Architektur:
a+r Architekten GmbH
Landschaftsarchitektur:
Faktorgrün Landschaftsarchitekten bdla Beratende Ingenieure
Technische Gebäudeausrüstung:
CSZ Ingenieurconsult GmbH
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Faktorgrün Landschaftsarchitekten bdla Beratende Ingenieure
Technische Gebäudeausrüstung:
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Das für den Neubau des Gymnasiums Schulstraße zur Verfügung stehende Baugrundstück in Berlin-Mitte ist Teil eines stark durchgrünten dreiecksförmigen Berliner Großblocks. Er wird geprägt durch eine Bebauung aus historischen Solitärgebäuden mit aufgelockerten Neubauten der Nachkriegsmoderne. Die Schule besetzt dabei den wichtigen Kreuzungsbereich der Schulstraße, Heinz-Galinski-Straße und der Iranischen Straße gegenüber dem denkmalgeschützten Jüdischen Krankenhaus Berlin. Wie kann in diesem sensiblen heterogen geprägten Umfeld eine innovative Schule nach dem pädagogischen Leitbild der Compartmentschule konzipiert werden, die gute Innenraum- und Freiraumqualitäten für Kinder bietet?
Das Gymnasium entwickelt sich als straßenbegleitende Randbebauung entlang der Schulstraße durch eine Abfolge von zueinander versetzten Baukörpern. Die Konzentration der Baumasse am Blockrand stärkt den Stadtraum mit der bewussten Freilassung des stark durchgrünten Blockinneren. Die Bestandsgebäude bleiben in ihrer jeweiligen solitären Stellung unbeeinträchtigt. Durch die Baukörpergliederung entlang der Schulstraße entstehen zwei räumlich gefasste Freibereich.
Der großzügige Vorplatz orientiert sich eindeutig zum Kreuzungsbereich und bildet ein angemessenes Entree der Schule für ein sicheres Ankommen der Schüler. Der Nebeneingang mit separatem Zugang zu den beiden Sporthallen wird über einen zweiten Einschnitt definiert. Das Eingangsgebäude mit Verwaltung, Fachräumen und Bibliothek dazwischen, bildet zusammen mit den beiden gestapelten Sporthallen die prägnante und identitätsstiftende Adresse der Schule im Quartier. Die beiden Gebäude schirmen gleichzeitig das Schulgrundstück mit Pausenhof vom Straßenlärm der Schulstraße ab. Die Clustergebäude mit ihren sensiblen Unterrichtsbereichen orientieren sich dagegen zum ruhigen Blockinneren. Durch die Gebäudestellung und Gliederung in Nord-Süd Richtung verwebt sich das Schulgebäude stark mit dem direkt angrenzenden Grünraum.
Die mäandrierende Gebäudegeometrie leitet sich vom polygonalen Grundstück und den unterschiedlichen angrenzenden Baufluchten ab. Das nördliche Clustergebäude nimmt dabei mit seiner Gebäudeabmessung und der Höhe der Traufkante Bezug zum mittleren Hauptgebäude des gegenüberliegenden Jüdischen Krankenhaus auf. Die Positionierung berücksichtigt gleichzeitig die Linie der freizuhaltenden Vorgartenzone mit ausreichendem Abstand zum historischen Nachbargebäude (ehem. Altersversorgungsanstalt der Jüdischen Gemeinde). Das Eingangsgebäude an der Schulstraße orientiert sich an den Fluchtlinienvorgaben aus dem preußischen Fluchtlinienplan von 1862. Durch diese Setzung bleibt gleichzeitig der U-Bahntunnel der U9 mit seinem Sicherheitsabstand unberührt. Es entsteht ein aus dem Ort entwickelter prägnanter polygonaler Schulmäander.
Im Gegensatz zu den "privaten" Compartments, sind die "öffentlichen" bzw. gemeinsam genutzten Funktionen gut auffindbar im Eingangsgebäude und im Erdgeschoss untergebracht. Kunstbereich, Musik(schule), Verwaltung und Mensa/Mehrzweckbereich sind über ein großzügiges Foyer miteinander verbunden. Mensa und Mehrzweckraum können durch eine mobile Trennwand zusammengeschaltet werden und dienen in dieser Form bei Schulveranstaltungen als Aula. Durch seinen Zuschnitt und die große Raumhöhe ist der Raum optimal für Veranstaltungen aller Art nutzbar.
Die weiteren gemeinsam genutzten Bereiche (Naturwissenschaften, Bibliothek, Lernwerkstätten, Inklusion) liegen in den Obergeschossen im mittleren Gebäudetrakt mit optimaler Anbindung an die Cluster. Durch diese Funktionsverteilung entsteht ein kompaktes Schulhaus mit kurzen Wegen.
Da die Schule als Ganztageseinrichtung betrieben wird, sind die Aufenthaltsqualitäten im Innern von größter Bedeutung: Unser Leitbild ist die „Lernlandschaft“: eine möglichst offene Raumstruktur, die bessere und vielfältigere Nutzungsoptionen bietet als konventionelle Schulgrundrisse dies tun. Das neue Berliner Prinzip, Compartments als kleine Schule in der großen Schule, wird konsequent umgesetzt. In zentraler Lage, mit Sichtverbindung in die Foren, befindet sich der Teambereich für die Lehrer. Die Unterrichtsräume sind über eine offene Schottenstruktur mit dem jeweiligen Forum verbunden, wahlweise können damit Unterrichtsräume zum Forum entweder geschlossen oder geöffnet werden (Faltwand, Fenster etc.).
Ziel ist es in den Compartments ein möglichst offenes Tragsystem einzurichten, sodass, je nach pädagogischem Konzept, Klassenräume oder Teilungsräume räumlich zum Forum geöffnet oder geschlossen werden können. Aus diesem Grund schlagen wir als Tragstruktur Schotten vor, um zwischen dem "Forum" und den Klassenräumen nach Belieben Verbindungen zu schaffen. Damit wird ein hohes Maß an Flexibilität, auch für pädagogische Konzepte in der Zukunft, gewährleistet.
Die Zwischenräume der tragenden Schotten können flexibel bespielt werden: geschlossene oder transparente Glaswand, Integration von Schrankflächen oder Arbeitsplätze zu den Klassenräumen, Raum für Schächte, Installationen und Waschbecken, Aufnahme von Faltwänden.
Ein nachhaltiges Gebäude zeichnet sich durch seine hohe ökologische, ökonomische und sozio-kulturelle Qualität aus. Zur Bewertung der ökologischen und ökonomischen Qualitäten ist es wichtig alle Materialien, Konstruktionen und technischen Systeme über den gesamten Lebenszyklus zu analysieren und zu optimieren. Daher werden bereits bei der Konzepterstellung Methoden der Ökobilanzierung angewendet, um Entscheidungen für oder gegen bestimmte Systeme leichter treffen zu können, die eine angestrebte Zertifizierung in BNB „Silber“ ermöglichen.
Jedes Compartment bildet eine Nutzungseinheit von ca. 735m². Die Nutzungseinheiten erhalten jeweils zwei notwendige, entgegengesetzt liegende Fluchtwege. Ein Rettungsweg führt direkt als Ausgang ins Freie auf die vorgelagerte Terrasse mit außenliegender Fluchttreppe. Der andere Rettungsweg führt direkt in das notwendige Treppenhaus. Unter diesen Voraussetzungen sind die Verkehrsflächen innerhalb der Compartments keine notwendigen Flure im Sinne des Brandschutzes. Die Compartments sind somit offen für alle schulischen Nutzungen, unabhängig von der Brandlast. Unterrichtsräume können beliebig zum Forum geöffnet werden (Faltwände, Sichtverbindungen etc.). Die Compartments erhalten eine Brandmeldeanlage im Vollschutz. Als barrierefreier Rettungsweg bzw. zur selbstständigen Rettung dient mobilitätseingeschränkten Personen in beiden notwendigen Treppenräumen jeweils ein Aufzug als Sicherheitsaufzug.
Der viergeschossige Neubau wird als Holz-Beton-Hybridbau vorgesehen. Die Gründung erfolgt als Flachgründung auf einer tragenden Bodenplatte mit einer umlaufenden Frostschürze. Die vertikalen Tragglieder sind als Stahlbetonschotten und –stützen vorgesehen. Zwischen den vertikalen Traggliedern spannen Stb.-Fertigteilunterzüge. Diese dienen als Linien-Auflager für die Holz-Beton-Verbunddecken. Entlang der Fassaden werden Brüstungen und Attiken als Unter-/Überzüge ausgebildet. Die Aussteifung des Gebäudes erfolgt über einzelne Stahlbetonwände und die HBV-Deckenscheiben.
Aufgrund der regelmäßigen und strukturierten Grundrisse ist eine Ausführung in Holz-Beton-Hybrid-bauweise wirtschaftlich und zügig möglich. Die klar strukturierte Konzeption ist per se im hohen Maße flexibel. Durch die Reduzierung des Stahlbeton-Anteils in der Konstruktion weist die HBV-Bauweise einen besseren ökologischen Fußabdruck auf als eine reine Stahlbeton-Konstruktion. Der verbleibende Beton soll zu möglichst großen Teilen aus rezyklierten Material bestehen.
Die Wahl eines einheitlichen höheren Lastansatzes von 5kN/m² erfolgt in Übereinstimmung mit den Erfordernissen des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen.
Der Neubau wird entsprechend den aktuellen Standards des Landes Berlin für die technische Ausrüstung ausgestattet. Das betrifft die IT Verkabelung sowie die Elektroinstallation im Allgemeinen. Die Beleuchtung erfolgt mit LED Leuchten, die über Präsenzmelder überwacht und ggf. bei Nichtpräsenz abgeschaltet werden. Auf den extensiv begrünten Dächern sind in Teilbereichen Photovoltaikelemente vorgesehen.
Die Wärmeversorgung erfolgt mit der vorhandenen Fernwärme. Die Wärmeverteilung erfolgt über ein Warmwasserrohrnetz zu Radiatoren.
Ein hohes Augenmerk wird auf die Lüftung der Schule im Allgemeinen und insbesondere der Klassenräume gelegt. Alle Klassenräume erhalten die Möglichkeit einer ausreichenden natürlichen Lüftung über die Fenster. Zur Erreichung des kfw55 Standards und der BNB Zertifizierung ist eine Lüftungsanlage mit Luftmengen nach BNB vorgesehen. Diese stellt aufbereitete Luft in den Klassenräumen zur Verfügung, die schallgedämmt in die Flure überströmt und in WC´s oder an anderen zentralen Punkten abgesaugt wird. Die Lüftungsanlagen verfügen über eine Wärmerückgewinnung und bedarfsweise über adiabate Kühlung (Verdunstungskühlung).
Die Lüftungsanlagen sind zentral konzipiert. Diese versorgen die Klassenräume mit Zuluft, die dann schallgedämmt in die Lernräume und von dort über den Flur in die WC´s und Nebenräume überströmt, um dort abgesaugt zu werden. Die Durchlüftung der Foren und Flure ist damit ein positiver Nebeneffekt. Die Flächen für die RLT-Anlagen sind im 4.OG vorgesehen.
Das Lüftungskonzept für die Sporthalle ist sehr ähnlich. Die innenliegenden Duschen, WC´s und Umkleiden erfordern einen maschinellen Luftwechsel. Die daraus resultierende Luftmenge wird jedoch nicht in die Umkleiden sondern in die Sporthalle eingeblasen. Von dort strömt sie in die Umkleiden und weiter in WC´s und Duschen. Damit wird die Luft ohne Erhöhung der Luftmenge und ohne wesentliche Qualitätseinbußen 3-fach genutzt. Die Lösung ist somit sehr wirtschaftlich.
Mit Ausnahme der Nordfenster erhalten alle Fenster einen außenliegenden Sonnenschutz. Speichermassen an der Decke und an der Wand werden frei gehalten. Die mechanische Lüftung, die auch zur Nachtauskühlung genutzt und optional mit adiabater Kühlung versehen werden kann, trägt einen weiteren Anteil zum sommerlichen Wärmeschutz und zu guten Lernbedingungen bei.