DMSW Architekten Dahlhaus Müller Wehage Part mbB, Berlin mit ST raum a. Gesellschaft von Landschaftsarchitekten mbH, Berlin

Erläuterungsbericht zum Wettbewerbsbeitrag

VULKAN MISCHUNG
Die Vulkanstraße ist das östliche Rückgrat des Fennpfuhls – heute lang und monoton, morgen ein Abbild urbaner Vielfalt.

Leitidee
Der Entwurf gliedert die 1,1 Kilometer in sieben klar definierte Abschnitte mit identitätsstiftenden Freiräumen und maßstäblicher Bebauung.
Ein neues Nachbarschaftsband vernetzt den Stadtraum – von der Josef-Orlopp-Straße bis zur Landsberger Allee und weiter zum Fennpfuhl Zentrum mit dem Anton-Saefkow-Platz und in den Landschaftspark Herzberge. Entlang des Bandes entstehen lebhafte Quartiersplätze mit quartiersbezogenen, sozialen und gewerblichen Nutzungen. Eine Mischung an ausdrucksstarken Stadtbausteinen schafft ein vielfältiges Stadtbild. So entsteht ein pulsierendes, grünes und zukunftsfähiges Quartier, das Qualitäten der DDR-Planung bewahrt und für die Bedürfnisse von heute neu interpretiert.

Entwurfsbeschreibung
Kante bilden und Tiefe generieren
Als erste Großwohnsiedlung der DDR ist der Fennpfuhl geschmückt mit historischen Beispielen modularer und moderner Wohnbebauung. Zwischen den 10- bis 11- geschossigen Wohnscheiben ragen die Hochhäuser der DDR hervor. Die am menschlichen Maßstab orientierte Nachverdichtung entwickelt die Leitidee aus Wohnen und Freiraum weiter.

Der Entwurf gliedert die Vulkanstraße in greifbare Abschnitte, bildet räumliche Sequenzen, schafft klare Kanten. und stärkt den Stadtraum. Die unterschiedlichen, durch den Bestand vorgegebenen stadträumlichen Tiefen werden typologisch aufgenommen. Jede Sequenz findet die ortsspezifische Antwort, verbunden durch das Nachbarschaftsband.

Die Wohnzeilen nördlich der Paul-Zobel-Straße, binden durch ihre Höhenversprünge den Bestand ein und erlauben Sichtachsen zur Vulkanstraße. Am Quartierszimmer entstehen Solitärbauten, die mit ausdrucksstarke Volumen die Mitte stärken. Ein Hochpunkt mit 15 Geschossen markiert das Zentrum. Die Kiezblöcke nutzen die räumliche Tiefe, um attraktive Hoflandschaften zu entwickeln. Zwei versetzte Hochpunkte markieren die Raumsequenzen und schaffen einen selbstbewussten Auftakt entlang der Vulkanstraße. Zwei Punkthäuser referenzieren die ortstypische Nachverdichtungen und bilden die räumliche Kante zwischen dem Landschaftspark Herzberge und dem Fennpfuhlpark.

Die Adressbildung erfolgt sowohl über das Nachbarschaftsband als auch über die Vulkanstraße. Die überwiegend siebengeschossigen Baukörper, mit einer Tiefe von 13 Metern, erlauben durchgesteckte Wohnung sowie einen breiten Mix an Wohnungsgrößen und Erschließungssystemen. Die punktförmigen 12 und 15-geschossigen Baukörper (21 x 27 m) sind um ein zentrales Sicherheitstreppenhaus organisiert. Die Wohnungen sehen lärmgeschützte Loggien zur Vulkanstraße und Balkone zum ruhigen Innenraum vor. Keine Wohnung ist ausschließlich zur lärmbelasteten Vulkanstraße orientiert.

Mitte stärken und Sichtachsen schaffen
Zusammen mit dem Bestand entstehen neue Nachbarschaftsräume, welche die Abschnitte verbinden und sich in unterschiedlichen Sequenzen aufweiten. Das Band ist als Shared Space mit wiedererkennbarem Bodenbelag organsiert und dient der nachbarschaftlichen Durchwegung und Versorgung (Müll, Feuerwehr etc.). An den Aufweitungen entstehen identitätsstiftende Stadträume und schaffen differenzierte Freiraumangebote.

Der Gartenplatz an der Schnittstelle zwischen der Möllendorfpassage und der zukünftigen Verbindung zum Landschaftspark Herzberge bietet Urban Gardening und ein Fahrradcafé. Das Quartierszimmer bildet das urbane Zentrum der Vulkanstraße. Der flexibel nutzbare Platz
schafft mit einer großflächigen Entsiegelung, dem Wasserspiegel und schattigen Sitzplätzen einen Ort der Begegnung zwischen Supermarkt, Eiscafé und Quartierssaal. Hier können Wochenmärkte oder saisonale Verkäufe stattfinden.
Der Regenplatz dient als ruhige Oase und Retentionsfläche zwischen Kiezblöcken und dem Übergang zum Dong Xuan Center. Mit einem Angebot von Garagenwerkstätten und nachbarschaftlicher Infrastruktur (Fußpflege, Späti, Yoga etc.) in den umliegenden Erdgeschosszonen wird der Platz belebt.
An der Querverbindung zum Landschaftspark Herzberge und dem Anton-Saefkow-Platz entsteht ein öffentlicher Spielplatz mit Plansche, Jugendclub, Café und Nachbarschaftsgärten. Ein erlebbarer Klimapfad mit Regenbeeten und Versickerungsflächen führt weiter zur Landsberger Allee, wo der Energie Hub den räumlichen Abschluss bildet. Eine angrenzende großzügige Retentionsfläche mit Ruderal-Bepflanzung dient als Klimapuffer.

Bewegungsräume
Die neue Vulkanstraße mit Radvorrangnetz fungiert als Rückgrat des Quartiers. Mit dem neuen Nachbarschaftsband entstehen zwei Spuren mit unterschiedlicher Geschwindigkeit und Intensität. Vier Mobility Hubs definieren strategisch wichtige Punkt am Anfang, am Ende sowie im Zentrum der Vulkanstraße. Sie dienen als Begegnungszentren und markieren gleichzeitig Orte der Öffentlichkeit mit sozialer und gewerblicher Infrastruktur. Jedem Hub ist außerdem eine Paketstation, Fahrradstellplätze und eine Jelbi-Station zugeordnet, um Angebote der Shared Mobility zu stärken. An den Querverbindungen sind die PKW-Stellplätze als Kurzparker angeordnet. Stellplätze für mobilitätseingeschränkte Personen befinden sich entlang des Nachbarschaftsbands. 

Zusätzlich zu Fahrradräumen in den Neubauten verteilen sich ausreichend Fahrradstationen gleichmäßig über das Quartier. Die Unterflursysteme sind in räumlicher Nähe platziert, um kurze Wege zu schaffen.

Klima & Entwässerung
Neben der Stärkung von bestehen Grünanlagen durch neue Spielgeräte, Baumpflanzung und Mulden-Rigolen-Systeme, werden entlang des Nachbarschaftsbandes attraktive Retentionsflächen, Verdunstungsflächen und Klimapuffer angelegt, die nach den Prinzipien der Schwammstadt Klimaschutz messbar, fühlbar und erlebbar machen. Um ein geordnetes Ableiten des Regenwassers in die Kanalisation zu gewährleisten, wird das Planungsgebiet in drei Zonen unterteilt, welche die natürliche Abflussrichtung berücksichtigen. Die Zone I, im Norden zwischen Landsberger Allee und Elli-Voigt-Straße bietet grundsätzlich günstige Bodenverhältnisse für Muldenversickerung. Ergänzend werden Rigolen-Systeme für Zwischenspeicherung und zeitverzögerte Versickerung eingebracht. Unter Berücksichtigung der
Versickerungsstudie befindet sich im Norden ein entsprechende Retentionsfläche. Die Zone II in der Quartiersmitte erlaubt kaum Versickerung. Daher ist an Stelle der natürlichen Senke, vor der Elli-Voigt-Straße 13, ein Regenrückhaltebecken mit Zisterne angeordnet. Am
Quartierszimmer ist mit dem Wasserspiegel und unterliegender Zisterne der Ablauf organisiert. Die Zone III zwischen Herzbergstraße und Josef-Orlopp-Straße wird durch Mulden-Rigolen-Systeme und Regenbeete verstärkt und leitet das Wasser in südliche Richtung ab.

Grüne Pufferzonen zwischen Vulkanstraße und Nachbarschaftsachse reduzieren die Hitzebelastung und stärken das lokale Klima. Großflächige Grünflächen, wie auch kleine Trittsteinbiotopen fördern die Artenvielfalt. Zahlreiche Baumpflanzungen tragen zur Kühlung und ökologischen Kompensation bei. Extensive Dachbegrünung auf Neu- sowie Bestandsbauten halten große Mengen an Regenwasser zurück, um ein geordnetes Abfließen zu gewährleisten.

Es entsteht eine pulsierende, grüne und zukunftsfähige Nachverdichtung an der Vulkanstraße, die offene, vernetzte und lebensfreundliche Räume für alle Bewohnerinnen und Bewohner schafft.