DFZ Generalplaner GmbH

Erläuterungsbericht zum Wettbewerbsbeitrag

Städtebauliches und architektonisches Konzept

Die Neubauten sind als eigenständige Baukörper geplant und setzen als Ensemble einen zeichenhaften und prägnanten Schwerpunkt im direkten Umfeld des Schulgeländes. Auf die umgebende Bebauung mit seiner heterogenen städtebaulichen Struktur des Ortes wirken die neuen Bausteine in Maßstab, Ausformung und Materialisierung identitätsstiftend. Bei der Entwicklung des Entwurfskonzeptes stand im Vordergrund, die erforderliche Baumasse durch die Wahl der Geschossigkeiten und der polygonalen Gestaltung maßstäblich in die Umgebung einzufügen.
Die kompakten, gegeneinander verschobenen Bausteine zonieren das Gelände. Die Lage der Baukörper wird so gewählt, dass ein großer Teil der Fassadenflächen mit dahinter liegenden Lernräume lärmgeschützen Bereichen zugeordnet ist. Das Gebäude strahlt ein hohes Maß an Öffentlichkeit aus. Bestehende öffentliche Freiräume werden verknüpft und z.T. erweitert, unterschiedliche räumliche Bezüge zum öffentlichen Raum werden hergestellt: Eine „Stadt in der Stadt“ entsteht.
Das architektonische Erscheinungsbild wird geprägt von klaren Baukörpern. Tief liegende Öffnungen werden gezielt gesetzt. Ein Spiel von Licht und Schatten entsteht, die unterschiedlichen Tages- und Jahreszeiten tauchen die hochwertigen und durch die Wahl des Mauerwerkes zugleich lebendigen Oberflächen in immer neue Farben und Schattierungen. Heller, in differenzierten Beigetönen gefärbter Backstein als wertbeständiges, dominierendes Fassadenmaterial der Außenhaut setzt in Bereichen des Innenraums Akzente und nimmt Bezüge zum Farbkanon der umgebenden Bestandsstrukturen auf.
Jeder Gebäudeteil erhält ein eigenständiges Erscheinungsbild. Hierbei wirkt die lebendige Dachstruktur des gestapelten Sporthallengebäudes als „Stadtkrone“ und markiert die Nordostecke identitätsstiftend.
Die Sockelzonen erhalten großzügige Öffnungen, die die jeweiligen dahinter liegenden Bereiche markant abbilden. Die Ausformulierung dieser Sockelzone im Zusammenhang mit der Anordnung der einzelnen, „miteinander kommunizierenden“ Baukörper lässt differenzierte Räume unterschiedlicher Qualität entstehen, die Übergänge zwischen Aktivität und Rückzug, öffentlichen und geschützten Orten schaffen; ein dynamischer Schulalltag kann entstehen.

Lerngebäude

Die Fassaden folgen in ihrer Ausformulierung zum einen dem dahinter liegenden Tragsystem und zum anderen ihrer Orientierung zur Sonne. So zeichnet sich das Schulgebäude durch eine Lochfassade mit vereinzelten Loggien aus. Akzentuiert wird diese klare und einfache Formsprache durch die großen parabelförmigen Öffnungen im Bereich von Mensa und Mehrzweckhalle und tritt hierrüber in Dialog mit seinem urbanen Umfeld.
Die Schwingflügelfenster werden durch Markisoletten verschattet, die eine Verschattung bei geöffnetem Fenster ermöglichen. Die Fensterverfügen über einen individuell einstellbaren Öffnungsbegrenzer.
Vollendet wird die Fassade durch ihr Kleid. Mit der hinterlüfteten Backsteinfassade schafft das Lerngebäude über seine Materialität einen Bezug zu den historischen öffentlichen Backsteingebäuden und Industriebauten des Berliner Weddings der 1920er Jahre und durch seine helle sandgelbe Farbgebung eine Eingliederung in die Urbanen Kontext.
Die räumlich zweiseitig ausgerichteten Flächen von Mensa + Mehrzweckraum können zu einem großen zusammenhängenden Veranstaltungssaal, dem zentralen Forum, zusammengeschaltet werden. Die überhohe Geschosshöhe ermöglicht es die Bibliothek auf einer Art Galerie mit Blickbezug zum Mensa- und Mehrzweckereich zu integrieren.
Auf der Ebene EG sind zudem sämtliche Fachräume exklusive Naturwissenschaften angeordnet. Der im Mezzaningeschoss verortete MZ-Bereich und die Verwaltung liegen optimal zu den darüber liegenden Compartments. Die Organisation der Compartments ist auf ein einheitliches Konstruktionsraster abgestimmt.
Diese sind kompakt und effizient um die zentralen Foren geplant und im Sinne einer großen „Wohngemeinschaften“ angelegt. Je eine zentrale Erschliessungszone befindet im Zentrum, dem Forum als kleiner „Dorfplatz“.
Die als überdachte Loggien geplante Freiterrassen ermöglichen eine natürliche Belichtung und Belüftung der Foren und stellen ergänzende Lernorte unter freien Himmel zu Verfügung.
Die mit transparenten mobilen Wänden ausgestatteten großen Teilungsräume stellen eine weitere Lichtquelle dar. Die Platzierung des Teambereiches ist optimal mit Sichtbeziehung zum Eingangsbereich und zu den Schließfächern gewählt.
Fenster zwischen den Raumsequenzen ermöglichen zusätzlich Einblicke, eine Lernlandschaft entsteht. Der Bereich der Naturwissenschaften bildet den Abschluss des höheren Volumens. Im Zentrum ist die Sammlung als ein von oben belichtetes naturwissenschaftliches „Gewächshaus“ vorgesehen: ein kleines Stadthaus auf einem grossen Stadthaus, eine weitere Stadtkrone.
Darüber hinaus lädt eine weitere Terrasse im Westen zum Verweilen ein.

Sporthallengebäude

Abgesehen von der prägnanten Dachform erhält die Sporthalle nur wenige, aber gezielt platzierte Öffnungen.
Das Fensterband der Sporthalle ermöglicht großzügige Einblicke ins Innere und verknüpft das Gebäude mit dem öffentlichen Raum. Durch die um 4 Meter abgesenkte Lage entsteht eine angemessene Traufhöhe, die sich darüber hinaus auf die des denkmalgeschützten Jüdischen Krankenhauses bezieht.
Das Hallendach wird als Scheddach ausgebildet und ermöglicht eine natürliche Belichtung von oben. Die Halle im UG wird über das festverglaste Fensterband in der Erdgeschossebene natürlich belichtet.
Ein externer Zugang zu den Sporthallen ist direkt von der Iranischen Strasse aus außerhalb des Schulgeländes möglich. Der Hauptzugang erfolgt über den Schulhof. Die Eingangsebene liegt auf Höhe der Galerie und ermöglicht bereits von hier aus einen Überblick über das Geschehen im Inneren. Ein Mehrzweckraum kann mit der offenen Galerie – z.B. bei größeren Veranstaltungen - zusammengeschaltet werden.
Sämtliche Bereiche in den neu geplanten Gebäuden werden barrierefrei erschlossen und nutzbar sein. Die Prinzipien der Inklusion und Barrierefreiheit werden in allen Bereichen angewandt.

Freiraum

Dem Bedürfnis nach animierenden und zugleich erholsamen Schulfreiräumen entsprechen wir mit einem mäandrierenden Raumgerüst. Es integriert hoch ökologisch Bereiche und bildet soziale Orte aus. Die daraus resultierenden Hotspots und Nischen werden den verschiedenen Altersstufen der Schüler:innen gerecht.
Offene Spielbereiche wechseln sich mit Werkstätten, Gärten und vegetativen Rückzugsorten ab. Die lauteren Spiel- und Sportbereiche sind näher an der Straße verortet, denn hier lässt es sich ungestört Toben und zusammen Spiel. Die ruhigeren Bereiche hingegen liegen im Westen des Geländes und bieten beispielsweise eine kleine Gartentribüne für Schulstunden im Freien.
Die dynamischen Wiesenbereiche und der Artenreichtum an klimaangepassten Bäumen und Sträuchern soll das Bewusstsein der Schüler:innen für ihrer Umwelt stärken und den Artenreichtum fördern, sodass urbane Habitate für Insekten, Vögel und Kleinsäuger entstehen. Bestehende Gehölze werden soweit wie möglich erhalten. Der hohe Anteil vegetativer Flächen und (teil-) sickerfähiger Bodenbeläge trägt erheblich zum Regenwasserabfluss bei. Bei Starkregen kann in den vertieften Tartan- und Wildstaudenmulden das Wasser gesammelt und verzögert ans Erdreich abgeben werden.
Die zukünftige Adresse des Gymnasiums erfolgt über die Iranische Straße. Ein Zugang inklusive der Möglichkeit Fahrräder abzustellen, ist zusätzlich an der Schulstraße vorgesehen. Somit erhält der Platz an der Straßenkreuzung seine Gelenkfunktion im Stadtraum zurück. Mobiliar für den kurzen Aufenthalt und eine große Wieseninsel entsprechen dem repräsentativen Charakter.

Energieeffizienz und Haustechnik

Im Planungsprozess wird eine Optimierung – z.B. über eine Simulationssoftware im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsberechnung - zwischen Gebäudehülle und Anlagentechnik angestrebt, die sowohl die Investitionskosten wie auch die späteren Betriebskosten berücksichtigt. Die Gebäudehüllen der neuen Schulgebäude werden in Passivhaus-Standard geplant. Die vorhandene Fernwärme wird als primäre Energiequelle zum Heizen und zur Warmwassererzeugung genutzt. Die Schulräume werden mit Heizkörpern beheizt. Aufgrund der sehr guten Wärmedämmung und der luftdichten Gebäudehülle ist der Wärmebedarf der Gebäude sehr gering. Die Mensa und der Mehrzweckbereich wird mit einer mechanischen raumlufttechnischen Anlage mit Wärmerückgewinnung ausgestattet, die in Kombination mit einer natürlichen Lüftung durch manuelles Öffnen der Fenster in den Pausen als hybrides Lüftungssystem eine Optimierung der Luftqualität ermöglicht. Das natürliche Lüften während des Unterrichts ist durch eine mechanische Grundlüftung nicht erforderlich. Zur Hitzeabfuhr kann die raumlufttechnische Anlage im Sommer für eine Nachtauskühlung genutzt werden. Flächendeckend kommt ein individuell steuerbarer außenliegender Sonnenschutz zum Einsatz. Die großzügigen Fensterelemente ermöglichen einen maximalen natürlichen Lichteinfall. Die Beleuchtung ist LED-basiert und wird tageslichtabhängig.
Die freie Lüftung kann in der kalten Jahreszeit zu einem erheblichen Wärmebedarf bei der Mensa führen. Es wird daher in diesen Bereich eine Lüftungsanlage mit einer hocheffizienten Wärmerückgewinnung empfohlen. Photovoltaikelemente auf den Dächern der geplanten Baukörper unterstützen den Betrieb der RLT Anlagen. Die Nutzung von Solarthermie soll im Bereich der Sporthallen die Warmwasserzeugung für die Duschen unterstützen.

Konstruktives Konzept

Lerngebäude:

In der nachhaltigen Holzhybridkonstruktion wird der Baustoff Holz aufgrund seiner hohen Tragfähigkeit bei gleichzeitig geringem Eigengewicht sinnvoll in der Tragstruktur des Gebäudes eingesetzt.
Die Decken sind als Hybriddecken (Holzrippen / Stahlbetonfiligranplatten) ausgebildet und die Außenwand aus Holzrahmenbauelementen, die mit 25cm Holzfaserzwischengedämmt sind. Innerhalb der thermischen Hülle wird die Konstruktion mit Holz und Gipskarton verkleidet und bietet durch die Unterkonstruktion von 5cm eine Installationsebene aus. Dies unterstützt ebenso wie die Holzrippendecke die Wandelbarkeit der Räume für zukünftig Anforderungen.
Holz als Baustoff bietet vielfältige Vorteile: neben seinen positiven ökologischen Eigenschaften als nachwachsender Rohstoff und natürlicher Energiespeicher ist vor allem sein hoher Vorfertigungsgrad entscheidend. Alle Holzelemente werden vorgefertigt und sorgen auf Grund ihrer modularen Bauweise für einen schnellen, präzisen und effizienten Bauablauf. Zudem hat Holz hervorragende raumklimatische Eigenschaften und ermöglicht Raumgewinn durch schlanke und leichte Konstruktionen.

Ergänzung Sporthallengebäude:

Der Turnhallenbau folgt den konstruktiven Grundprinzipien des Schulbaukörpers, weicht jedoch in seinem statischen System auf Grund der höheren Anforderung an Stützenfreiheit sowie der Ausbildung des Daches ab.
Die Bauweise der geplanten Baukörper bietet dabei die optimale Nutzung der spezifischen Materialeigenschaften von Holz und Beton – hoher Vorfertigungsgrad, große Spannweiten, thermische Masse, Brandschutz, Schallschutz etc.
Die sich u.a. daraus ergebenden Vorteile sind: hohe ökologische Qualität durch CO2-Speicherung, einfache Demontage und Rückbau, hohe Nutzungsflexibilität, hohe Qualitätsstandards des Ausbaus bei minimierter Bauzeit. Dies stellt die Wirtschaftlichkeit durch Vereinheitlichung der Bauelemente sicher.