Sporthalle wird als Dreifach-Sporthalle geplant. Die direkte Anbindung an die Schule gewährleistet eine witterungsgeschützte Anbindung schafft und kurze Wege . 
Zur Rhenaniastraße sorgt ein separater Zugang für eine gute Erreichbarkeit für externe Nutzer.  Die Umkleiden im Obergeschoss sind mit Oberlichtern in der Dachebene natürlich belichtet und belüftet. Die Belichtung der Hallenfläche erfolgt über ein Fensterband über die gesamte Länge der Südwestfassade der Sporthalle.
In der Anmutung und Materialität der Fassade gleichen sich die Sporthalle und Schulfassade. 

Freiraumkonzept

Der Hauptzugang in Richtung der Rhenaniastraße wird über den großzügig bemessenen und einladenden Vorplatz ermöglicht. Pflanzinseln mit Sitzbänken begleiten die Zugangssituation und bieten Aufenthaltsqualität und Schatten. Der kleinformatig gepflasterte Vorplatz bildet im Zusammenspiel mit der westlich gelegenen Wohnbebauung die städtische Adresse der Schule zum Quartier. Durch das Zurückweichen des Gebäudes von der Rhenaniastraße können zahlreiche Bestandsbäume im Bereich des Vorplatzes erhalten werden.
Richtung Südwesten zum Quartierspark orientieren sich die großzügig begrünten Pausenbereiche und das Kleinspielfeld. Der Pausenhof verzahnt sich mit der Parkanlage und definiert die Schuladresse Richtung Grünraum. Die kompakte Gebäudekonfiguration macht den Erhalt der beiden Stiel-Eichen südlich der Sporthalle möglich.
Die Stellplätze für mobilitätseingeschränkte Personen werden in unmittelbarer Nähe zum Haupteingang angeordnet. Die Fahrradstellplätze befinden sich entlang des Vorplatzes und im Zugangsbereich der Sporthalle. Der Schulgarten befindet sich östlichen Grundstücksrand und ist in Obst,-Kräuter- und Gemüsegarten gegliedert. Die Gymnastikwiese wird Richtung angeordnet. Das Oberflächenwasser in den Freianlagen wird über ein offenes Mulden- und Rigolensystem in den Vegetations- und Rasenflächen auf dem Grundstück versickert.

Brandschutz Konzept

Vorrangiges Ziel des Brandschutzkonzepts ist die optimale Nutzung der Flurzonen der Compartments als Lernbereiche, Aufenthaltsflächen und pädagogische Nutzfläche. Durch die Bildung von Nutzungseinheiten mit einer maximalen Größe von 800 qm  und der direkten Zuordnung von zwei voneinander unabhängigen Rettungswegen werden die Flurzonen und Foren der Compartments möblierte Lernflächen. Der erste Rettungsweg führt über eine  Loggia in das außenliegende Treppenhaus.  Den zweiten Rettungsweg bildet das zentrale Treppenhaus mit seinem direkten Ausgang ins Freie im Erdgeschoss. 
Durch die beidseitige Zugänglichkeit und günstige Lage des zentralen Treppenhauses  sind die Rettungswege effizient gestaltet und ein Fluchtwegekonzept ohne Bypass-Lösung möglich. Die zentrale Treppe ist feuerbeständig zu den angrenzenden Bereichen abgetrennt. Die untergeordneten Räume wie WC-Räume usw. sind brandlastarm und müssen daher nicht unbedingt vom Foyer-Treppenhaus feuerbeständig abgetrennt werden.
Im Erdgeschoss wird insbesondere aus den großen Versammlungsräumen von Mensa und Mehrzweckraum über die notwendigen Ausgangsbreiten die Entfluchtung ins Freie ermöglicht.

Die Sporthalle verfügt im Obergeschoss über zwei Treppenhäuser , die aus dem Umkleidebereich im Obergeschoss direkt ins Freie führen. Im Erdgeschoss bilden zwei Ausgänge auf Hallenebene  die Entfluchtung der drei Spielfeldflächen. In der Halle kommt eine flächendeckende Brandmeldeanlage und Trennvorhänge mit Schlupftür zum Einsatz. Alle Wände und Decken werden aus nicht brennbaren Materialien geplant. Zwischen Sporthalle und Schulgebäude wird eine durchgehende Brandwand angeordnet.

Konstruktion, Tragwerk

Der Neubau des Gymnasiums wird in Holz-Hybrid-Bauweise geplant. Ein schlankes und dauerhaftes  Skelett aus Stahlbetonstützen und Stahlbetonunterzügen spannt in einem Raster von 8,40 x 8,40 m. In einzelnen Bereichen wird das Raster auf 4,20 x4,20 m reduziert.  Die Holz-Hybrid-Decken spannen über 8,40m im Verbund einer Stahlbetonschicht und mehrlagigen Brettsperrholztafeln. Durch den Deckenaufbau werden die hohen Akustikanforderungen erfüllt und es kann auf eine Schüttung verzichtet werden.  Die Decken liegen auf vorgespannten Stahlbetonträgern.  Die Stützen werden aus Recyclingbeton mit hoher Sichtbetonqualität als Fertigteil vorproduziert. Durch den optimalen Einsatz der verschiedenen Baustoffe lassen sich große Spannweiten bei gleichzeitig geringem Eigengewicht der Konstruktion realisieren. Für Raumtrennwände und die Fassadenbrüstungen werden vorgefertigte Holzwerkstoffplatten verwendet.
Das Tragwerk folgt der Zielsetzung eines klaren und durchgängigen Lastabtrags. Die tragenden Bauteile laufen bis zur Gründung durch. Das regelmäßige Tragwerk ermöglicht spätere Flexibilität bei Umnutzungen oder Grundrissänderungen. Die Aussteifung des Gebäudes erfolgt über die Stahlbetonkerne und aussteifende Wände an den Gebäudeenden. Die Gründung erfolgt als Flachgründung auf einer tragenden Bodenplatte mit einer umlaufenden Frostschürze. 
Durch die gleichmäßige Gliederung des Gebäudes kann die tragende Struktur in konstanten Abständen und sich wiederholenden Modulen sehr effizient errichtet werden. Die Grundrissaufteilung lässt sich beliebig anpassen und bleibt langfristig flexibel nutzbar.  Alle tragenden Bauteile sind als Fertigteile vorgesehen. Der hohe Vorfertigungsgrad führt zu einer verkürzten Bauzeit, Terminsicherheit und zu hohen Ausführungsqualitäten der Elemente. Die regelmäßige Struktur des Tragwerks im Inneren wird als gestaltgebendes Mittel bis in die Fassade fortgesetzt und prägt die Anmutung des Gebäudes.

Die Konstruktion der Sporthalle ist geplant als Stützen-Riegel-Konstruktion mit in Einzelfundamenten eingespannten Fertigteilstützen und Brettschichtholzbindern im Raster von 4,50m. Die Dachdecke ist als Holzstapeldecke geplant. Ihre Statik ist so bemessen, dass sie die Zusatzlasten aus einer extensiven Begrünung sowie einer Phototovoltaik-Anlage aufnehmen kann. Die Träger spannen über eine Länge von 22m, der Trägerabstand beträgt 4,50m.  Der Fassadenaufbau der Sporthalle folgt dem Prinzip der Schule.

Haustechnikkonzept

Heizung
Ziel des Entwurfs ist ein geringer Primärenergieverbrauch. Für die Betriebs- und Unterhaltskosten werden regenerative Energien in das architektonische Konzept integriert.
Die Wärmeversorgung soll über die im Bereich der Daumstraße/Plauer-See-Straße im Zuge der Entwicklung des Quartiers Waterkant geplanten quartiersübergreifende Energiezentrale erfolgen.  Für das Gebäude wird ein homogenes Flächenheizsystem im Niedertemperaturbetrieb vorgesehen, dadurch wird zum einen der Erzeugungsaufwand minimiert und zum anderen die Beheizung auf den Aufenthaltsbereich konzentriert. Durch die homogene Wärmeabgabe verbessert sich zusätzlich die Behaglichkeit in den Unterrichtsräumen. Die Nasszellen sind jeweils dezentral im Schulgebäude entsprechend den Klassen- und Gruppenräumen zu-geordnet und über die Geschosse übereinander geplant. Die hierfür notwendige mechanische Be- und Entlüftung erfolgt über kleine, dezentral angeordnete Lüftungsgeräte mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung auf dem Dach.

Lüftung
Entsprechend der BSO-Standards werden alle Räume natürlich be- und entlüftet. In bestimmten Räumen ( Mensa / Mehrzweckraum , Umkleiden, lärmbelastete Räume ) werden lüftungstechnische Anlagen ohne Kühlung oder Befeuchtung vorgeschlagen. Die entsprechend der BNB-Anforderungen mittlere Raumluftqualität nach DIN sowie die mittlere CO2-Konzentration innerhalb einer Unterrichtsstunde maximal 1.000 ppm wird eingehalten. Vor diesem Hintergrund wird ein Hybrid-Lüftungskonzept vorgeschlagen. Dabei werden die Klassenräume in der Heizperiode maschinell belüftet, um die Grundlüftung sicher zu stellen. In den Pausen wird zur Entlastung der RLT die Stoßbelüftung über Fenster ermöglicht. So können ein Großteil der Lüftungswärmeverluste über Wärmerückgewinnung in der Lüftungsanlage genutzt und der Strombedarf für den Betrieb auf ein Minimum reduziert werden. Es werden kurze Kanalwege zur Minimierung des Strombedarfes für die Luftbeförderung geplant. Die lichten Raumhöhen für die Installation möglicher Zu- und Abluftleitungen sind gewährleistet.

Beleuchtung
Ein hoher Tageslichtfaktor soll über natürliche  Belichtung erreicht werden. Das Maß an künstlicher Beleuchtung wird durch energiesparende und langlebige LED-Leuchten eingesetzt. Die Beleuchtung der Compartments soll dimmbar gestaltet werden, um unterschiedlichen Unterrichtssituationen gerecht zu werden. Um eine weitere Reduzierung der elektrischen Leistungsaufnahme und damit auch der Wärmeabgabe zu erreichen, werden in den Hauptnutzräumen sowie in der Sporthalle tageslichtadaptive Lichtstärkenregelungen vorgesehen. Präsenzmelder sorgen für die Lichtsteuerung in Sanitärräumen, Fluren, Lagerräumen und sonstigen Nebenräumen. Eine schlanke Gebäudeautomation ermöglicht einen bedarfsgerechten Betrieb und trägt zu einem hohen Nutzungskomfort bei.