Zukunftsfähiger Stadtrand: aus der Landschaft heraus Urbanität entwickeln
In Zeiten des Anthropozäns muss Städtebau (und Architektur) die Landschaft als gleichberechtigte „Partnerin“ begreifen und anerkennen. Daraus ergibt sich eine neue städtebauliche Entwurfsmethodik, insbesondere für zukünftige Stadtrandquartiere: die Entwicklung von Urbanität aus der Landschaft heraus. Dabei unterstützen und ergänzen sich die beiden „Partnerinnen“. Für die Landschaft gilt es, die Biodiversität & Landschaftskonnektivität zu stärken und auszubauen, für die Stadt sind Urbanität und nichtmotorisierte Mobilität die treibenden Faktoren.
Autarke Einzelbaufelder und emergenter Freiraum in unbekannter, heterogener Umgebung
Als räumlich-funktionales Ordnungsprinzip wird jedes Einzelbaufeld hälftig (diagonal) in Bebauungs- und Freiraumfläche geteilt. Zwei Quadratkanten dienen der Erschließung, die anderen zwei als Anschluss für angrenzenden Freiraum.
Ein 100x100m Feld funktioniert damit autark und modular bezogen auf Nutzungsmischung, typologische Vielfalt, Aneignung, Freiraum, Regenwasser- und Energiemanagement. Es entstehen immer eigenständige Nachbarschaften, die unterschiedlich zusammengepuzzelt, vergeben und entwickelt werden können.
Auf unbebaute Puzzlestücke, die einen „Central Park“ bilden, wird bewusst verzichtet. Notwendige grüne Ausgleichsflächen sollen nicht auf andere Puzzleteile übertragen, sondern dezentral von jedem Baufeld übernommen werden. Der zusammenhängende Grünraum entsteht deshalb als Emergenz infolge des Zusammenspiels der einzelnen Puzzlestücke und nicht als individuelle Sonderform.
Erschließung und benachbarte Quartiere
Auch wenn sich die Puzzlestücke flexibel auf unterschiedliche Kontexte und umliegende Erschließungsstrukturen anpassen können, so wird hier von folgender Situation ausgegangen:
Süden: Großwohnsiedlungen wie die Gropiusstadt im Süden Berlins oder das Märkische Viertel im Norden werden meist durch 2 bis 4-spurige Straßen flankiert. Deshalb befindet sich im Süden eine Straße. Osten: EFH-Siedlungen hingegen schließen zumeist mit der Gartenseite ab, da die Grundstücke beidseitig erschlossen werden. Eine Ost-West-Verbindung für Fuß- und Radverkehr wird geschaffen, sodass die EFH-Siedlung ebenfalls von der S-Bahn Haltestelle profitieren kann. Norden: Landwirtschaftsflächen werden an ihren Rändern zumeist durch Trampelpfade und Feldrandstreifen gesäumt.
Mobilität: autofreies Quartier
Ausgehend von der S-Bahnhaltestelle ist das Quartier fuß- und fahrradgerecht gestaltet. Motorisierter Individualverkehr wird weitestgehend aus dem Quartier ausgeschlossen. Nachhaltige Mobilitätsangebote bilden das Verkehrskonzept. Ein „Service-Loop“ dient der Anlieferung, für Müllabfuhr, Rettungsweg und bietet mobilitätseingeschränkten Personen barrierefreie Zugänge. Im Loop gilt Tempo 30, an frequentierten Querungen ermöglichen Zebrastreifen den Übergang. Das restliche Quartier wird zum verkehrsberuhigten Bereich mit Vorrang für Fuß- und Radverkehr. Zwei Quartiersgaragen sind am Quartiersrand angeschlossen. Fahrradparkhäuser und Minihubs (zum Auftanken von E-Angeboten, zum Lagern und der Reparatur von Rädern etc.) werden im Quartier wohnraumnah, komfortabel und barrierefrei in die Bauten integriert.
Punktgebäude als Typologie zwischen Blockrand und Einfamilienhaus
Pluralistische Lebensweisen erfordern vielfältige Wohnangebote. Die Schaffung von günstigem Wohnraum ist die Grundlage für Quartiere mit hoher sozialer Mischung. Kompakte, modular aufgebaute Punktgebäude mit geringem Fußabdruck - vom Dreispänner zum Wohnhybrid-Hochhaus – versprechen Nutzungsvielfalt, einen hohen Vorfertigungsgrad und geringe Lebenszykluskosten. Gemeinschaftsflächen, gewerbliche und öffentliche Nutzungen befinden sich vorzugsweise im Erdgeschoss. Dachflächen werden gemeinschaftlich genutzt.
Materialität & Bauweise: Cradle to cradle, CO2-neutral
Die Konstruktion ist in Holzbauweise (ggf. als Holzhybrid für größere Spannweiten) mit flexibler Kernstruktur vorgesehen. Dies erleichtert zukünftige Um-/Nachnutzungen und Stoffkreisläufe (Cradle to cradle).