Erläuterungsbericht zum Wettbewerbsbeitrag
Entwurfskonzept Quartiersentrée
Geschichte und Atmosphäre des ehemaligen Industriestandorts als auch die dreieckige Form des Grundstücks und dessen hervorgehobene Lage an der Spitze des südlichen Brückenkopfs der Insel Gartenfeld ermöglichen für die zu realisierende Schule eine hervorgehobene Bedeutung für das Quartier. Das Thema des Entwurfs ist folgerichtig ein „Quartiersentrée“ zu schaffen, dessen architektonisches Bild und räumliche Zonierung aus den unterschiedlichen Charakteren der nördlichen und südlichen Nachbarschaften entwickelt werden.
Im Norden wird die Flucht der Planstraße 1 aufgenommen. Aus der Baugeschichte des Ortes, in der eingeschossige Gebäudeteile sich mit hochgeschossigen Bauteilen im Dialog befanden, wird das Bild der Schule und seiner Adressbildung an der nördlichen Planstraße 1 entwickelt. Ein Vorplatz vis-à-vis des öffentlichen Parks verankert und adressiert die neue Schule. Hier befinden sich alle Eingänge, die zur Schule, zum Verbundstandort als auch zu den Sportflächen. Die Adresse der Zugänge wird baukörperlich durch eine eingeschossige Überhöhung, die Archiv- und Technikräume beinhaltet, markiert. Die an die ehemaligen Kabel-Hallen erinnernde Eingeschossigkeit an der östlichen Grundstückspitze verortet Mensa und die Räume des Verbundstandorts als Schaufenster des Bildungs- und Quartiershauses und als Impuls für einen gewünschten intensiven Dialog zwischen dem naturnah gestalteten Freiraum in der Verlängerung der Planstraße 1. Dieser Freiraum hat ein großes Potential als Bindeglied zwischen Quartier und Schule. Hierfür versteht sich der Entwurf als Impulsgeber. Optionale Synergien wären Schulgärten, die auch Quartiersgärten (urban gardening) sind, sowie grüne Klassenzimmer, die außerhalb der Schulzeiten vom Quartier als kontemplative Rückzugsorte oder Natur-Lernorte genutzt werden. Die zwei Cafeterien des Raumprogramms werden als optionale „Öffentlichkeitsverstärker“ am Vorplatz und an der westlichen Grundstücksspitze = Quartiersentrée positioniert.
Im Süden, zur Landschaft des Wasserkanals, macht der rhythmisch gegliederte Baukörper den Charakter der Compartmentschule mit kleinen Schulen in der Schule ablesbar. Vorgestellte begrünte Balkone verknüpfen die Architektur mit der Landschaft und erweitern die Lernräume in den Außenraum. Aus jedem der hier gelegenen Compartments ist zudem über Außentreppen der Schulhof schnell zu erreichen.
Im Westen wird im Anschluss an den geplanten Mobilitäts-Hub der Sporthallen-Baukörper positioniert. Durch die Winkelstellung mit dem Schulbau erfolgt die räumliche Zonierung für die sich südlich anschließenden Sportanlagen, die sich im Weiteren landschaftlich atmosphärisch mit der öffentlichen Grünanlage an der südlichen Grundstücksspitze verbinden.
Konstruktion und Materialien
Das Schulgebäude ist auf einem Raster von ca. 8,60 x 8,60m entwickelt, was der Größe eines Stammgruppenraums als „Urzelle“ des Raumprogramms entspricht. Stützen und diese Stützen verbindende Unterzüge sind aus Beton geplant, Decken als Holz-Beton-Hybridkonstruktionen. Alle weiteren raumtrennenden und raumabschließenden entstehen als Leichtbaukonstruktionen und erlauben somit die wirtschaftliche Veränderbar- und Anpassfähigkeit des Gebäudes. Das immer gleiche Raster und die modularen Bauteilwiederholungen erlauben einen hohen Grad an Vorfertigung und Elementierung.
Dadurch, dass die großen Raumvolumen des Mehrzweckbereichs und der Mensa nicht überbaut sind werden keine hohen Unterzüge aufgrund von kleinzelliger Überbauung erforderlich, was Bauhöhe im Erdgeschoss und somit Baukosten erspart.
Der Sporthallen-Bau wird als Skelettbau mit tragenden Betonstützen und -kernen sowie Vollholzträgern aus Baubuche vorgeschlagen. Auch hier wurde auf einen hohen Elementierungs- und Wiederholungsgrad von Ausbau und Fassade geachtet.
Die Fassade wird als selbsttragende Klinker-Vorsatzschale als Referenz zur Industriegeschichte des Ortes vorgeschlagen. Auch hier wurde durch die rhythmisierenden Lisenen bereits eine Elementierbarkeit vorausgedacht, die jeweils an den Lisenen ihre Stoßpunkt haben. Die Fassadenprofile sind aus Aluminium und – ebenso wie die Sonnenschutzanlagen – farbgleich zu dem Klinker.
Wo immer möglich wird der Einsatz von recycelten oder recycelbaren Baustoffen angestrebt und Baumaterialien aus Abbrüchen in der Region auf ihre Wiederverwendbarkeit für das Projekt geprüft werden.
Umsetzung der Nachhaltigkeitsanforderungen
Ökologische Qualität
Durch die Stapelung der Nutzungsbereich bis hin zur 5-Geschossigkeit entsteht ein kleiner Fußabdruck und ein großflächiger Außenraum mit hoch entwickelter ökologischer Qualität. Hierbei werden vorhandene Qualitäten gestärkt (Grünraum am Wasserkanal) und neue entwickelt (naturnah gestaltete Schulhof- und Quartiersgrünbereiche). Es entsteht ein Lern- und Lebensort von hoher Strahlkraft und ökologischer Qualität.
Ökonomische Qualität
Die konsequente Entwicklung aus einem Skelettbauprinzip sichert dem Gebäudeentwurf eine hohe Wirtschaftlichkeit in der Erstellung und nachhaltige Umnutzbarkeit. Die Trennung von Rohbau und elementiertem Ausbau und Fassadenbau nimmt Bezug auf die unterschiedlichen Lebenszyklen der Bauteile. Die nahezu wartungsfreie Klinkerfassade und der Verzicht auf mechanische Lüftungen in den Compartments führt zu niedrigen Bewirtschaftungskosten. Die intelligente Anordnung der Mensa und der Mehrzweckbereich ohne Überbauung ermöglicht geringe Bauhöhen im EG.
Soziokulturelle Qualität
Die klare Struktur der Grundrisse und die daraus resultierende gute Orientierung für die Nutzer führt ebenso wie die gute natürliche Belichtung und Belüftung und den Naturbezug fast aller Räume zu einer hohen Nutzerzufriedenheit. Dies wird verstärkt durch den starken Dialog schulischer und außerschulischer Räume, welches das Gebäude zu einem Quartierszentrum und darüber hinaus aufgrund seiner Lage und Grundrissgestaltung im Erdgeschoss zu DEM Quartiersentrée der Insel Gartenfeld machen. Ebenso die Freiräume: Die nicht gedeckten Sportanlagen sind ebenso Einladungen an die Bürger zur außerschulischen Nutzung, wie es die Verortung von Mensa und Mehrzweckbereichen entlang des benachbarten Quartiersfreiraum im Norden beabsichtigen, dass sich die Schulgemeinschaft diese Freiräume im Sinne von Patenschaft aneignet.
Technische Qualität
Die gute Belichtung aller Räume ebenso wie die Querlüftbarkeit aller Compartments ermöglicht und sichert die von der Ausloberin gewünschte natürliche Belüftung und Belichtung aller Unterrichtsräume. Auch die Mensa ist querlüftbar, so dass hier nur unterstützend bei Vollbelegung mechanisch gelüftet werden muss. Gleiches gilt für die Sporthallen. Insgesamt wird somit die Umsetzung eines „LowTech“ Gedankens durch den Entwurf ermöglicht, der den ausschließlich bedarfsweisen Einsatz von Technik zum Ziel hat.
Aussagen zur Rationalisierung des Planungs- und Bauprozess
Die konsequente Skeletbaukonzeption mit hohem Wiederholungsfaktor der einzelnen Bauelemente ermöglicht einen effizienten Vorfertigungsgrad für den Bauprozess. Der geringe Technikanteil spart Kosten und verkürzt die Bauzeit. Die baukörperliche Trennung von Schule und Sporthalle ermöglicht die zeitgleiche Erstellung, der Bauteilgliederung nach Süden in vier nahezu baugleiche Häuser kann durch Bauzeitgliederung rationalisiert werden.
Die konsequente Trennung von Rohbau, Fassade und Ausbau ermöglicht einen gegliederten Planungsprozess, bei dem gleitend zur Planung bereits realisiert werden kann.
Freiraum
Das Schulgrundstück wird als ein vernetzter Stadtraum verstanden. Drei Eingänge werden angelegt und jeweils mit schönen Eingangssituationen und Stellplatzanlagen für Räder ausgestattet. Der Haupteingang an der Planstraße 1 im Norden formuliert mit architektonischen Mitteln einen Vorplatz. Die Räder werden entlang der Planstraße 1 an der Sportfassade ausgelagert, um hier eine hohe Qualität des öffentlichen Raums zu ermöglichen. Große Bauminseln mit umlaufenden Sitzen kombinieren einen repräsentativen Auftritt mit dem Bedürfnis an Grün und Schatten, der für einen Schulhof Sek II gegeben ist. Zudem ist die Hinwendung des Verbundbereiches mit Foyer und Café zum Vorplatz ein Impulsbringer für Zeiten außerhalb des Schulbetriebes, Quartier und Schule tauschen sich aus.
Der wichtige Eingang „Grüne Route“ am Uferweg wird mit dem öffentlichen Bolzplatz kombiniert und richtet sich zur öffentlichen Parkanlage aus. Im Inneren grenzen der Garten und der Schulpark an. So entsteht hier eine grüne Adresse aus, die wir einer Erschließung von Westen vorziehen.
An der Spitze des Schulgrundstückes entsteht der dritte Eingang „Gartenfeld Park“, der sich mit der Cafeteria der Schule verschränkt. Die Radstellplätze und der Müllstandort liegen eingezogen auf dem Gelände, so dass an der Schnittstelle zur öffentlichen Grünanlage in der Achse Planstraße 1 ein weiterer Vermittlungsraum zwischen Schulstandort und Quartier entsteht. Im Schatten der bestehenden Bäume am Deich wird eine erhöhte Wallbühne errichtet. Im Dreieck Gartenfelder Straße und Schifffahrtskanal ist dieser öffentliche Ort zu allen Zeiten Merkpunkt auf dem Weg zum Tegeler Forst, im Schulalltag Sitztribüne der Cafeteria, außerhalb der Schulzeiten Treffpunkt für das Quartier.
Zonierung
Die Schulsportflächen sind kompakt im Westen angeordnet. Die Nähe zur Sporthalle machen eine öffentliche Nutzung über die Schaltstelle Sport-Foyer attraktiv, ein separater Zugang von Planstraße 1 ist ebenfalls möglich. Hier werden die geforderten Stellplätze angeordnet. Die Spielfelder sind auch in den Pausen gut erreichbar, ebenso wie die Gymnastikwiese, die auch als allgemeiner Aufenthaltsort geeignet ist.
Zwischen Kunst und Werken und den Sportfeldern entsteht ein möblierter, länglicher Aufenthaltsbereich, der besonders für die Sek I – Kinder, die dort über die Treppenhäuser kommen ein attraktiver Auftakt für die Pausenflächen werden soll. Bewegungsflächen, Spielangebote und naturnahe Erholungsbereiche für die Sek I schließe sich dort im Südwesten an. Der bestehende Pionierwald wäre als Dickicht für diese Altersgruppe sehr schön nutzbar, die Altlastenfrage muss geklärt werden.
Zwischen der getreppten Figur des Neubaus und dem Uferweg wird für die Kinder der Grundschule ein vielfältig gegliederter Pausenbereich angelegt. Die überdachten Freibereich und die Landepunkte der Spiraltreppen geben jeweils einen Auftaktplatz vor. Nah daran liegen intensive Spielplätze, die von einem zunehmend hohen Grün abgeschirmt werden. Geschwungene Wegeräume durch die neuen und bestehenden Gehölzgruppen erlaubt differenzierte Rückzugs- und Streifräume.
Der Schulgarten liegt als zentrale, offene Fläche leicht erhöht, der berankte Zaun und die niedrigen Baumkronen der Obstbäume sollen Gartenlust im Gartenfeld erzeugen.
Regenwassermanagement
Entlang der Planstraße 1 kann der Schulstandort mit Vorplatz und belebter Ostspitze zu der geplanten grünen Achse des Masterplan beitragen und Bezüge zur öffentlichen Grünanlage in Richtung Gartenfelder Straße hin aufnehmen und verstärken.
Der Niederschlagsabfluss der Freiflächen wird teilweise unterirdisch, teilweise über bepflanzte Bodenfilter in eine Zisterne eingeleitet. Neben der gedrosselten Einleitung in den ISK ist eine Verknüpfung zum Grauwassersystem des Schulbaus vorgesehen. Die Gartennutzung und die eingesenkten Bodenfilter maximieren den Anteil an Verdunstung.
Die Flachdächer sind entsprechend als begrünte Dächer mit Anstaufunktion konzipiert.
Materialien
Die Schulhofflächen sind weitgehend unbefestigt, ein großer Teil des Schulgrundstückes wird geprägt von Vegetationsbereichen mit offenem Boden. Spielbereiche werden mit Holzhack, Sand und Rasen ausgeführt. Die Hauptbewegungsbereich sind mit Fugenpflaster befestigt, nur besondere Platzbereiche und Austritte sind mit wieder verwendeten Materialien voll befestigt.