ROBERTNEUN™ ARCHITEKTEN GMBH

Heinrich-Hertz-Gymnasium Visualisierung Außenansicht

Architekten:
ROBERTNEUN™ ARCHITEKTEN GMBH

Landschaftarchitekten:
A24 Landschaft / AK Berlin

Technische Gebäudeausrüstung:
Pichler Ingenieure Robert Hartfiel

Erläuterungsbericht zum Wettbewerbsbeitrag

Schule in der Stadt

Ein öffentliches Gebäude an einem sehr öffentlichen Ort mit vier sehr unterschiedlichen Seiten.
Vorne die Großstadt, hinten ein idyllischer Grünraum, seitlich massive Nachbarn. Das Grundstück zu klein für ein Gebäude und die vielen und so wichtigen Außenflächen.
Unser Konzept sieht ein Stadtobjekt zwischen den beiden hohen Nachbarn vor, als eigenständiges Objekt in der Abfolge. Die Terrassierung vermittelt zwischen dem grünen hinten und dem urbanen vorne, und schafft die Außenflächen als Weg auf dem Haus. Der Zwischenraum zwischen den massiven Nachbarn wird zu einem differenzierten Schulhof mit vielfältigem Angebot. Der Außenraum wird so Teil jedes Geschosses, Teil des Hauses, Teil der Compartments.
Eine zweite Erschließung im Inneren verfolgt als Raumabfolge kleiner Hallen eine analoge Strategie zu den Außenanlagen.
Auch die Erschliessung wird Teil der Schule, Teil der Compartments, in dem sich die Hallen dezentral zuordnen lassen und zugleich einen zusammenhängenden Erschliessungsraum – eine Werkstatt bilden.
Die gewünschte Flexibilität (reine Compartmentschule vs. teilweise Homebase) findet Form in der Dualität aus innerer Erschließung als Raumabfolge und äußerer terrassiertem Schulhoflandschaft als aneignungsfähige Räume, als Teil des alltäglichen Lernens und Kommunizierens, als Identität dieser neuen Schule.

Freiluftschule

Inspiriert von den Freiluftschulen bietet die Terrassierung des Baukörpers die Möglichkeit die Schule direkt ins freie zu öffnen. Über die mehrere Dachterrassen erweiterst sich eine vielfältige Lernlandschaft, wo Lernen, Experimentieren, Entdecken, Spielen und auch Erholen möglich sind.

Eingang und Erdgeschoss

Der Haupteingang des neuen Heinrich – Hertz Gymnasiums befindet sich an der südöstlichen Ecke des Geländes; ein natürlicher Treffpunkt und Zugang zum Gelände. Der Eingang des Gebäudes ist durch einen zweifach hohen Raum mit Sitzgelegenheiten und Fahrradabstellplätzen gekennzeichnet. Von hier aus gelangen die Schüler:innen entweder in die Schule oder auf die Dachterrassen.
Beim Betreten des Gebäudes gelangen Schüler:innen und Besucher:innen in einen großen offenen Raum, der für Ausstellungen und Versammlungen konzipiert ist, mit einer großen Tribüne, die als zentraler Treffpunkt für alle Schüler:innen und Lehrer:innen fungiert. Bei der Ankunft haben die Schüler:innen freie Sicht auf das Gewächshaus auf dem Dach, was den Status des Gebäudes als naturwissenschaftliche Fachschule weiter unterstreicht.
Mehrzweckraum und Cafeteria sind als Schalträume konzipiert, die je nach Bedarf kombiniert, getrennt oder unterteilt werden können. Der Mehrzweckraum schließt direkt an die Musikabteilung an und ist in Sichtweite zur Tribüne ein idealer Ort für Schulaufführungen oder Vorträge mit dem Biotopgarten als Kulisse oder Freiraum.

Innenraumkonzept

Organisatorisch sind die Compartments mit den fachwissenschaftlichen Räumen im 1. und 2. Obergeschoss angesiedelt, wodurch das wissenschaftliche Thema für Ankommende und Außenstehende noch stärker betont wird. Die anderen Compartments wurden in den oberen Geschossen angeordnet und gruppiert, um maximale Anpassung und Flexibilität zu ermöglichen. Primarstufe und Biologie Compartment finden sich an dem 1. Obergeschoss um eine direkte Ausgang in den grünen Hof zu ermöglichen. Jedes Compartment ist so konzipiert, dass jedes Klassenzimmer großzügig mit natürlichem Licht versorgt wird. Der Raum zwischen den Klassenzimmern ist nicht als Abfolge von Korridoren konzipiert, sondern als weitere Lernlandschaft mit Nischen, Aufweitungen, Sitzgelegenheiten, Bücherregalen und Besprechungsräumen.
Jedes Obergeschoss hat eine Dachterrasse, die thematisch unterschiedlich sind: Biologie Biotop und Veranstaltungsraum im 1.OG, Physik und Astronomie im 2.OG, wilder grüner Garten für Sprachen im 3.OG, Mathe und Kunst im 4.OG und Schulgarten zusammen mit Bolzplatz im 5.OG. In jedem Geschoss bekommt ein Fachraum einen direkten Ausgang zu der Terrasse und wird durch eine Möglichkeit für lernen in Freiluft erweitern. Ähnlich bekommen auch die Foren durch Falttüren eine direkte Verbindung mit den Dachterrassen.
Die Foren sind physisch und pädagogisch mit dem zentralen Erschließungsraum verbunden. Dadurch bildet in der Mitte des Schulgebäudes eine aktive informelle Lernlandschaft und Treffpunkt – eine Werkstatt. Die Werkstatt hat teilweise Doppel- und Tripelgeschosshöhe, so dass auch höhe Luftraum brauchende Experimente frei in der Mitte des Schulgebäudes stattfinden können. Zusätzlich zu Lern- und Experimentfläche wird die Werkstatt auch für Ausstellungen und Veranstaltungen genutzt und bildet das Herz der Schule.

Freianlagen

Durch die begrenzte Verfügbarkeit an ebenerdigen Freiflächen verteilen sich Teile der Pausenflächen auch auf die gestaffelten Dachterrassen der Schule. Im Erdgeschoss werden die Eingangssituationen ausformuliert und funktionale Anforderungen wie Stellplätze und Müll untergebracht. Die Freiflächen mit natürlichem Bodenanschluss werden als Naturerlebnis- und Bewegungsräume mit dichter Vegetation ausgebildet. Sie führen die parkartige Kulisse der durchgrünten Innenhöfe fort, in die sich der Schulbau einbettet. Der naturwissenschaftliche Anspruch des Heinrich-Hertz-Gymnasiums drückt sich auch in der Gestaltung der Freiflächen mit vielfältigen Experimentierobjekten, Freiluftklassen und einer hohen Biodiversität aus.
Entsprechend der Positionierung des Baukörpers in einem städtebaulich äußerst heterogenen Umfeld werden die Freiflächen rund um das Schulgebäude differenziert ausgebildet.
Die südliche Vorzone mit Orientierung zu Ostbahnhof und neu geplantem Rathausforum erhält einen öffentlichen Auftakt. Der Baukörper greift die Kante des westlich angrenzenden Baukörpers auf und schafft einen angemessen proportierten urbanen Stadtplatz. Ein Teil der vorhandenen Pappelreihe wird erhalten und in die neue Platzgestaltung in großzügigen Pflanzinseln integriert. Flankierende Sitzelemente aus Beton schaffen ungezwungene Aufenthaltsbereiche für Schüler und Passanten. Es entsteht ein neuer Treffpunkt im Stadtgefüge. Die Platzfläche aus einem durchgehenden Plattenbelag zieht sich bis in den überdachten Hauptzugang im Südosten und schafft einen witterungsgeschützten Ankunfts- und Aufenthaltsbereich. Ein Paket aus 136 Fahrradstellplätzen stärkt den zentralen Ankunftsort und schafft eine Distanz zu den angrenzenden Erdgeschossnutzungen.
Entlang der östlichen Gebäudeseite an der Straße An der Pariser Kommune wird ein Großteil der funktionalen Anforderungen gebündelt. Diese sind von der Straße gut andienbar. Hier werden in Eingangsnähe vier Kfz-Behindertenstellplätze und weitere 40 Fahrradstellplätze verortet. Der eingegrünte Müllplatz befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Mensaküche. Der Bodenbelag erhält versickerungsfähige Rasenfugen. Der ausgewachsene straßenbegleitende Baumbestand wird weitestgehend erhalten und stärkt die grüne Kulisse. Der südliche Vorplatz und die östlichen Stellplatzflächen sind nicht Teil des umzäunten Schulhofes. Die Bewegungs- und Aufstellflächen für die Feuerwehr werden straßenseitig auf den öffentlichen Flächen rund um das Grundstück vorgehalten und erlauben eine Andienung in weniger als 50m Entfernung zur Fassade.
Die Verschiebung des Baukörpers des Heinrich-Hertz-Gymnasiums nach Süden auf Höhe der angrenzenden Bauflucht ermöglicht einen großzügigen, zusammenhängenden Schulhofbereich im Norden des Grundstücks. Der enge Bezug zum nördlich angrenzenden, stark durchgrünten Innenhof wird aufgegriffen und dient als Leitmotiv für die urbane Wildnis. Die bewegte Topographie schafft einen Ort, der sich nicht gleich auf den ersten Blick erschließt und somit zum individuellen Entdecken und für alltägliche Abenteuer einlädt. Der naturnah gestaltete Schulhof versteht sich mehr als urbaner Garten mit pädagogisch wertvollen Flächen für Bewegung und freies Spielen.
Der Schulhof unterteilt sich in dichtere und offenere Teilbereiche mit einer klaren Zonierung in Aufenthalts- und Bewegungsflächen sowie vielfältige individuelle Rückzugsräume. Aktivinseln zur sportlichen Betätigung mit Tischtennis, Streetball, Boulder- und Parcourelementen wechseln sich ab mit dichtem Grün. Die urbanen Gestaltungselemente stehen in bewusstem Kontrast zur wilden Natur. Eingestreute Bewegungs- und Experimentierstationen fördern das eigenständige Entdecken und Lernen in Kleingruppen. Die interaktiven Objekte setzen sich auf zeitgemäße Art mit Themen der Ökologie, Artenvielfalt und Klimawandel auseinander. Natürlichen Materialien wie Holz und Kies werden bevorzugt.
Ein dichter Saum aus Gräsern, Strauchpflanzungen und Farnen fasst den Schulhof und blendet den umgebenden Straßenraum und die Schulhofeinfriedung aus. Dadurch werden wertvolle Lebensräume für bodenbrütende Vogelarten und andere Kleintierarten geschaffen. Auf eine insektenfreundliche Pflanzenauswahl wird geachtet. Gehölzneupflanzungen aus heimischen Baumarten, wie Birke, Erle, Esche und Weide überspielen den Schulhof und sorgen für ausreichend schattige Bereiche.
Die westliche Flanke entlang der öffentlichen Passage zwischen Schule und ehemaligem Kaufhofgebäude erhält eine grüne Pufferzone mit Vegetationsflächen. Das Motiv aus dem nördlichen Schulhofbereich mit einer bewegten Landschaft und inselartig bepflanzten Erdkörpern wird weitergeführt, ein schmaler Kiesweg erlaubt eine informelle Durchwegung. Auf Höhe der nordwestlichen Gebäudeecke unterbricht ein platzartiger Bereich den grünen Saum und betont den Nebeneingang zu Mensa und Musikräumen. Hier werden 60 Fahrradstellplätze verortet. Gleichzeitig wird so die Ost-West-Querspange über den Schulhof gestärkt. Durch den Rücksprung der Erdgeschossfassade erhält die Mensa einen überdachten Außenbereich mit mobiler Bestuhlung.

Regenwassermanagment

Teilweise begrünte Schotterflächen durchziehen die Hügellandschaft und schaffen sanften Übergänge zwischen befestigten und begrünten Flächen. Gleichzeitig wird so die Versickerungsfähigkeit des Bodens unterstützt. Das modellierte Bodenrelief erlaubt die Zwischenspeicherung und Retention von Regenwasser. Ein Feuchtbiotop mit charakteristischen Wasser- und Uferpflanzen schafft einen didaktisch wertvollen Ort im Sinne eines grünen Klassenzimmers.
Die Versickerung erfolgt über dezentral angeordnete unversiegelte Grünflächen im Erdgeschoss. Bereits auf Dachebene wird Regenwasser zurückgehalten und abgepuffert. In Mulden werden temporäre Anstauflächen bei Starkregenereignissen geschaffen. Unterirdischen Rigolen, insbesondere auch im Vorplatzbereich, sorgen für die Zwischenspeicherung von Regenwasser aus der Dachentwässerung und Versickerung vor Ort. Die Verdunstungskühlung im Außenraum unterstützt die Temperaturregulierung. Der hohe Entsiegelungsgrad der Freiflächen kompensiert den großen Fußabdrucks des Baukörpers.

Dachflächen

Die begehbaren Dachflächen sind Teil des Schulhofs und verstehen sich als Erweiterung der Innenräume. Dementsprechend werden Themen mit einem engen Bezug zu Lerninhalten den jeweiligen Etagen zugeordnet. Die individuelle Ausgestaltung der einzelnen Dachterrassen drückt sich in der spezifischen Freiraumgestaltung aus. Werkstätten und Experimentierflächen im Freien vereinen pädagogisch wertvolle Elemente mit spielerischen Aspekten. Bewegliches Mobiliar ermöglicht eine flexible Bespielung der Dachterrassen. Die durchgrünten Bereiche mit ihrer amorphen Formensprache erweitern das Thema des erdgeschossgebundenen Schulhofes bis auf die Dachflächen und betonen die gestalterische Einheit über die verschiedenen Ebenen hinweg.
Auf den Dachflächen des 5. OG wird der Schulgarten angeordnet. Hochbeete in unterschiedlichen Höhen wechseln sich ab und schaffen Anbauflächen für saisonales Gemüse, Beeren und Kräuter. Der Dachaufbau erlaubt eine dünne Substratschicht. Ergänzt werden die Pflanzboxen sowie Objekte im Sinne eines Animal Aided Design wie Insektenhotels und Vogelnistkästen. Ergänzt wird der Garten durch ein Gewächshaus für die Voranzucht von Saatgut und Stecklingen oder als Winterquartier für besonders empfindlichen Pflanzenarten.

Konstruktion, Ausdruck und Material

Der Entwurf setzt sich aus insgesamt 3 x 3 = 9 Grundrissfeldern á 18 m x 20 m zusammen, welche sich um einen zentralen Bereich mit der offenen Erschließungstreppe in der Anzahl der Geschosse schraubenartig entwickelt. Der flexible Entwurf des 6-geschossigen Gebäudes findet sich im zugehörigen Tragwerk wieder. Aufbauend auf einem klaren und dabei großzügigem Stützenraster von 9 m x 10 m betragen die maximalen äußeren Grundrissabmessungen 55 m x 61 m, die Geschosshöhen betragen 4,70m im Erdgeschoss und 3,70 m in den Obergeschossen.
Die Geschossdecken werden als einachsig spannende hybride Verbundkonstruktionen aus hochfesten Doppel-Holzbalken im Abstand von 1,25 und einer 10cm starken Stahlbetonschicht gebildet, welche für sich über die kürzere Spannrichtung entsprechend 9 m spannen und auf konsolenartig und zugleich deckengleich ausgebildeten mehrfeldrig spannenden Stahlbetonbalken im Inneren sowie entlang der Fassaden aufliegen. Die Geschossdecken werden als vorkonfektionierte Elemente für einen schnellen Baubetrieb konzipiert und auf der Baustelle zu einer steifen Deckenscheibe vergossen. Mit beiden Werkstoffen werden im Verbund die bauphysikalischen Anforderungen erfüllt.
Die sich über die Abtreppung des Gebäudes ergebenden Dachdecken der einzelnen Grundrissfelder werden als zweiachsig spannende 30cm hohe Stahlbetonflachdecken ausgebildet und besitzen einen oberseitigen Versatz zu den anschließenden inneren Geschossdecken, wodurch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Aufbauhöhen zwischen innen und außen ein ebengleicher Ausgang auf die Terrassenflächen gewährleistet wird.
Der vertikale Lastabtrag erfolgt mittels vorgefertigter Stahlbeton- bzw. -verbundstützen. Die Aussteifung des Gebäudes erfolgt über die regelmäßig im Grundriss angeordneten Treppenhäuser sowie den haustechnischen Erschließungskern. Die Gründung erfolgt als Flachgründung entsprechend den startortbedingten Baugrundverhältnissen.
Die dem Entwurf zugrundeliegenden Konstruktionsprinzipien gewährleisten somit die Erstellung und den Betrieb eines nachhaltigen und zugleich dauerhaften und wirtschaftlichen Gebäudes.

Energie-, Klima und Nachhaltigkeitskonzept

Ziel des Energiekonzeptes ist die Entwicklung eines zukunftsfähigen, ökologisch und ökonomisch optimierten Schulgebäudes, das hohe Komfort- und Behaglichkeitsansprüche erfüllt, minimale CO2-Emissionen verursacht, günstig im laufenden Betrieb funktioniert und damit nachhaltig ist. Mit den vorgeschlagenen Konzeptkomponenten wird eine Klimaneutralität im Betrieb und eine Förderung nach BEG Effizienzgebäude 40 angestrebt.
Die Ausrichtung auf dem Grundstück ermöglicht die Nutzung von solaren Gewinnen in der Heizperiode zur passiven Beheizung. Das kompakte Gebäude weist ein energetisch vorteilhaftes A/V-Verhältnis auf, der Baukörper ermöglicht auch durch das Atrium eine gute Tageslichtversorgung und eine gute natürliche Durchlüftung. Die Gebäudehülle hat eine hohe thermische Qualität, ist durchgehend hochwärmegedämmt, ist Wärmebrückenminimiert und mit hoher Luftdichtheit ausgeführt. Durch die Wahl und Dimensionierung der Dämmstoffe können sehr gute Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Werte) erzielt werden, die die Anforderungen an das EG40 Niveau erfüllen. Dazu wird die opake Gebäudehülle mit ca. 20 – 30 cm Wärmedämmung versehen. Die Verglasung wird als 3-fach Isolierglas (Ug-Wert ≤ 0.6 W/m²K) mit hoher Selektivität (tvis = 0,7, g-Wert = 0,35) vorgesehen, um die Wärmeverluste im Winter und solaren Lasten im Sommer zu minimieren und gleichzeitig eine maximale Tageslichtversorgung zu erzielen. Um eine sommerliche Überhitzung des Gebäudes zu verhindern wurde der Fensterflächenanteil auf ca. 50% optimiert, um durchgehend einen hohen visuellen Komfort zu gewährleisten haben die Glasflächen, die direkter Sonne ausgesetzt sind auf der Außenseite einen hoch effizienten beweglichen Sonnenschutz in Form eines textilen Screens. Dieser hat einen Öffnungsanteil von 5-10%, um auch in geschlossenem Zustand eine Sichtverbindung nach außen zu ermöglichen.
Außerhalb der Heizperiode kann das Gebäude über öffenbare Fenster natürlich belüftet werden, das Atrium ermöglicht hierbei eine zusätzliche Kaminlüftung zur Wärmeabfuhr im Sommer. Eine zentrale mechanische Lüftungsanlage für das Gebäudeinnere und dezentrale, fassadenintegrierte Lüftungselemente sorgen für einen minimalen, hygienischen Luftwechsel, so dass eine Fensterlüftung in der Heizperiode oder bei Außenlärm nicht nötig ist. Die Luftmengen werden bedarfsabhängig über CO2-Sensoren geregelt. Die Lüftungsanlagen sind mit einer hocheffizienten Wärmerückgewinnung ausgestattet. Mit dem vorgeschlagenen Lüftungskonzept wird eine Verbreitung von Aerosol gebundenen Krankheitserregern minimiert. Die Zuluft erfolgt mit geringer Durchmischung der Raumluft, zusätzlich kann durch die Fensteröffnungen die Luft bei Bedarf schnell erneuert werden. Die Zu- und Abluftströme werden ohne Umluftanteil getrennt.
Die Wärmeversorgung soll so weit wie möglich mit erneuerbaren Energien erfolgen. Durch die optimierte Hülle, die Wärmerückgewinnung und durch interne Wärmelasten hat das Gebäude bereits einen sehr niedrigen Heizwärmebedarf. Mit Hilfe von Erdsonden wird dem Erdreich Wärme entzogen und mit reversiblen Wärmepumpen (Sole/Wasser- Niedertemperatursystem) auf ein nutzbares Temperaturniveau zur Gebäudebeheizung gebracht. Eine Anbindung an das städtische Fernwärmenetz wird zur Spitzenlastdeckung herangezogen. Die Wärme- und Kälteübergabe in den Räumen erfolgt über kombinierte Heiz-Kühldeckensegel, die komfortable Strahlungswärme erzeugen und gut regelbar sind. Sie weisen zusätzlich Absorberflächen für die Raumakustik auf. Die Trinkwarmwassererzeugung erfolgt dezentral über elektrische Durchlauferhitzer.
Der sommerliche Komfort wird weitestgehend mit passiven Mitteln erzielt (außenliegender Sonnenschutz, Speichermasse, Nachtluftspülung). Prinzipiell eignet sich das System für eine freie Kühlung über die Deckensegel falls gewünscht/erforderlich. Durch die Gebäudeabwärme im Sommer kann das Erdreich für die nächste Heizperiode regeneriert werden.
Auf den Dachflächen werden Photovoltaik-Kollektoren installiert. Diese erzeugen erneuerbaren Strom zur eigenen Verwendung, Überschüsse können ggf. für Ladestation für Elektroautos verwendet werden, oder in das öffentliche Stromnetz eingespeist.
Die Beleuchtung erfolgt so weit wie möglich über Tageslicht, die Klassenzimmer sind dafür in Fassadennähe mit vorteilhaften Raumhöhen platziert, das innenliegende Atrium bringt zusätzliches Zenitallicht über ein Heliostatsystem in den inneren Teil des Hauses. Das Kunstlicht wird mit energiesparenden LED-Leuchten erzeugt, diese sind wo sinnvoll mit Bewegungsmeldern und tageslichtabhängiger Steuerung ausgestattet, um den Strombedarf zu minimieren.
Um ein ganzheitliches, im Lebenszyklus optimiertes Gebäude mit niedrigen CO2-Emissionen zu erreichen, müssen neben dem minimierten Energieverbrauch auch die grauen Emissionen, also die im Gebäude verbaute Energie und die damit verbundenen Emissionen aus den Baustoffen berücksichtigt werden. Dafür wird u.a. das Tragwerk in vorteilhafter Holz-Hybridkonstruktion errichtet, um den emissionsstarken Betonanteil zu minimieren.
Wasser wird als Ressource angesehen, die nachhaltig bewirtschaftet werden soll. Hierfür werden wasserlose oder -sparende Armaturen vorgesehen, die teilweise auch mit Grauwasser betrieben werden können. Das Regenwasser wird auf den Gründächern und in der Landschaft zurückgehalten und kann über Zisternen für die Gartenbewässerung gespeichert werden, Überschüssiges Regenwasser soll vor Ort naturnah versickern. Die Bepflanzung soll Dürre-resistent erfolgen und nur mit gespeichertem Regenwasser gegossen werden.

Brandschutz- und Rettungskonzept

Die Brutto- Grundflächen der einzelnen Compartments (Nutzungseinheiten) des betrachteten Schulgebäudes entsprechen in der Wettbewerbsplanung jeweils einer Brutto- Grundfläche von bis zu 400 m² und wird allein im Erdgeschoss sowie ebenfalls in drei compartments im 3. Obergeschoss um maximal bis zu 27 m² überschritten, was einer Überschreitung des Flächenansatzes von weniger als 10 % entspricht und aus brandschutztechnischer Sicht an dieser Stelle konzeptionell vernachlässigt werden kann.
Die in Grundrissmitte des betrachteten Schulgebäudes angeordnete zentrale Erschließungshalle stellt brandschutztechnische eine eigene Nutzungseinheit dar, die sich konzeptionell und in der Nutzung zu den angrenzenden Compartments öffnet. Zur Nutzung sind eigene Bereich sowie Sitzstufen für Unterrichtseinheiten vorgesehen. Als brandschutztechnisch betrachtete, separate Nutzungseinheit verfügt die Erschließungshalle somit über eigene unabhängige Rettungswege in den jeweiligen Geschossen, sowie über direkte Ausgänge ins Freie aus der Halle im Erdgeschoss. Auch hier wird die Brutto- Grundfläche im Erdgeschoss mit ca. 422 m² überschritten, was hier vernachlässigbar ist.
Im Erdgeschoss sind Aula, Mehrzwecksaal und Mensa zur Nutzung von mehr als 200 Personen vorzuhalten, sodass die Anforderungen der Muster- Versammlungsstättenverordnung- MVStättVO umgesetzt werden. Die Führung der zwei unabhängigen Rettungswege aus den Bereichen der erdgeschossigen Versammlungsstätte kann hierbei jeweils aus den unterschiedlichen Raumbereichen über direkte Ausgänge ins Freie, an der Ecke der nord-westlichen Außenfassaden vorgehalten werden und in entgegengesetzter Richtung über die Anbindung an einen notwendigen Flur über den Treppenraum TR02 und den Ausgang ins Freie an der Südfassade.
Die Rettungswege aus dem Foyer im Erdgeschoss führen entweder direkt über den Ausgang ins Freie (Haupteingang) an der Südfassade oder über den Zugang zum notwendigen Flur, der wiederum an den notwendigen Treppenraum TR02 und dessen Ausgang ins Freie anbindet. Für die Rettungswege aus den jeweiligen Compartments in den Obergeschossen stehen, jeweils unabhängig zur zentralen Erschließungshalle, die drei notwendigen Treppenräume und die Außentreppe an den Außenfassaden zur Verfügung. Hierbei ist auch die Führung der Rettungswege über angrenzende Compartments, zu einem zweiten, notwendigen Treppenraum, ggf. unter Anbindung über einen notwendigen Flur berücksichtigt.
Darüber hinaus sind Rettungswege auch über direkte Ausgänge ins Freie zu den Dachterrassen und über deren Außentreppen zu weiteren Dachebenen sichergestellt, von denen der Rettungsweg über den Zugang zu einem notwendigen Treppenraum zum Ausgang ins Freie im Erdgeschoss führt.
Für das Heinrich Hertz Gymnasium ist gemäß Punkt 9 MSchulbauR eine Alarmierungsanlagen vorgesehen, durch die im Gefahrenfall die Räumung der Schule eingeleitet werden kann (Hausalarmierung).
Die öffentliche Erschließung des betrachteten Heinrich Hertz Gymnasiums ist über, die zuvor benannten Zugänge zu den notwendigen Treppenräumen TR 01 – TR03 und Außentreppe TR04, jeweils an den Außenfassade des Schulgebäudes direkt und zu allen Geschossen, vom öffentliche Straßenland der Müncheberger Straße, der Straße der Pariser Kommune und der Lange Straße gegeben. Über die Zugänge zum Foyer im Erdgeschoss ist ferner separat die zentrale Erschließungshalle erreichbar.
Darüber hinaus können die Räume der erdgeschossigen Versammlungsstätte, wie Aula, Mensa und multifunktionaler Raum, von den Einsatzkräften der Berliner Feuerwehr, jeweils direkt über die Zugänge in der Außenfassade und über die Zuwegung von Seiten der Müncheberger bzw. Lange Straße erreicht werden. Weiter Anforderungen gemäß Richtlinien über die Flächen für die Feuerwehr- MFwFl werden nach gegenwärtigem Planungstand und der Erreichbarkeit des geplanten Schulgebäudes vom öffentlichen Straßenland aus nicht erwartet. Weitere Maßnahmen zur Unterstützung schneller Löschangriffe über die notwendigen Treppenräume (Steigleitungen, trocken) und zur Bereitstellung von Löschwasser sind in Abstimmung mit der Berliner Feuerwehr weiterhin zu treffen.
Tragende und aussteifende sowie raumabschließende Bauteile werden in dem betrachteten Schulgebäude entsprechend den Anforderungen der Berliner Bauordnung (BauO Bln) an Bauteile in Gebäuden der Gebäudeklasse 5 feuerbeständig errichtet. Auch die Deckenkonstruktionen sowie die Dachdeckenkonstruktionen, als Flachdächer, werden raumabschließend feuerbeständig ausgeführt.
Zwischen den Compartments und zu anderen Nutzungseinheiten sind Trennwände vorgesehen, die entsprechend den Anforderungen an die tragenden und aussteifenden Bauteile feuerbeständig sein werden. Türabschlüsse in diesen Wänden sind feuerhemmend, dicht und selbstschließend sowie zu Hallen feuerhemmend, rauchdicht und selbstschließend. Innerhalb der einzelnen Nutzungseinheiten bestehen keine Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeit.
Innere Brandwände sind gemäß Punkt 2.2 MSchulbauR gemäß in Abständen von nicht mehr als 60 m vorzuhalten und werden bei dem betrachteten Schulgebäude mit Außenkanten von 54 m x 60 m nicht erforderlich. Türabschlüsse in diesen Wänden im Zuge von notwendigen Fluren sind als feuerhemmende, rauchdichte und selbstschließende Türen zulässig.
Die über mehrere Geschosse reichende zentrale Erschließungshalle – „der Werkstatt“ ist gem. Punkt 2.4 MSchulbauR in Schulgebäuden zulässig. Die Werkstatt-Erschließungshalle führt bis zum 5.Obergeschoss. Die Wände der Halle (ausgenommen der Außenwände) müssen die Anforderungen an die Geschossdecken des Gebäudes erfüllen und feuerbeständig sein. Die Türen zwischen der Halle und notwendigen Treppenräumen, notwendigen Fluren und Aufenthaltsräumen müssen feuerhemmend, rauchdicht und selbstschließend sein. In den Bereichen, in denen sich, in den einzelnen Geschossen, die Halle volumetrisch zu den Compartments öffnet sind Brandschutzvorhänge vorgesehen, die bei einem Brandereignis den Brandüberschlag und die Brandausbreitung aus den Compartments in die Halle verhindern.
Außenwände und Außenwandteile (Schürzen und Brüstungen) sind so vorzusehen, dass eine Brandausbreitung auf und in den Bauteilen ausreichend lange begrenzt sind. Für die Ausführung des Schulgebäudes in Holz- Hybridbauweise muss das raumabschließende Bauteil feuerhemmend sein. Außenwandbekleidungen sind einschließlich der Dämmstoffe und Unterkonstruktionen schwerentflammbar herzustellen. An den Außenfassaden zu den notwendigen Treppenräumen und im Bereich geschossübergreifender, hinterlüfteten Außenbekleidungen werden besondere Maßnahmen ergriffen, die einen Brandübertrag an diesen Bereichen verhindern.