PPAG architects GmbH

Architekt:innen 1
PPAG architects GmbH
Gumpendorfer Strasse 65/1
1060 Wien, Österreich
ppag@ppag.at

Dipl.-Ing. Georg Poduschka
Dipl.-Ing. Anna Popelka

Mitarbeiter:innen
Philipp Stützner,
Misha Zhuk,
Sophie Csoklich,
Valerie Assmus,
Emily Bielmeyer

Architekt:innen 2
FCP Fritsch, Chiari & Partner ZT GmbH
Marxergasse 1 B
1030 Wien, Österreich
fcp@fcp.at

Dipl.-Ing. Joachim Lanschützer

Mitarbeiter:innen
Victoria Dorner

Landschaftsplaner:innen
EGKK Landschaftsarchitektur M. Enzinger C. Kolar GbR, Wien,
Dipl.-Ing. Martin Enzinger

Mitarbeiter:innen
Jana König,
Helene Haslinger,
Anna Oberkleiner

TA-Planung HKLS
Bauklimatik GmbH

TA-Planung Elektro
Kubik Projekt GmbH

TW-Planung
FCP Fritsch, Chiari & Partner ZT GmbH, Wien,
Dipl.-Ing. Nora Sadlik

Regenwassermanagement
FCP Fritsch, Chiari & Partner ZT GmbH, Wien,
Dr.-Ing. Birgit Strenn

Brandschutzplanung
Brandschutzplus GmbH, Berlin

Erläuterungsbericht zum Wettbewerbsbeitrag

Insel Gartenfeld

(Stadträumliche Einbindung in den historischen, sozialen und räumlichen Kontext)

Als zentraler Ort der Berliner Elektropolis hat das Gebiet schon früher Beiträge zur Entwicklung der Stadt geliefert. In dieser Tradition entsteht nun die Smart-City Gartenfeld.
Es gibt viel zu tun.

Die Gemeinschaftsschule Insel Gartenfeld ist nicht nur Schule, sondern auch zentrale Infrastruktur. Sie ist Nachbarschaftszentrum, Kaffeehaus, Sportstätte, Bolzplatz, offen für Erwachsenenbildung, Veranstaltungsort und Werkstatt, sie ist ein hochfrequentierter, bedeutender Ort des Quartiers.

Der große Vorplatz entlang der Planstraße 1 ist zum Quartier gerichtet und heißt alle willkommen. Mit ihrer Nordfassade und dem Haupteingang orientiert sich die Schule an der Grünraumachs zur denkmalgeschützten Belgienhalle. Verbundstandort mit Café beleben den geplanten Grünstreifen.

Erscheinung der Schule in der Stadt

(Architektonische und gestalterische Qualität)

Die zeitgemäße Schule steht für Neugier und Lebensfreude, für ernsthafte Auseinandersetzung und tiefe, offene Diskussion, für Respekt für die Interessen, Talente und Bedürfnisse aller und für ein friedvolles Miteinander, für Gemeinsinn. Wie sieht die neue Schule, wie sieht Neugier, Lebensfreude, Respekt und Gemeinsinn aus?

Die Gemeinschaftsschule Insel Gartenfeld vermeidet jenen architektonischen Ausdruck, der als hoheitlichen, wissend, bestimmend oder autoritären gelesen werden könnte. Die zeitgemäße Schule steht für Partizipation, Offenheit und Demokratie. Die Schule Insel Gartenfeld wählt ein abstraktes Gesicht. Nicht unbestimmt, sondern markant, mit eigener Bedeutung fühlbar. Heterogene Baukörper, die in ihrer Tiefe noch mehr erahnen lassen. Darüber ein metallisches Kleid, wie geflochten aus goldenem und silbrigen Profilblech. Die Frage „Was ist das?“ lädt zum Besuch und zum Erforschen ein.

Freiraumkonzept:

(Freiraumplanerische Qualität)

Die Erschließung des Schulareals erfolgt am nördlichen Grundstücksrand über die Planstraße 1, welche im Zuge des neuen Stadtentwicklungsgebiets „Neue Insel Gartenfeld“ errichtet wird.

Der Hauptzugang befindet sich mittig, hier entsteht zusammen mit der angrenzenden Planstraße ein großzügiger Vorplatz, welcher der (öffentlichen) Bibliothek wie auch dem Veranstaltungssaal inkl. Café vorgelagert ist.

Innerhalb des Schulgeländes befindet sich westlich des Vorplatzes eine großzügige Rasenfläche als Aneignungsfläche für vor und nach der Schule. Die davor befindliche Fahrradabstellfläche ist mit einer begrünten, wabenförmigen Pergola-Konstruktion überdacht.

Weiter im Westen befinden sich die Zufahrt zu den PKW-Stellplätzen sowie der Müllplatz und eine Zufahrt für die Anlieferung. So ergibt sich eine Trennung zw. befahrbaren und fußläufigen Bereichen.

Abstellplätze für Lastenfahrräder werden direkt vor dem Hauptzugang, beim Zugang zum WAT sowie im Bereich der Anlieferung situiert, wodurch Anlieferungen an unterschiedlichen Eingängen ermöglicht werden. Ein Nebeneingang über die Planstraße 1 an der östlichen Gebäudekante dient der Erschließung des Mehrfachgenutzten Freibereichs. Durch diesen kann die Schule für eine externe Sportnutzung erschlossen werden.

Die Schulhoffreifläche kann ausgehend vom Hauptzugang durch eine direkte Verbindung innerhalb des Gebäudes erschlossen werden. Die der Mensa im Süden vorgelagerte Fläche dient als Treff und „Verteiler“ für die unterschiedlichen Bereiche der Schulfreifläche. Dort münden auch Treppen ein, welche den zentralen Freiraum im 1.OG mit der Schulfreifläche im Erdgeschoß verbinden.

Als eine weitere Verteilerfläche kann auch die westlich der Mensa anschließende Fläche gesehen werden. Als Freifläche für den Mensabetrieb erschließt sie den gleich im Anschluss befindlichen Schulgarten. Auch beginnt dort der Haupterschließungsweg, der südlich des Gebäudes entlang bis zum mehrfachgenutzten Bereich im Osten führt und alle Bereiche der Schulfreifläche miteinander verbindet. Verschiedenste Freiraumqualitäten und Nutzungen, von NAWI-Wald über Spielbereiche der Primarstufen bis hin zu den Sportanlagen liegen entlang dieser „aktiven Wegeverbindung“.

Im Süden der Schulfreifläche sind unterschiedliche Sportnutzungen positioniert. Neben einem qualifizierten Kleinspielfeld steht den Nutzer:innen eine Laufbahn mit integriertem Weitsprung sowie ein Bereich zum Kugelstoßen zur Verfügung. Dieser „Sportcluster“ wird durch eine im Osten des Gebäudes liegende Gymnastikwiese ergänzt, welche an den Mehrfachgenutzten Bereich anschließt.

Zwei Tore ermöglichen das Schalten des mehrfachgenutzten Bereiches zw. ausschließlich schulischer Nutzung und öffentlicher Nutzung. Somit ist das sich dort befindende grüne Klassenzimmer sowohl seitens Schule als auch in Zusammenhang mit dem Verbundstandort öffentlich nutzbar. Da der Zugang für die externe Sportnutzung auch über den mehrfachgenutzten Bereich führt, können Bolzplatz mit dem grünen Klassenzimmer, Streetball Anlage und Fun Court auch von diesen genutzt werden.

Neben der Schulhoffreifläche im EG gibt es ebenfalls den Klassen vorgelagerte Terrassenflächen für den Unterricht im Freien, welche wie auch die Innenhöfe für kürzere Pausen und zur Erholung genutzt werden können. Im 1.OG befindet sich weitere z.T. großzügige Terrassenflächen, welche dem Aufenthalt dienen. Im 1.OG befindet sich eine kleine Bühne mit begleitender Tribüne, die als Freiluftforum genutzt werden kann.

Fauna und Flora:

Autochthone Bepflanzung (Bäume, Solitärgehölze, Sträucher, Gräser und Stauden) sowie Schotterrasen, Wiese, zweimähdige Naturwiese und der Schulgarten dienen der Fauna als Nahrungsquelle und Lebensraum. Zudem stellen sie Lernorte für Flora und Fauna im Unterricht dar und können von den Schüler:innen als Erholungsort in der unterrichtsfreien Zeit genutzt werden.

Der Baumbestand wurde soweit möglich erhalten. Im Südosten, wo starke Bodenverunreinigungen anliegen und der Boden großflächig getauscht werden muss, wurde das Kleinspielfeld situiert. Resultierende Ersatzpflanzungen sind vorgesehen.

Regenwassermanagement:

Das Dachwasser aller Dächer (begrünte Retentionsdächer) und der Sportflächen wird über Rigolen (h=25cm) unter Kleinspielfeld, Laufbahn und Bolzplatz versickert. Durch leichte Erhöhung der genannten Flächen um 50cm ist der geforderte Abstand zum Grundwasser gegeben (33,5m – 31,8m ZEHGW ü NHN = 1,7m). Die Vorbemessung erfolgte mit n (1/30) bzw. n (1/100) sowie konservativen Bodenwerten (kf ≥ 5x10-5 m/s). Notüberlauf in den Infrastrukturkanal. Für Gartenbewässerung und Brauchwassernutzung ist je eine Zisterne vorgesehen.

Alle befestigten Flächen wie Vorplatz, Vorbereiche des Gebäudes, Wegeverbindungen sowie mehrfachgenutzter Bereich sind mit offener, selbstentwässernder Belagsqualität ausgeführt (z.B. kunstharzgebundener Edelsplittbelag). Das Gelände wird um 30 bis 50cm angeschüttet, um den entsprechenden Abstand zum Grundwasser zu gewährleiten.

Verbringung der anfallenden Niederschlagswässer über Rigolenversickerung:

Gesamteinzugsfläche (Dach plus Sportflächen)

15.250 m2

Reduzierte Einzugsfläche (Retentionsdachflächen und selbstentwässernde Oberflächen) 

8.730 m2

Wirksame Sickerfläche

(Abgedeckt durch Kleinspielfeld, Laufbahn und Bolzplatz)

4.260 m2

Rigolenkörper (Höhe)

25 cm


Berechnungsgrundlagen:

Bemessungshäufigkeit

n (1/100)

Sickerfähigkeit des Untergrundes

≥ 5x10-5 m/s


Dachhaupt- und Dachnotentwässerung sowie die Entwässerung der Sportflächen werden über die Rigolenversickerung erreicht. Als ergänzende Sicherheitsstufe des Versickerungssystems wird ein Notüberlauf mit Anschluss an den Infrastrukturkanal vorgesehen.

Räumliche Grammatik:

(Erfüllung des Raumprogramms)

Die Compartments sind idealtypisch in den Obergeschossen. Grundschule OG1+OG2, SEK I+II OG1- OG2-OG3. Erschließung über vier Treppenhäuser. Zentraler Garten mit Agora auf Ebene OG1 mit Verbindung zum Südgarten. Im Erdgeschoß sind alle Mehrzweckbereiche, die Fachräume als Fachwerkstätten (Compartmentverbund), schulischer Zugang Sport. Das Erdgeschoß ist über fünf Innenhöfe großzügig belichtet. Der Mehrzwecksaal mit Faltelementen öffenbar im Zentrum.

Verbundstandort: Im Nordosten mit Eingang, Cafe, Gastgarten am öffentlichen Grünstreifen. Sporteingang über Mehrzweckbereich (Bolzplatz).

Die Schule von heute

(Umsetzung des Berliner Compartmentkonzepts)

Der Schlüssel zu aller gedeihlichen Entwicklung von Gesellschaft ist Bildung. Die Gemeinschaftsschule Insel Gartenfeld ist Werkzeug der Pädagogik und Werkstatt der Sinne.

Das Compartment ist die Gelingensbedingung der zeitgemäßen Schule. Es ist das Zuhause der meist jahrgangsübergreifenden Gemeinschaft. Anregender Lern- und Lebensort. Jahrgangsübergreifendes Lernen projektorientiert, selbstreflektiert, eigenverantwortlich - von- und miteinander. Die Raumstruktur mit zentralem, multiorientiertem Forum und umgebenden Stammgruppen- und Teilungsräumen bietet maximale situative und konzeptionelle Veränderbarkeit. Vielfältige Nutzbarkeit für Instruktion, Einzelarbeit, Gruppenarbeit und Präsentation, Konzentration und Regeneration.

Das Erdgeschoss ist offen konzipiert und fördert die Aktivitäten über die Altersstufen und Compartments hinaus. Die Fachräume sind so gruppiert, dass sie im pädagogischen Alltag als verbundenes Lernlabor genutzt werden können. Die durchgehende Belichtung und Belüftung des Erdgeschosses sind durch die Lichthöfe gegeben.

Mensa- und Mehrzweckbereich bilden das Zentrum der Schule. Eigener Garten nach Westen. Zwischen Fassade und den Innenhöfen gut belichtet. Die Dachecken des Mehrzwecksaals sind aufgeklappt: Licht und Sichtverbindung zum oberen Garten (Ecken bilden oben die Agora).

Angegliederte Lehrküche. Mehrzwecksaal als Zentrum des Hauses mit Faltschiebewänden öffenbar. Mensa ist den ganzen Tag Treffpunkt für alle Beteiligten der Schule. Besprechungskreise von Pädagog:innen finden hier ebenso statt wie Lerngruppen der Schüler:innen.

Mehrwert für das Quartier!

(Umsetzung und Einbindung des Verbundstandortes)

Der Verbundstandort liegt mit prominentem Eingang an der Planstraße1. Der Gastgarten des Cafés liegt direkt am Grünstreifen. Veranstaltungsraum, Küche, Café und Seminarräume sind in EG und OG1 mit eigener Treppe/Aufzug situiert.

Untere Sporthalle, zentrale Mehrzweckhalle (mit/ohne Mensa/Lehrküche), Bibliothek und/oder Musik können auch bei geschlossener Schule direkt vom Verbundstandort mitgenutzt werden. Nutzer kommen dabei nicht tiefer ins Haus. WCs sind vorhanden.

Außerschulische Nutzung zusätzlich zu Verbundstandort: Sport, Verbundstandort, Bibliothek, zentrale Mehrzweckhalle (mit/ohne Mensa/Lehrküche), Musik, WAT mit jeweils getrennter Erschließung vom Vorplatz. Sie sind autonom nutzbar. Nutzer kommen nur in den betreffenden Bereich. WCs sind jeweils vorhanden. Die Musikschule kann beispielsweise Musikräume der Schule nutzen, ohne dass die ganze/ halbe Schule offensteht. Sport, Werkstätten (WAT), Mehrzwecksaal ebenso.

Tageslicht: Lichtbänder in Deckennähe garantieren eine hohe, gleichmäßige Tageslichtverfügbarkeit und eine Nutzbarkeit der Wände für Möblierung. Pro Raum zusätzlich zwei bodentiefe Fenster, die selbst sitzenden Kindern Ausblick bieten.

Brandschutz: Das Compartment ist in zwei Rauchabschnitte mit jeweils eigenem Fluchtweg geteilt. Die Teilung erfolgt mit Rauchschürzen (Sturz H=2,20m). Keine Tür erforderlich.

Lüftung: Die lärmzugewandten Bauteile nach Norden (SEK I+II) werden gemäß Vorgabe hybrid gelüftet. Hier liegen auch die lärmintensiven Nutzungen Musik und WAT. Compartments der Primarstufe und alle anderen Unterrichtsbereiche Fensterlüftung (ev. automatisiert). Sporthalle mit Eck- bzw. Querlüftung. Kraftraum, Garderoben, Mensa, Mehrzweckraum, Lehrküche zusätzlich mechanisch gelüftet.

Konstruktion: Die Geometrie des Gebäudes baut auf einem strikten Deckenraster auf. Modulgröße 2,37 x 7,5. Daraus leitet sich der Raster der Stammgruppen- (9,5 x 7,5), Teilungsräume (4,75 x 7,5) und Foren (2 x 9,5 x 7,5 inkl. Erschließung) ab.

Alle Decken – abgesehen von aussteifenden Kernen – werden somit aus vorgefertigten Elementen gebildet. Ökobilanziell wie ökonomisch hinterlässt die Decke noch vor der Fassade den größten Fußabdruck. Die Optimierung von Decke und Fassade als modulare Fertigteile stellt einen wesentlichen Beitrag zu nachhaltiger und ökonomischer Bauweise dar, auch mit dem Hebel des raschen und sauberen Bauablaufs.

Die Deckenelemente lagern auf Unterzügen und Stützen (kurze Wandscheiben) auf. Zur Aussteifung dienen die Liftkerne, und Bereiche um die Treppenhauskerne.

Diese Konstruktionsweise macht prinzipiell in verschiedenen Bauweisen Sinn. CO2-optimierte Massivbauweise oder Hybridbauweise sind am naheliegendsten. Im Wettbewerb ist eine Hybridbauweise dargestellt. Dieses System nutzt die Materialien Holz für Zugbelastungen und Beton für Druckbelastungen in optimaler Weise aus. Betonspiegel 12cm, Holzbalken mit dazwischenliegender Akustikdecke. Modulare Vorfertigung.

Zielsetzung dieser Konstruktion liegt nicht nur im effizienten Materialeinsatz, sondern auch in der Schaffung einer wirtschaftlichen Gesamtlösung, die einen raschen Bauablauf, bedingt durch den hohen Grad der Vorfertigung, ermöglicht. Dies schafft nicht nur eine stabile Struktur, sondern ermöglicht auch eine Flexibilität im Grundriss, die für zukünftige Nutzungen von großem Vorteil ist und somit einen nachhaltigen Lebenszyklus des Gebäudes gewährleistet.

Gründung gem. Bodengutachten. Platten zwischen 50 und 60cm. Zusammenfassend ergibt sich aus diesem Tragwerkskonzept eine effiziente Struktur, die sowohl ökologische als auch wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt und somit eine nachhaltige Lösung für den Bau und den langfristigen Betrieb des Schulgebäudes bietet.

Fassade aus Leichtbauelementen (Holzrahmenbau) mit ökologisch optimierter Dämmung und hinterlüfteter Wetterschicht aus Metall zweifärbig.